Lovecrafter Online – Interview mit Axel Koehler zum Roman "Die Satyrn der Mine Carnifex"
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Seanchui -
10. Februar 2025 um 12:00 -
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Der 1973 in Gießen im Herzen Hessens geborene junge Gelehrte der schottisch-gälischen Sprache und Kultur wuchs zwischen den beiden alten Universitätsstädten Gießen und Marburg auf, letztere ist bekannt für eine Atmosphäre, die H.P. Lovecraft selbst würde sehr inspirierend finden, ebenso wie MR James oder Arthur Machen, zwei weitere seiner Lieblingsautoren, die ihn inspirierten, sich der „dunklen Seite“ der spekulativen und übernatürlichen Fiktion zuzuwenden.
Lovecrafter online: Hallo Axel, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für ein paar Fragen nimmst! Unser letztes Interview stammt aus dem Sommer 2022. Was gibt es seither Neues?
Axel Koehler: Die Handlung ist abgeschlossen und gegliedert. Mag sein, dass manche Gralshüter sagen werden, dass Lovecraft sich im Grabe herumdrehen würde, doch es ist ein Roman mit tongue in cheek - Arthur Machen und Clark Ashton Smith hätten vielleicht ihre Freude daran, vielleicht auch Robert E. Howard, wenn sie denn mehr Humor hatten als Lovecraft selbst.
Und nein: für die Dialoge auf Lahntaler Platt gibt es keine Übersetzung - im Gegensatz zu manchen gälischen Stellen - denn sooo schwierig sind rheinfränkische Dialekte auch nicht zu lesen, auch nicht für Bayern und Nordlichter. Und wer gar keine Dialekte und authentisches Lokalkolorit mag, ist in meinem Roman eh falsch: Von Cape Breton bis nach Braunfels, von Gàidhealtachd bis ins Lahn-Solmsische, wird größter Wert auf größtmögliche Authentizität gelegt. Sollte es Widersprüche von Seiten örtlicher Mundartpfleger geben, werde ich (als unmittelbarer Nachkomme einer Vogelsberger Muttersprachlerin) engere Zusammenarbeit mit Letzteren für die nächste Auflage suchen. Schließlich lege ich ja auch in meinen Trailern zu meiner YouTube-Serie Wert auf größtmögliche Authentizität für die Kulisse zur Steigerung der Spannung, auch wenn oder gerade weil es sich im Roman um eine Parallelwelt handelt.
Howie Lovecraft und Arthur Machen als edwardianischer Pfarrerssohn dürften sich wohl auch an der enthaltenen Erotik stören, die jedoch keineswegs obszön gemeint ist, und Isaac Brown, des Protagonisten alter Edinburgher Mitstreiter - nun als persönlicher Assistent von Henry Armitage in Arkham tätig - ist schottischer Jude.
LCo: Dein Alter ego, der "Furchtlose Fahnder", steht endlich vor seinem Printdebüt. Hat sich der Charakter im Laufe der Arbeiten noch weiter verändert?
AK: Vom Wesen her nicht allzu sehr, doch das Publikum erwartet im Laufe der Handlung eine Überraschung, was den wahren Hintergrund des Fahnders betrifft, der mit der Geschichte zusammenhängt und weitaus älter ist als seine Vergangenheit als Croftersohn aus den Highlands und Professor in Edinburgh.
LCo: Nun endlich erscheint Dein bereits im letzten Interview angekündigter Roman "Die Satyrn der Mine Carnifex". Worum geht es? Was erwartet den cthuloid-geneigten Leser?
AK: Nach einem abenteuerlichen Fall in den Wäldern Cape Bretons 1929, der mit einer entscheidenden Schlacht gegen mutierte Kultisten der Shub Niggurath endete, erhält der Furchtlose Fahnder den Brief eines alten Freundes, der als Ingenieur in einer Mine im Fürstentum Braunfels/Lahn merkwürdigen Vorgängen auf die Spur gekommen ist. Diese liegt in einem Waldgebiet, das von den meisten Einheimischen gemieden wird - bis auf die merkwürdigen Einwohner des nahen Bergarbeiterdorfs, derentwegen kaum ein anderer Einheimischer mehr in der Mine arbeiten will. Der Brief ist ein Hilferuf, noch in den letzten Zeilen erfahren der Fahnder und seine Freunde von den Häschern ante portas.
Bald darauf machen sich die okkulten Ermittler nach Deutschland auf die Suche nach dem vermissten Freund, und müssen unterwegs schon feststellen, dass die Feinde der schwächelnden Weimarer Republik unheimliche und unheilige Allianzen mit uralten finsteren Mächten eingehen.
