Lovecrafter Online – Retrospektive: Echo des Wahnsinns


Der insgesamt 56 Seiten umfassende Comic enthält zwei Kurzgeschichten, die der – ebenfalls beim Verlag Torsten Low erschienenen – Kurzgeschichtensammlung Metamorphosen entnommen sind. Die Illustratorin Stefanie Hammes nahm sich beider Geschichten an und setzte sie als Graphic Novel in einem eigenwilligen, aber durchaus ansprechenden Stil um.
Die erste Geschichte, „Die Schokolade des Herrn Bost“, erinnert in seiner Anlage an die Lovecraft-Geschichten „Die Musik des Erich Zann“ oder „Pickmanns Modell“. Ein junger Reporter erhält von seinem Redakteur den Auftrag, den Hersteller einer ganz besonderen Schokolade zu interviewen. Sicherlich kein allzu spannendes Unterfangen für den aufstrebenden Journalisten, doch vielleicht lässt sich der alte Herr ja die Geheimzutat aus der Nase ziehen, die seine Schokolade so unwiderstehlich macht? Tatsächlich erfährt der Protagonist im Laufe der weiteren Handlung mehr über die wahre Natur des Universums, als ihm lieb sein mag…
Direkt daran schließt sich „Der Fluch des Zulu“ an. Auch hier drängen sich Erinnerungen an den Meister Lovecraft höchstselbst auf, gemahnt die Wandlung des Protagonisten im Laufe der Handlung doch an seine Novelle „Der Schatten über Innsmouth“. Doch gelingt es dem Autoren, seine ganz eigene Geschichte zu erschaffen: ein junger Mann tritt das Erbe seines schwerreichen Großvaters an. Ein Brief seines unbekannten Vorfahren eröffnet ihm einen erschreckenden Blick auf die Vergangenheit…
Wie sein Vorgänger präsentiert der Band auf insgesamt 56 Seiten zwei Kurzgeschichten, Diese entstammen der – ebenfalls beim Verlag Torsten Low erschienenen – Kurzgeschichtensammlung Die Klabauterkatze. Die Illustratorin Stefanie Hammes nahm sich einer der Geschichten an, die andere illustrierte Angelika Barth.
Die erste Geschichte trägt den Titel „Die perfekte Musik“. Auf der Suche nach einem neuen Internetstar, dessen Musik zu dem Besten zählt, was in den vergangenen Jahrzehnten veröffentlicht wurde, machen sich zwei junge Mädchen auf den Weg nach Norddeutschland. Am Strand der Ostsee, in dem verlassenen Weiler Winding finden sie denn auch das Ziel ihrer Suche – doch das Geheimnis, dass den jungen Musiker umgibt ist weitaus tragischer und tödlicher, als es sich ein Mensch je hätte ausmalen können…
Direkt daran schließt sich „Im Knusperhäuschen“ an. Diese Geschichte war mein persönlicher Favorit in der Kurzgeschichtensammlung Die Klabauterkatze, und auch die Comic-Adaption ist gut gelungen: Als eine junge Familie in ein einsames Haus in einem finsteren Forst zieht ahnen sie nicht, welche Konsequenzen das für sie haben wird. Die drei Kinder der Familie müssen als Protagonisten der Geschichte erleben, wie ihre Eltern sich verändern – bis sich die Ereignisse in einer einzigen, furchtbaren Nacht überschlagen.
Der dritte Band enthält nun Geschichten aus dem Sammelband Verbotene Bücher. Mit „Köderwurm“ und „Mr. Ashshires Vermächtnis“ wurden zwei Kurzgeschichten ausgewählt, die eine gelungene Einbindung cthuloiden Wirkens mitbringen.
Eröffnet wird Band 3 von „Köderwurm“ aus der Feder von Detlef Klewer. Die Handlung ist rasch erzählt: Ein reicher Industrieller und passionierter Angler jagt nach dem größten Fang seines Lebens. Als er bei einem Konkurrenten das Buch „Geheimnisse des Wurms“ entdeckt läßt er nichts unversucht, ebenfalls ein Exemplar dieses Bandes zu ergattern. Als ihm in einer Bibliothek ausgerechnet sein Konkurrent begegnet, spitzt sich die Lage dramatisch zu.
