• Bedenkenswert ist der Begriff "einflussreich" ("… zählt zu den einflussreichsten Autoren der Phantastik und des Horrorgenres"). Das schreibt sich immer so schön; hält man aber mal Ausschau: wo und wen hat er eigentlich beeinflusst? Stephen King lobt ihn, Neil Gaiman lobt ihn usw. – aber hat er sie beeinflusst? Richtiger wäre wohl, dass er zu den begeisterungsfähigsten Autoren der Phantastik und des Horrorgenres zählt.

    "Veröffentlichte der aus Providence in Rhode Island/USA stammende Autor zu Lebzeiten nur wenige Erzählungen in billigen Fantasy- und Science-Fiction-Pulp-Magazinen …" – Leider fallen hier die Beiträge für den Amateurjournalismus und seine diversen Organe unter den Tisch. Von Lovecraft als Briefeschreiber gar nicht zu reden …

    Interessant ist, dass Nathaniel Hawthorne als "großes Vorbild" erwähnt wird; in regionaler Hinsicht ist das jedenfalls richtig. Gleichwohl fällt der Name in dem Zusammenhang eher selten.

  • Wahrscheinlich würde man die eine oder andere Aussage von bekannten Autoren zusammen tragen können, in welchen diese selbst angeben, von HPL "beeinflusst" worden zu sein. Interessanter wären natürlich nachweisbare Einflüsse in den Werken dieser Autoren.

  • Zitat von Arkham Insider Axel

    [...] aber hat er sie beeinflusst? Richtiger wäre wohl, dass er zu den begeisterungsfähigsten Autoren der Phantastik und des Horrorgenres zählt.


    Es gibt so viel von Lovecraft zumindest aus dritter oder vierter Hand beeinflusster Literatur auf dieser Welt. Man muss sich nur umgucken oder bei Google nach "Lovecraft influence" suchen.
    Das fängt beim kleinen Schriftsteller um die Ecke an, geht über Das Lied von Eis und Feuer, bis hin zu fiktionalen Göttermythen in Fantasy-Modifikationen für Civilization 4.

    Und wo du Stephen King erwähnst: Was außer einer sehr ekligen Mythoskreatur ist denn bitte Pennywise in "Es"?
    Ein Spinnenalienvieh, dass nur als X Jahre wach ist, um dann kleine Kinder zu verspeisen. Dabei kann es nur auf einer fantasierten Ebene getötet werden, weshalb Erwachsene damit wirklich Probleme haben. Nebenbei sorgt es noch für wahnsinnbringende Halluzinationen. Klingt für mich sehr nach Mythosvieh.


    Oder habe ich deinen Punkt komplett falsch verstanden?

  • "Briefe aus Jerusalem" ist eine unübersehbare Hommage an den Cthulhu-Mythos. Und sticht genau deshalb aus Kings Werk heraus. King und Lovecraft könnten ansonsten unterschiedlicher kaum sein. Ersterer mit dem gewissenhaften Ausleuchten des Innenlebens seiner Figuren und ihrer Beziehungen untereinander und letzterer mit seinem Desinteresse an jeder psychologischen Motivation. Es ist ja einer der Gründe dafür, warum Stephen King so gerne gelesen wird: man fühlt bei ihm mit und – bis zu einem gewissen Grad – mag man sich auch in seinen Geschichten selbst erkennen.

    Zu Pennywise: Ich interpretiere den als Gestalt gewordene, kollektive Angst der Jungens und Mädels. Ich dächte doch, damit Kings Verständnis von "Monstern" relativ nahe zu kommen. Und genau deshalb sind Kings Monster zu besiegen. Sie kleinzukriegen, heißt: sich selbst in den Griff zu bekommen. Dass Lovecraft solch ein humaner Appell völlig fremd war, muss hier nicht betont werden.

    Was die "Götter" betrifft: Sie gehören bekanntlich zum oberflächlichen Zierwerk des Lovecraft'schen Werks. Und wenn ich rechts von diesem Editor schaue und die Cthulhu-Smilies sehe, – wem haben wir dieselben zu verdanken: Lovecraft? Nein, natürlich: August Derleth.

    Derleth wurde aber nicht von Lovecraft "beeinflusst". Er war ja nicht nur Schriftsteller, sondern auch Geschäftsmann und Verlagsinhaber. Das Erbe Lovecrafts zu verwalten war ihm nicht allein Herzensangelegenheit, sondern auch literarisches Kalkül. Das sei ohne Wertung festgestellt, aber es ist wichtig, den Punkt vor Augen zu haben.

    Für mich bleibt die Frage des Einflusses nach wie vor offen. Ein Motiv von HPL zu übernehmen und daraus etwas zu stricken, ist eine literarische Fingerübung und nicht mehr. Ein weiteres Beispiel ist Tim Curran ("Bis dass die Zeit den Tod besiegt"). Da tendiere ich denn auch eher zu Nils' Aussage:

    Zitat

    Wahrscheinlich würde man die eine oder andere Aussage von bekannten Autoren zusammen tragen können, in welchen diese selbst angeben, von HPL "beeinflusst" worden zu sein.

