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Lovecrafter Online – Filmkritik: Nope

  • Michael H.
  • 16. September 2024 um 12:00
  • 624 Mal gelesen
  • 0 Antworten

Ein weiteres Mal untersucht unser Film-Experte Michael einen Streifen aus seiner schier unerschöpflichen Sammlung auf Zelluloid gebannten Grauens auf lovecraftsche Einflüsse und Motive hin. Heute im engeren Blick: "Nope".

Jordan Peele ist bekannt für seinen speziellen Zugang zum Horrorgenre. Zum Einen nutzt er intelligente Horrorgeschichten, um mit diesen Kommentare über den Zustand der Menschheit zu geben und die unserer Gesellschaft innewohnenden Ungerechtigkeiten aufzuzeigen. Zum Anderen variiert er klassische Horrorthemen, insbesondere die Motive Lovecrafts, integriert sie geschickt in spannende Filme und überführt sie so in das moderne Kino. Gerade der genreübergreifende Film Nope von 2022 zeigt, wie kosmischer Horror im zeitgenössischen Film eindringlich auf die Leinwand gebracht werden kann.

Handlung

In einer Schlucht in Kalifornien ereignen sich seltsame Phänomene. Zunächst verstirbt Otis Haywood Senior auf recht mysteriöse Weise. Eine offenbar vom Himmel herabfallende Münze durchschlägt seine Schädeldecke und tötet ihn trotz der ersten Hilfe seines Sohnes Otis Junior (Daniel Kaluuya/Get Out). Dessen Versuch, die Pferdezucht, den Hof und den Betrieb mittels Verleih der trainierten Pferde - unter anderem an Filmproduktionen in Hollywood - aufrecht zu erhalten, gestaltet sich zunehmend schwierig. Einige seiner Pferde musste Otis Junior schon an die nahegelegene Western Town verkaufen.

Als er am Himmel über der einsamen Farm seltsame Erscheinungen sieht, ist es auch seine Schwester Emerald (Keke Palmer/Hustlers), kurz Em, die eine Chance sieht, Geld aus dem Phänomen zu schlagen. Mit modernem Kameraequipment und der Hilfe des Technikers Angel Torres und, etwas später, dem legendären Kameramann Antlers Holst, versuchen die Geschwister, das perfekte Bild zu schießen und damit den Durchbruch zu schaffen. Gleichzeitig scheint am anderen Ende der Schlucht der Betreiber des Western-Unterhaltungsparks Jupiter's Claim Ricky ‘Jupe’ Park (Steven Yeun/The Walking Dead) eine besondere neue Attraktion zu planen. Jupe, der als jugendlicher Darsteller als Einziger einen tödlichen Amoklauf eines Schimpansen während einer Sit-Com-Aufzeichnung überlebte, sieht sich als Auserwählter, der alles Wilde beherrschen kann.

Es beginnt ein Wettlauf, wer als Erster von der sensationellen Entdeckung profitieren kann. Das Phänomen am Himmel erweist sich dabei weder als kooperativ, noch als ungefährlich. Die Jean Jacket genannte Erscheinung entführt zunächst Pferde, doch schnell sind Menschenleben in Gefahr. Schon bald wird aus der Jagd nach der Sensation auch ein Kampf ums nackte Überleben.

Jordan Peele und Lovecraft vor Nope

Das Werk Jordan Peeles strotzt vor Referenzen auf H.P. Lovecraft. Wie beim Autor aus Providence geht es ihm immer um den existentialistischen Horror, die Frage, wer wir sind, was bedeutet unsere Existenz, wohin gehen wir und wie vielem von all dem können wir uns überhaupt sicher sein. Dabei dreht er schon in seinem gepriesenen Erstling Get Out die zutiefst lovecraftesken Elemente geschickt auf den Kopf. Hier geht das Grauen nicht vom vermeintlich "primitiven" Menschen aus, degeneriert und pervertiert sind hier die Mitglieder der sogenannten "besseren Gesellschaft". Sie sind auf der Suche nach fitteren Körpern für ihre verrottenden Hirn-Inhalte: Eine wunderbare Invertierung des lovecraftschen Rassismus und seiner Panik vor dem primitiven Fremden und der Degeneration des Menschen.

