Lovecrafter Online – Musik im cthuloiden Rollenspiel Teil 2
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Knochensang -
20. März 2023 um 12:00 -
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Aufbauend auf dem ersten Teil dieses Artikels, werden hier nun einige Beispiele in Form von Bands und Projekten aufgeführt. Deren Musik kann genutzt werden, um während eines Pen&Paper-Rollenspiels eine entsprechend horrorlastige Atmosphäre zu erzeugen.
Einleitendes
Wie bereits beschrieben, stellt für mich Musik aus den 20er- und 30er-Jahren eine passende Einleitung für ein Rollenspiel im lovecraftschen Sinne da. Besonders gut eignet sich hierfür der Soundtrack der Disney-Attraktion Tower of Terror, welcher aus eben solchen Songs besteht, und der zudem mit einem gewissen Hall-Effekt unterlegt ist, was ihn besonders geisterhaft und unwirklich erscheinen lässt.
Was den Einsatz von Jazz bzw. Dark Jazz anbelangt, so empfiehlt sich das Projekt The Lovecraft Sextett des niederländischen Künstlers Jason Köhnen. Besonders dessen Alben In Memoriam und Miserere wirken düster aber ruhig, lassen das kommende Grauen erahnen, ohne jedoch bereits zu Beginn zu tief in den Horrorbereich vorzudringen.
Soundtracks
Wenn ich Musik für ein Szenario auswähle, so bediene ich mich entweder ganzer Soundtracks oder suche einzelne Stücke heraus, die ich zu einer eigenen Playlist zusammenfüge. Die Verwendung von fertigen Soundtracks ist natürlich einfacher, und hier eigenen sich selbstverständlich die Scores von Horrorfilmen und -spielen. Da in diesem Bereich eine Unmenge an Material existiert, soll hier nur eine kleine Auswahl vorgeschlagen werden. Ich denke, dass jeder Spielleiter einer cthuloiden Rollenspielrunde selbst entsprechende Filme und Spiele kennt.
Eine gelungene Abwechslung aus wachsender Bedrohung, Depression und Verzweiflung bietet meiner Meinung nach die Hintergrundmusik der Filme The Ring (komponiert von Hans Zimmer) und The Village (von James Newton Howard), außerdem der Soundtrack der Serie Penny Dreadful (von Abel Korzeniowski) sowie des Videospiels Heavy Rain (von Norman Corbeil). Wer wiederum eine beindruckend-finstere Erhabenheit einstreuen will, dem sei Bram Stoker’s Dracula (von Wojciech Kilar) ans Herz gelegt, während eine psychotisch-verstörende Stimmung mit Blood on Satan’s Claw (von Marc Wilkinson) kreiert werden kann.
Ebenfalls sehr cineastisch muten die Kompositionen von Graham Plowman an, mit dem bereits ein Interview für den Lovecrafter Online geführt wurde. Auf dessen Youtube-Kanal Cthulhu Mythos Music finden sich vielfältige Stücke und Playlists, direkt zugeschnitten auf Abenteuer im Lovecraft-Universum.
Klassik
Mit der Verwendung von klassischer Musik im Rollenspiel tue ich mich zuweilen etwas schwer, doch auch hier existieren Tracks, die empfehlenswert sind. Zu nennen seien da vor allem von russischer Seite aus Die Toteninsel von Sergei Rachmaninow, der Tanz der Ritter (aus dem Ballett Romeo & Julia) von Sergei Prokofjew, sowie ein Teil von Modest Mussorgskys Bilder einer Ausstellung (z.B. Der Gnom oder Bydlo). Alle diese Stücke wirken sehr bedrohlich und können entsprechend für spezielle Szenen oder im Zuge einer eigens erstellten Playlist verwendet werden.
Aus Frankreich wiederum wartet Camille Saint-Saëns mit schaurig-schönen Melodien in seinem Danse Macabre auf, und auch das Aquarium aus seinem Karneval der Tiere ist lohnenswert, da es sehr märchenhaft und gespenstisch klingt.
Wer während einer Spielrunde ein komplettes klassisches Werk einsetzen will, der wird mit Mozarts Requiem sicherlich eine gute Wahl treffen - ein wahrhaft erhabenes und äußerst düsteres Opus. Einzelne Titel daraus (z.B. Lacrimosa) finden immer wieder in Filmen und Serien Verwendung, sodass hier und da ein Wiedererkennungseffekt auftreten kann.