Und beim Empfang auf Schloss Braunfels, wo sie als kanadische Jagdgäste getarnt logieren, treffen sie auf zwei sehr sinistre Gäste, von denen einer noch weniger menschlicher Herkunft ist als der andere. Zugleich verschwinden in der Umgebung des Finsterforsts junge Frauen, und unheimliche kindähnliche Gestalten mit totenblasser Farbe und dämonisch schwarzen Augen versetzen die Landbevölkerung in Angst und Schrecken. Die örtliche Polizei ist so ignorant wie hilflos ... Und auf den Furchtlosen Fahnder wartet ein Hauch seiner Vergangenheit in weiblicher Gestalt.
LCo: Die Satyrn haben bereits vor ihrer Veröffentlichung eine wechselvolle Geschichte erlebt. Magst Du uns skizzieren, wie Du schlussendlich zu der Entscheidung book on demand gekommen bist?
AK: Nun, nachdem ich schon mit dem ersten Verleger keine allzu schöne Erfahrungen gemacht habe und den Eindruck hatte, er wollte mir mein "Baby" nur schlechtreden, um es mir zu entreißen und einem seiner etablierten Autoren zuzuspielen, habe ich die von Dir empfohlenen Verlegerinnen und andere angeschrieben, die mir jedoch leider nur geantwortet haben, ihr Programm sei schon voll für die nächste Zeit. Und da ich schon ein Interview gegeben habe zum Roman, wollte ich die Leser ungern länger warten lassen.
Sollten jedoch besagte Verlage durch die book on demand-Version Appetit kriegen, bin ich gerne bereit, eine Neuauflage des Romans bei ihnen zu veröffentlichen - aber dann auch mit Illustrationen im Text. Zwar bin ich selbst kein unbegabter Zeichner, aber durch meinen day job seit Winter 2022 weiß ich nicht, ob ich die Zeit selbst aufbringen kann, mehrere Illustrationen für den Roman anzufertigen. Und fotorealistisch zeichnen wie die Begabtesten unter den graphic novel-Zeichnern kann ich leider nicht, wohl aber auch gut fotografieren.
LCo: Der "Furchtlose Fahnder" sollte in Deiner ursprünglichen Planung noch weitere Abenteuer erleben. Wie steht es um eine Fortsetzung?
AK: Fortsetzungen sind durchaus geplant, wie zum Beispiel der Folgeroman um den Schlunk, eine unheimliche Entität auf dem neuschottischen Festland, die durch süddeutsche Siedler in Lunenburg dorthin gelangte, und dort im Hinterland auch Portale zu den Traumlanden öffnen kann. Der Schlunk liegt als fertiges Manuskript samt Titelillustration aus meiner Feder bereits vor, auch wenn die Geschichte kaum länger ist als eine Lovecraft-Novelle.
Auch eine grobe Skizze zu einem weiteren Roman existiert bereits, in dem der Furchtlose Fahnder zu Beginn der 1930er auf St Pierre auf eine scheinbar junge Adlige aus der Averoigne trifft, die vor Kultisten der Atlach-Nacha nach Nordamerika geflüchtet ist - ein Fall, dessen Ursprünge ins Frankreich Ludwigs XIII. führen. Auch jene Romane sollen vom eldritch horror an die Grenze des schwarzen und trockenen Humors führen, und das Genre respektvoll persiflieren - ohne jedoch gänzlich aufs Unheimliche zu verzichten.
Abschließend sei gesagt, dass meine Romane eher der frühen Phase Lovecrafts entsprechen und eher dem eldritch folk horror als dem cosmic horror zugeneigt sind. Eher dunkle Phantastik, dem Cthulhu-Mythos so verbunden wie der zeitlichen Ära des Meisters. Zwar sind auch noch Folgeromane geplant, die in den 1940ern und 50ern spielen sollen, doch allzu weit sollen sie sich nicht vom period piece-Zauber entfernen. Und letztlich sind sie ein Hybrid aus weird detective story und weird northern. Sollten sie mal verfilmt werden, etwas professioneller noch als meine Serie um den Furchtlosen Fahnder auf YouTube (gälisch mit Untertiteln) und eher wie die Produktionen der HPLHS, dann möglichst mit einem eklektischen Soundtrack zwischen Jack Hylton und anderen britischen und kanadischen Größen der swingenden Ballsaalmusik der 1920er/30er, traditioneller Musik aus Cape Breton und Ennio Morricone aus seiner Spaghettiwestern-Ära. Dark Bluegrass wäre ebenfalls willkommen.
LCo: Axel, vielen Dank für Deine Zeit!
Neugierige können den Roman hier erstehen: https://www.lulu.com/shop/axel-koeh…ge=1&pageSize=4
Außerdem gibt es zwei von Axel gedrehte Trailer auf YouTube, welche die Stimmung des Romans einfangen:


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