Peele spielt nicht nur damit, auch die Motive aus The Thing at the Doorstep, The Case of Charles Dexter Ward und The Whisperer in Darkness werden eingebaut. Wer ist wirklich wer, wer oder was steckt im Körper des Anderen, eine zutiefst beängstigende Frage nach der Existenz, sowohl der Eigenen wie auch der des Gegenübers. Das menschliche Urvertrauen wird so angegriffen und untergraben, gerade in der psychologisch beunruhigenden Hypnosesequenz. Die moderne Technik, hier die Medizin, wird missbräuchlich angewandt; statt dem menschlichen Wohl zu dienen, wird sie dem Egoismus einer reichen Elite untergeordnet.

Ähnliche Motive finden sich in der von ihm produzierten Serie Lovecraft Country nach dem erfolgreichen Buch von Matt Ruff, wo ebenfalls die weiße Elite finstere Verschwörungen und Kulte vollzieht, die in eine spannende Handlung eingebaut werden. Die zeitliche Verlagerung in die 50er Jahre verstärkt das Motiv des allgegenwärtigen Rassismus ähnlich wie es die räumliche für die von ihm produzierte Candyman-Neuinterpretation bewirkt. Candyman wuchs im Ghetto auf und fiel falschen Verdächtigungen, also Racial Profiling, zum Opfer. Der perfekte Sündenbock, der nach seinem Tode nach Rache strebt.

Bei seinem nächsten eigenen Kinofilm variierte Peele das Motiv des Doppelgängers, dass eher durch die Werke E.T.A. Hoffmanns bekannt wurde. Seine in unterirdischen Verstecken auf die Übernahme der Weltherrschaft lauernden Tethered sind auch lovecraftesk. Dabei dreht er die Frage, was das Böse ist, im Finale auf den Kopf, wenn wir SPOILER! erfahren: Wir als Zuschauer haben die ganze Zeit bei dem existentialistischen Überlebenskampf eines früher entkommenen Tethered mitgefiebert, haben diesen die ganze Zeit unterstützt. Es stellt sich die Frage: war dies denn falsch? Hier dreht er die Herkunftsfrage auf den Kopf und zeigt die wirklichen Probleme der Gesellschaft und der benachteiligten Individuen auf: die Ungerechtigkeiten innerhalb unserer Zivilisation und Sozialisation.

Das kosmische Grauen in Nope

Im Vergleich zu Get Out und Us (dt.: Wir, was leider deutlich weniger Doppeldeutigkeit besitzt) ist Nope auf den ersten Blick deutlich weniger Horrorfilm. Vorbilder für die Crew waren hier Filme wie Jaws/Der weisse Hai, Close Encounter of the Third Kind und No Country for Old Man. Aber eben auch Alien. Herausgekommen ist ein bunter Mix aus Science Fiction, Abenteuerfilm mit Western-Motiven, Horrorfilm und Gesellschaftssatire. Der Unterhaltungsindustrie, dem Filmbusiness und dem Event-Hype wird der entlarvende, satirische Zerrspiegel ebenso entgegengehalten wie uns, dem Zuschauer, der das Spektakel sicher im Kinosessel verfolgt.

Im formalen Gewand eines Aktion- und Abenteuerfilms, mit vielen strukturellen und inhaltlichen Parallelen zu Spielbergs Jaws, sind die Protagonisten auf der Jagd nach dem “Impossible Shot”, dem fotografisch unanfechtbaren Beweis für die Existenz Außerirdischer. Der Film zeigt uns ein Hollywood-Spektakel, unterhält uns als Spektakel mit exzellenten Bildern im IMAX Format von Star-Kameramann Hoyte van Heutema (Interstellar/Oppenheimer) und handelt davon, wie uns die Jagd nach diesen Spektakeln zugrunde richten kann, wenn die Gier über den Verstand siegt.