„Mr. Ashshires Vermächtnis“ ist im viktorianischen England angesiedelt und handelt von dem Wunsch eben jenes Mr. Ashshire endlich Vater zu werden. Auf der Suche nach einem Heilmittel für die Empfängnisschwierigkeiten seiner Gattin wendet er sich alsbald obskuren Aufzeichnungen zu, die ihm ein Unbekannter überlässt. Unwissend, auf welch unheilvolle Kräfte er sich einlässt, vollzieht er ein Ritual, dass zunächst den Anschein hat, Erfolg zu bringen. Doch schon bald überschlagen sich die Ereignisse – und es sind keine freudigen Ereignisse, die der Familie Ashshire ins Haus stehen.
Beide Geschichten des ersten Comics transportieren den Flair der Werke Lovecrafts, stellen sie doch ahnungslose Protagonisten der grauenhaften Wahrheit schonungslos gegenüber. Dabei erfinden sie das Rad zwar keineswegs neu, sind aber angenehm abwechslungsreich und gut geschrieben. Stefanie Hammes hat sich in der Umsetzung deutlich an den Originalgeschichten aus Metamorphosen orientiert und weite Passagen der Texte sind nahezu identisch. Ihr oft detailverliebter und gleichzeitig klarer und schnörkelloser Pinselstrich eignet sich hervorragend, um die besondere Stimmung lovecraftscher Werke zu transportieren. So ist die grafische Umsetzung der beiden Geschichten hervorragend gelungen.
Der zweite Band emanzipiert sich deutlicher von Lovecrafts Werk. So finden zwar eine Menge deutlich cthuloider Begriffe in den Geschichten wieder, „cthuloid“ im Sinne Lovecrafts sind sie jedoch beide nicht. Zu weit haben sich die Autoren von den verschrobenen, einsiedlerischen Gelehrten entfernt, die in Lovecrafts Werken und dem seiner vielen Anhänger ein ums andere Mal verbotenes Wissen enthüllten und so ihren Verstand oder gar ihr Leben verloren. Gruselig sind sie aber allemal. Die Adaption beider Kurzgeschichten auf das Comic-Format ist dabei gut gelungen. Tatsächlich geht nichts von der ursprünglichen Geschichte verloren und gerade Stefanie Hammes versteht es, mit ihren starken Schwarz-Weiß-Kontrasten ein düsteres Bild vom titelgebenden Knusperhäuschen und den schrecklichen Ereignissen zu zeigen. Deutlich weniger gefallen hat mir da der grobe und streckenweise fast albern wirkende Pinselstrich, der für „Die perfekte Musik“ gewählt wurde.
Während die Geschichten der Vorgängerbände zumindest teilweise von Stefanie Hammes kunstvoll in Bildern umgesetzt wurden, zeichnet für die grafische Gestaltung von Band 3 Detlef Klewer verantwortlich. Mit konstrastreichen Schwarz-Weiß-Zeichnungen setzt er die Geschichten gekonnt in Szene und schreckt dabei auch vor der einen oder anderen drastischen Darstellung nicht zurück. Insbesondere in den ausdrucksstarken und variantenreichen Portraits der Charaktere liegt die Stärke in Klewers Zeichenstil. Damit wird insbesondere der Einfluss des Mythos auf die Protagonisten der Geschichten eindrucksvoll dargestellt.
Angenehm schaurig-cthuloide Kurzgeschichten in einer ansprechenden grafischen Aufmachung. Wer auf der Suche nach einem guten Lovecraft-Comic zu einem fairen Preis ist, wird hier sicherlich fündig. Insbesondere für Kenner und Liebhaber der Kurzgeschichtenbände ist Auf den Spuren H. P. Lovecrafts absolut empfehlenswert.
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