Lovecrafter Online – Filmkritik: Geschichten aus der Schattenwelt - Die Höllenkatze
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Seanchui -
2. Dezember 2024 um 12:00 -
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Geschichten aus der Schattenwelt (Tales from the Darkside - The Movie, 1990) ist ein Episodenfilm, der neben der Rahmenhandlung - eine alleinstehende Frau (Deborah Harry) entführt einen kleinen Jungen (Matthew Lawrence), um ihn zu braten und zu verspeisen - aus drei Beiträgen nach unterschiedlichen literarischen Vorlagen besteht, die von dem Jungen im Laufe der Handlung erzählt werden.
Lot 249 nach Arthur Conan Doyle handelt wenig spektakulär von einer wieder erweckten Mumie. Der Schwur der Liebenden nach dem Drehbuch von Michael McDowell ist der vielleicht beste Beitrag des Films. In einem düster verfremdeten New York, das atmosphärisch durchaus an Lovecraft-Erzählungen wie Er (He, 1925) erinnert, erwacht eine geflügelte Steinfigur zum Leben. Die Hauptfigur, ein gescheiterter Künstler (James Remar) findet schließlich Halt bei einer Frau (Rae Dawn Chong), der er nach langjähriger Ehe schließlich ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit offenbart - mit schrecklichen Folgen.
Die Höllenkatze
„Er achtete Katzen, weil es Tiere waren, die ohne die Hilfe des Menschen auskommen konnten. Gott - wenn es ihn gab - hatte in der Katze eine perfekte Tötungsmaschine geschaffen. Katzen waren die Killer in der Welt der Tiere, Halston verneigte sich vor ihnen.“ (Stephen King, Die Höllenkatze)
Die Höllenkatze, die als mittlere Geschichte erzählt wird, handelt von dem Pharma-Produzenten Drogan (William Hickey), der den professionellen Killer Halston (David Johansen) mit einem ungewöhnlichen Auftrag konfrontiert. Die Geschichte beruht auf einer 1977 veröffentlichten Erzählung von Stephen King, der auch das Drehbuch verfasste. „Halston fand, der alte Mann im Rollstuhl sah krank aus, krank und von Todesangst gezeichnet.“ Drogan erzählt, ein plötzlich im Haus aufgetauchter Kater habe den Tod mehrerer ihm nahe stehender Personen verursacht, was in blau unterlegten Rückblenden gezeigt wird. Seine Schwester Amanda (Dolores Sutton) stolperte über den Kater Sam, als sie Futter zubereiten wollte und stürzte tödlich. Carolyn (Alice Drummond), Amandas Freundin und andeutungsweise Drogans frühere Geliebte, war überzeugt, die Seele Amandas wäre in das Tier übergegangen und lag eines Tages tot im Bett. „Katzen legen sich auf Kleinkinder und alte Menschen, um sie zu ersticken“, versucht Drogan den skeptischen Halston zu erklären. Schließlich starb der Butler (Mark Margolis) bei einem Verkehrsunfall, als er das Tier zum Einschläfern bringen sollte. Drogan ist überzeugt, dass Sam Rache nehmen will für Experimente zur Erforschung eines Schmerzmittels, die von seinem Unternehmen Drogan Pharmaceuticals durchgeführt wurden und bei denen 15.000 Katzen starben. Er beauftragt Halston, das Tier zu töten.
Katzen bei Poe, Lovecraft und King
Ein wesentliches Motiv findet wird aus Edgar Allan Poes Der schwarze Kater (The Black Cat, 1843) entlehnt. Ein Mann quält seine Tiere und erhängt schließlich seinen Kater Pluto. Später erwirbt er ein weiteres Tier, welches Pluto sehr ähnlich sieht, mit Ausnahme eines weißen Fleckes, der einem Galgenstrick ähnelt. Amanda in Die Höllenkatze stirbt, als sie die Wendeltreppe hinunter fällt. Der Kater, der offenbar eine Reinkarnation von Pluto ist, verursacht beinahe den Treppensturz seines Besitzers, worüber dieser in Streit mit seiner Ehefrau gerät, die er schließlich ermordet. Durch Laute des Tieres wird schließlich der Leichnam entdeckt, der Mörder zum Tode verurteilt.
King zitiert sich auch mehrmals selbst: in der Episode Der General aus Katzenauge (Cat’s Eye, 1985) wird ein Kind von einem Troll bedroht und wünscht sich eine Katze als Beschützer. Die Mutter ist dagegen, da sie wie später Drogan befürchtet, Katzen würden Kindern nachts den Atem rauben. Als der Troll den kleinen Vogel des Kindes tötet, wollen die Eltern die Katze einschläfern lassen. Die Szene, als Sam blutverschmiert am Ende zu Drogan aufbricht, ähnelt der Rückkehr von Church vom Friedhof der Kuscheltiere (Pet Sematary, 1983).
Deutlich sind auch Einflüsse aus Die Katzen von Ulthar (The Cats of Ulthar, 1920) ersichtlich, die Lovecraft selbst für eine seiner besten Erzählungen hielt. Ein alter Kätner und seine Frau quälen und töten Katzen. Warum sie das tun - vermutlich aus purer Grausamkeit -, wird bei Lovecraft nicht geklärt. Die Bewohner Ulthars wissen, wer für die Tötungen verantwortlich ist, wagen jedoch nicht dagegen zu protestieren, sondern veranlassen lediglich, dass die Katzen nicht mehr in die Nähe der Hütte gelangen. Sind es bei Lovecraft eher vermutete magische Kräfte, ist es Drogans gesellschaftliche Stellung, die ihn unantastbar macht. Im Unterschied zu der kleinen Hütte des Kätners bewohnt Drogan ein abseits gelegenes Anwesen, welches auf die Umgebung aber ebenso unheimlich wirkt. In der Erzählung von King wird, anders als in der Verfilmung, nicht erklärt, wie die Katze letztlich an Drogan Rache nimmt. Allerdings wäre die drastische Beschreibung bei Lovecraft, als der Kärtner gefunden wird, wesentlich passender für die Schlussszene gewesen.
Der Regisseur John Harrison drehte 2008 Clive Barker’s Book of Blood. Der am Drehbuch beteiligte George A. Romero, für den Harrison als Assistent tätig war, verfilmte 1993 den Stephen-King-Roman Stark - The Dark Half. Das dort enthaltene Motiv der Seelen-Vögel ist von den Ziegenmelkern aus Lovecrafts Das Grauen von Dunwich (The Dunwich Horror, 1929) beeinflusst. Geschichten aus der Schattenwelt ist insgesamt kein herausragender Horrorfilm, aber er verdeutlicht, wie viel das Genre Poe und Lovecraft zu verdanken hat.
Verwendete Literatur:
- King, Stephen u. a. (1997): Geschichten aus der Schattenwelt. Das neue Meisterwerk des Grauens. Bergisch Gladbach. 9. Auflage.
- Lovecraft, Howard Phillips (2017): Die Katzen von Ulthar und andere Erzählungen. Frankfurt am Main.