Von Beginn an streut der Film seine teils bitterbösen Elemente ein, zeigt uns kleine Andeutungen der wirklichen Gefahr, beginnend bei dem Tod von Otis Senior und den Ereignissen in der Fernsehshow in Jupes Jugend. O.J. wirft die Frage in den Raum, ob es “Bad Miracles”, also böse Wunder geben könnte. Gerade das phänomenale Sounddesign des Filmes trägt hier zum Unbehagen des Zuschauenden bei. Immer wieder hört man, fast an der Wahrnehmungsschwelle, etwas wie leise Schreie in der Luft. Wirklich nur der Wind? Die wirkliche Ursache wird später bei der…nennen wir es mal Auflösung der Show Jupes gelüftet und ist purer kosmischer Terror.

Das Motiv der völligen Fehleinschätzung des Menschen über seine eigene Bedeutung und seine vermeintliche Fähigkeiten zur Beherrschung der Welt ist eine Trope bei Lovecraft und hier im Film. Nur der stoische, an einem Clint-Eastwood Westernhelden erinnernde, lakonische O.J. erkennt die Natur der Bedrohung und berücksichtigt die Weisheit seines Vaters: “Some Animals are un-trainable / Einige Tiere lassen sich nicht trainieren.” Nur wer seinen Blick vor dem kosmischen Grauen neigt, hat eine Chance, erkennt O.J., dessen langjährige Erfahrung im verständnisvollen Umgang mit den Pferden ihn prädestiniert, die Natur des Phänomens zu ermitteln. Er wird in den richtigen Momenten des Filmes das titelgebende NOPE sagen und richtig reagieren, während die, die sich überschätzen und geblendet von ihrer Hybris vorwärts stürmen, hier nicht überleben. Sei es der "Auserwählte" Jupe, der fanatische Kameramann Antler oder der sensationsgeile Motorrad-Reporter.

Der Film zeigt immer wieder, dass wir die Natur, die wir ausbeuten, nicht beherrschen, sie lässt sich nicht beherrschen. Sei es der Ballon, der durch sein Platzen den Schimpanse Gordy zu einem Amoklauf im Fernsehstudio bringt oder der als durchgehendes Motiv erscheinende Spiegel, der das Pferd O.J.’s dazu bringt, die Fernsehproben zu sprengen: Peele hält uns augenzwinkernd den Spiegel unserer ausbeuterischen Natur vors Gesicht, zeigt uns unseren sensationssüchtigen Blick. Er tut dies in der von ihm selbst geliebten Form eines Blockbuster-Spektakels, ganz im Sinne des Eingangszitates des Films:

“Ich will dich ganz greulich machen und dich schänden und ein Schauspiel aus dir machen” Nahum 3:6.

In der Umgebung Jean Jackets, der außerirdischen Präsenz, versagt die moderne Elektronik genauso wie die Vormachtstellung des Homo Sapiens. Die Entität ist konsequent mythisch dargestellt. Zunächst unsichtbar, nahezu geräuschlos , unheimlich, schnell und unbegreiflich. Nur O.J. erkennt im Verlauf mehr von ihrer wahren Natur: Sie ist territorial und folgt einigen, erlernbaren Regeln. Es zeigt sich im Verlauf, dass sie wütend werden kann, sie reagiert planend, animalisch und zumindest begrenzt bewusst und intelligent. Aus gutem Grund hat sie diese Eigenschaften: was zunächst als eine Art fliegende Scheibe erscheint, also eine klassische UFO-Erscheinung hat, ist in ihrer wahren Natur etwas völlig Anderes.