  • Kurzer Einwurf: Pennywise gehört zu Kings Äquivalent der Großen Alten: den Außenseitern. Von denen spuken noch einige mehr in seinen Werken.

    Flagg wird nicht Nyarlathotep genannt, sondern so ähnlich nu anders geschrieben. Es ist ein Augenzwinkern, aber, ohne zu spoilen, ist er zweifellos kein Avatar.

    Mythosanspielungen gibt es zuhauf: beispielsweise in "Omi", "N.", "Crouchers End", "Zeitraffer", "Die Arena" und bestimmt einem Haufen mehr. Deren wichtigste ist definitiv der Roman "Revival", der eine einzige Verbeugung vor Lovecraft darstellt (+ den Kingschen Eigenheiten).

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  • Zu Revival muss ich eher ein Nein anbringen. Es gibt Anspielungen auf Lovecraft, gerade am Ende, aber die Hommage dürfte eher an Arthur Machen gehen. Im Spoiler habe ich von Wikipedia: Great God Pan den ersten Teil der Zusammenfassung kopiert, die Geschichte ist nicht sonderlich lang, allerdings kenne ich keine Übersetzung davon.

    Spoiler anzeigen

    Clarke agrees, somewhat unwillingly, to bear witness to a strange experiment performed by his friend, Dr. Raymond. The ultimate goal of the doctor is to open the mind of man so that he may experience the spiritual world, an experience he calls "seeing the great god Pan".

    King sagte wohl auch in einem Interview, was ich gerade nicht finde, aber im KingWiki erwähnt wird

    Zitat

    [...]Auch sah King die Gelegenheit gekommen, seine eigene Version von Arthur Machens Der Große Pan zu schreiben, eine Idee, die er schon lange mit sich herum trug.

    Ebenso wird in der Widmung des Buches Arthur Machen besonders hervorgehoben, diese findet sich auch auf der Seite im Wiki.

  • Bluestone:

    Es gab eine deutsche Übersetzung von "Der Grosse Pan" [sic!] von 1994 im Piper Verlag.
    Lustiger Zufall: Am Samstag lade ich eine Rezension zu genau diesem Buch auf der Seite der Flensburger Gesellschaft für Phantastik (siehe Signatur) hoch!

    “I couldn’t live a week without a private library – indeed, I’d part with all my furniture and squat and sleep on the floor before I’d let go of the 1500 or so books I possess.”
    H.P. Lovecraft in einem Brief vom 25. Februar/1. März 1929 an Woodburn Harris
  • Die kannte ich gar nicht, bekommt man die überhaupt irgendwo für einen bezahlbaren Betrag? Ein kurzer Blick zeigt mir da Beträge jenseits der 100€ :o.

    Dann freue ich mich auf Samstag :)

  • Also Mitte der 1990er hatte der Piper Verlag Machens Gesamtwerk (zumindest seine phantastischen Kurzgeschichten und Novellen) in sechs Bänden veröffentlicht. Die sechs Bände bekommt man zu wechselnden Preisen immer mal wieder antiquarisch. Ich hab meinen "Pan" vor drei Jahren für 2 Euro gekauft und bis vor ein paar Tagen gabs auch eine Ausgabe für - ich glaube - um die 8 Euro. Mein Tipp ist immer es in die amazon-Wunschliste zu setzen und alle paar Tage, wenn man eh online ist mal reinzugucken. So hab ich schon Bücher die zT für 80 Euro angeboten werden für 5Euro ergattert.

    “I couldn’t live a week without a private library – indeed, I’d part with all my furniture and squat and sleep on the floor before I’d let go of the 1500 or so books I possess.”
    H.P. Lovecraft in einem Brief vom 25. Februar/1. März 1929 an Woodburn Harris
  • Die Geschichte kenne ich leider nicht, und, ja, in dem Roman steckt vieles mehr drinnen von anderen Autoren. Wesentlich mehr Machen, als ich wusste. Aber besonders die Geschichte ist bekanntermaßen eine starke Inspiration für Lovecraft selbst gewesen.

    Was ich anfügen will, ist aber, dass das Mythosbuch aus "Briefe aus Jerusalem" eine zentrale Rolle spielt, und deswegen nicht bloß das Ende an Lovecraft erinnert. ;) Ich finde, das geht weit über Anspielungen (wie in den meisten anderen Geschichten) hinaus. Insbesonders die Pointe nach dem Finale ist doch sehr lovecraftian. Wenn es einen "Lovecraft"-Roman von King gibt, dann ist es fraglos "Revival" - auch wenn ich nicht widersprechen kann, dass noch viel mehr in ihm steckt.

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