Ambient
Kommen wir nun zum Dark Ambient, einem Genre, welches richtig eingesetzt wirklichen Horror zu erzeugen vermag. Bezogen auf H.P. Lovecraft möchte ich mit dem amerikanischen Label Cryo Chamber beginnen, welches mehrere Kollaborationen verschiedener Ambient-Künstler herausgebracht hat, die sich jeweils einem der Großen Alten verschrieben haben. Die Serie ist fortlaufend, so dass in den nächsten Jahren sicherlich mit noch mehr Output zu rechnen ist. Götter, denen bisher in musikalischer Form gehuldigt wurde, sind Cthulhu, Azatoth, Nyarlathotep, Yog-Sothoth, Shub-Niggurath, Hastur, Yig, Dagon und Tsathoggua. Die gesamte Playlist all dieser Werke findet sich hier.
Ebenfalls aus dem Hause Cryo Chamber stammen das deutsche Projekt Ager Sonus sowie die Australier von Flowers for Bodysnatchers. Ersteres öffnet mit seinen Alben Book of the Black Earth und Necropolis das Tor in die okkulte Welt des Alten Orients bzw. Ägyptens und schafft eine Atmosphäre, welche von dunklen Katakomben, vergessenen Geheimnissen und versunkenen Wüstenstädten kündet. Flowers for Bodysnatchers wiederum sind im klassischen Horrorbereich angesiedelt. Als besonders herausragend empfinde ich das Album Asylum Beyond. Auf diesem geht es laut Booklet um satanische Rituale und Morde in einem Sanatorium, was musikalisch entsprechend umgesetzt wurde: Neben undefinierbaren Ambient-Lauten sind geflüsterte Beschwörungen zu hören, geisterhaftes Stöhnen und irgendwann auch ein altes Grammophon.
Eine weitere erwähnenswerte Plattenfirma trägt den Namen Aural Hypnox und stammt aus Finnland. Hier wird in erster Linie das Genre des Ritual Ambient bedient, d.h. die Musik ist auf dunkle Rituale und Beschwörungen ausgelegt. Damit eignet sie sich also nicht nur für Rollenspiele, sondern auch für tatsächliche okkulte Riten oder Meditationen. Labelgründer Anti Haapapuro ist selber Musiker und mischt bei einem Großteil der Bands mit, so etwa bei meinen Favoriten Halo Manash und Arktau Eos. Beide Gruppen klingen demnach recht ähnlich, was aber mitnichten negativ zu werten ist, erzeugen beide doch eine okkulte Atmosphäre, die vor Dunkelheit nur so strotzt. Als besonders nennenswert empfinde ich die Alben Taiwaskivi von Halo Manash, sowie Ai Ma Ra und Unworeldes von Arktau Eos.
Wer ein Szenario mit heidnischem Background plant (etwa im Zusammenhang mit Shub-Niggurath), der sollte einmal Bands wie Draugurinn oder Undirheimar lauschen. Beide stammen aus Skandinavien und widmen sich den sinistren Aspekten der nordischen Mythologie. So finden sich hier keine heldenhaften Lieder über Odin oder Walhalla, sondern der Hörer steigt vielmehr hinab in die Finsternis und Trostlosigkeit der Unterwelten, namentlich Helheim und Utgard. Besagte Gruppen geben an, ihre Musik sei im Zuge von Ritualen entstanden, und genauso klingen die Werke auch. Empfehlen möchte ich Myrkraverk und Spíra von Draugurinn, während mich Heljarrùnar von Undirheimar vor allem mit seinem gutturalen Kehlkopfgesang beeindruckt hat.
Youtube-Kanäle
Abschließend möchte ich noch zwei Youtube-Kanäle vorstellen, deren Ambient-Erzeugnisse in diesem Kontext ebenfalls äußerst passend sind. So finden sich bei der Iron Cthulhu Apocalypse düstere und makabre Klangwelten, die verstörende Bilder heraufbeschwören können. Da die Stärke vieler Stücke in der Monotonie liegt - was ich als durchaus positiv erachte - sei hier zu ein wenig Vorsicht geraten, um nicht ungewollt musikalische Langeweile aufkommen zu lassen.
Abwechslungsreicher geht es auf Horror Music World zu, deren Betreiber ein breites Spektrum an Ambient zu bieten haben, sei es aus den Bereichen Dark, Ritual oder auch Space und Industrial. Unterschwellig bedrohliche Stücke sind hier zu finden, ebenso wie futuristisch anmutende Klänge und auch solche, denen eine gewisse Epik innewohnt.
All die hier genannten Beispiele entstammen natürlich meinem subjektiven Empfinden und müssen nicht jedem gefallen. Auch gäbe es noch viele Künstler mehr zu nennen. Ich hoffe jedoch, dem einen oder anderen ein wenig Starthilfe und Inspiration zur Erstellung eigener Rollenspiel-Playlists gegeben zu haben, denn wie bereits gesagt, ist Musik mit das wichtigste Element zur Schaffung einer geeigneten Atmosphäre.
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