Das materialisierte unnennbare Unbekannte

Es handelt sich hier nicht um eine klassische fliegende Untertasse mit kleinen grünen Männchen an Bord. Jean Jacket ist selbst das Lebewesen, eine fast unbegreifliche Lebensform, die sich vor neugierigen Blicke schützen kann, indem sie sich als Wolke tarnt. Ihre wahre Natur wird früh angedeutet, alles im Film dreht sich um die animalische Unbeherrschbarkeit. Wenn der herrlich knorrige Michael Wincott als Antler Holst (“We don’t deserve the impossible”) ständig Dokumentarfilme mit Großaufnahmen von animalischen Augen oder jagenden und fressenden Raubtieren ansieht, wird nicht nur sein Ende vorweggenommen, sondern auch die Natur der Entität.

Es ist ein Predator, ein kosmisches Raubtier, das zunächst Pferde vertilgt, dann - vielleicht durch die Nutzung eines Dekorationspferdes als Köder durch O.J. Schwester Em? - auf eine neue Nahrungsquelle ausweicht. Den Menschen. Ein hungriges Wesen, das direkt aus den unbekannten Tiefen des maritimen Teufelsriff von Lovecraft stammen könnte. Ein Eldritch Monster, das schwebt und sich durch die Lüfte bewegt, wie die Tiefen Wesen im Meer vor Innsmouth. Im Finale wechselt es mehrfach die äußere Erscheinung, je nach Anlass und Notwendigkeit der Jagd erscheint es als gigantische Qualle oder als ein Oktopus der Lüfte, inklusive der Tarnfunktion solcher Polypen. Das kreative Design ist beängstigend fremdartig, droht das Wesen im Finale doch mit schlagenden, unnatürlich-viereckigen Ausläufern und Tentakeln, die Jean Jacket offensichtlich als Drohgebärde gegen den als ernstzunehmenden Gegner eingeschätzten O.J. zur Behauptung seines Territoriums einsetzt. Jean Jacket wirkt da wie ein übermächtiger, entarteter Engel des Himmels oder eine Art Leviathan der Lüfte. Die Menschen erscheinen winzig und unbedeutend im Angesicht der kosmischen Präsenz.

Wenn der Blutregen über dem Farmhaus der Haywards in einer der unheimlichsten Sequenzen des Films die Verdauungsprodukte der vorher in die klaustrophobischen Innereien eingesaugten Show-Besucher niedergehen lässt, ist das, wie das gesamte Finale des Filmes, Cosmic Horror in purster Form. Alle bizarren Elemente und Eigenschaften der Entität werden vorgeführt, nicht nur behauptet oder zu Tode erklärt. Weder die Herkunft, die weiteren (wenn vorhanden) Ziele oder ein Warum des Wesens werden geklärt, noch wie lange es eigentlich existiert, auf der Erde ist oder im Canyon weilt. Dies stellt eine kluge filmische Umsetzung des kosmischen Grauens dar. Es setzt sich hier im Laufe der Handlung mehr und mehr im Kopf zusammen, so wie es einer guten, lovecraftschen Erzählung gebührt.

Der kosmische Schrecken wird zwischenzeitlich als lustige Satire und flotte Abenteuergeschichte mit launigen Elementen des Western- und Actionfilmes getarnt. Dabei verwässert Peele seinen Schrecken nicht, der Film bleibt latent bedrohlich, ohne zu explizit zu werden. Er steigert sich zum Finale immer mehr und zaubert eine Cosmic-Horror-Kreatur lovecraftscher Güte auf die moderne Leinwand des Kinos.

Fazit

Das bisherige Werk Jordan Peeles ist eine Fundgrube der Ideen und Motive Lovecrafts. Das kosmische Grauen kommt bei Nope auf leisen Sohlen und in Form eines bunten Genremixes. Es schleicht sich so intelligent, unterhaltsam und effektiv in das moderne Blockbuster-Kino.

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