Regelleichtes Spiel und Freeform bei Cthulhu

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann mich erinnern, das Thema schon einmal in einer der jüngeren CR Ausgaben gelesen zu haben und mich würde Eure Erfahrung damit interessieren. Seit kurzem spielen wir nur noch regelleicht bis Freeform, wobei wir einfach 2W6 würfeln und den Wurf gemäß Charaktersituation interpretieren. Mehr als Kompass, als als Task Resolution. Cthulhu Dark geht ja auch in die Richtung.

    Unsere Erfahrungen mit sehr regelleichtem Spiel waren bisher ausgesprochen positiv und haben in mir wieder einen Motivationsschub ausgelöst. Im Augenblick kann ich mir als Spielleiter keine Rückkehr zum BRP oder Runequest vorstellen, obwohl ich die Quellenbände zu Cthulhu oder auch zum englischen Mythras total gerne als “Genreschlüssel“ verwende.

    Hat jemand eine ähnliche Entwicklung durchgemacht oder ging's sogar andersrum von regelleicht zu eher crunchig?

  • Kommt für mich auf die Gruppenzusammensetzung und das Abenteuer an.

    Wenn Freeform spielt mehr rausholen kann, dann mache ich das.

    Wenn aber z.B. bei einer Kampagne ein wenig Charakterentwicklung (inkl. Skillverbesserung) drin sein soll oder man einfach den Faktor Glück haben möchte wird mehr gewürfelt. Dann aber nach dem BRP, weil hier die Spieler ihren Charakter klarer definieren können.

    Wir würfeln recht wenig und ich vergebe auch bei gutem Spiel / guten Ideen mal einen Haken ohne Wurf. Das muss aber abgesprochen und von der Gruppe mitgetragen werden. Der SL braucht hier das Vertrauen, damit es nicht willkürlich wirkt. Bei uns sind zum Glück alle Spieler ähnlich ausgerichtet von ihren Vorlieben und alle gleich gute Spieler - daher klappt das sehr gut.

    Ich habe schon alle Möglichkeiten erlebt bei anderen Spielleitern. ich mag sowohl Freeform / leichte Regeln, kann aber auch Spaß am Würfeln haben. Es muss einfach in das Abenteuer passen, dann ist es mir jede Auslegung recht.

    Ich bin vom sehr starken "wenig Regeln wenig Würfeln" etwas weg zurück zu einer gesunden Mischung. Es gibt einfach Leute, die nicht so viele Ideen haben und ein Regelgerüst bevorzugen. Und damit niemand benachteiligt wird nutze ich das dann auch. Wenn ich eine sehr spielstarke Gruppe habe dann reduziere ich das eben.

    Also von mir keine klare Ansicht, es müssen alle damit einverstanden sein, dann ist die Lösung gut.

    Wenn ich die Spieler nicht kenne und es kein als Freeform ausgeschriebenes Abenteuer ist würde ich auf einer Con aber eher mehr als weniger würfeln lassen.

  • Mache ich genauso. Schöne cthuloide (Rollenspiel-) Bücher als Inspiration lesen, aber auf Regeln pfeifen. Das 2W6 System klingt super. Wir haben auch schon Spielkarten von einem verdeckten Stapel gezogen - das geht auch.

    Wenn man gerne erzählt, aber zumindest ein paar Regeln braucht (weil man sich sonst "nackt" fühlt) kann ich tremulus sehr empfehlen.

    Und nein, ich kann mir auch nicht vorstellen, freiwillig damit aufzuhören. Um den Spass am Lesen und Lernen von dicken Regelbüchern zu erfahren? Dann lieber noch mehr Bücher für gute Story-Ideen lesen!

  • Ich persönlich spiele mit beiden Modellen (klassisch / Freeform), je nach Gruppe und Situation. Bei Oneshots ziehe ich die Freeform vor, da man sich mMn nach stärker auf die Story konzentrieren kann und nicht ein abstraktes Regelkonstrukt im Kopf haben muss. Bei längeren Spielen / Kampagnen habe ich aber auch gerne etwas spielmechanische Entwicklung (oder Degeneration) dabei, was sich in einer reinem Freeform weniger gut darstellen lässt.

    Wie immer denke ich, dass es auch auf Gruppe und Vorlieben ankommt. In meiner wöchentlichen Gruppe sind beispielsweise fast alle Rollenspieler einer sehr klassischen 80er/90er Jahre Typus. Da muss ich Veränderungen sehr behutsam einführen. Auf Cons hingegen gehe ich davon aus, dass Leute Bock auf was ungewöhnliches haben und auch vor Freeform Kammerspielen nicht zurückschrecken (oder sich halt einfach nicht eintragen).

    TL;DR: Habe beides ausprobiert. Bin Fan von Freeform. Das hat aber auch seine Tücken.

    • Offizieller Beitrag

    Eine Methode, die bspw. bei Wrong Turn oder auch Little Sister gut funktioniert ist mit klassischem Crunch (also was auch immer das bei den diversen Cthulhu-Systemen bedeutet) anzufangen und im Verlaufe des Szenarios immer mehr in Richtung einer "Freeform" / regelarmen Variante abzudriften. Ich finde, das fängt auch den Abstieg in den Wahnsinn gerade bei einem One-Shot schön ein.

    • Offizieller Beitrag

    Danke für die Antworten bisher.

    Unterm Strich kommt es sicherlich immer auf die Situation an, für wen und wo man jetzt leitet. Alte Hasen wollen oft ja auch gerne am Althergebrachten festhalten und spielen lieber klassisch. Kann ich sehr gut nachvollziehen, ginge mir unter anderen Umständen wahrscheinlich ähnlich. Auch die stilleren Spieler mitzunehmen halte ich für eine gute Sache. Versuche ich auch immer, spreche sie an und biete Spotlight, kann aber auch mit denen leben, die sich einfach nur zurücklehnen wollen. Gerade bei "Aufbauspielern", die gerne mechanische Vorteile in der Charakterentwicklung haben, ist das klassische Spiel sicherlich eher nötig.

    Um euch einen besseren Eindruck von meinem Sinneswandel zu vermitteln, würde ich gerne etwas ausholen. Eigentlich ist meine Lust auf Ballast abwerfen auch während einer Conan-Runde gekommen, die ich mit RuneQuest 6 bzw. jetzt Mythras gespielt habe:

    Die Charaktere wollten ein Nomadenlager beschützen, das von zamoranischen Banditen angegriffen wurde. Wir waren alle mit Herz und Seele in der Szene. Das feindliche Heer näherte sich, man hörte die Krieger befehle brüllen, während die einfachen Leute versuchten, ihre Lieben in Sicherheit zu bringen. Die ersten Gegner nähern sich johlend und schwertschwingend der schmalen Verteidigungslinie vor den Zelten ...

    [Schnitt. Immersion runterdimmen. Regelmodus an.]

    Zuerst haben wir die Massenkampfregeln verwendet, die noch einigermaßen schmal und abstrakt waren. Später ging es dann mit einzelnen Ini-Würfen weiter, und da RuneQuest 6 eine Königin der BRP-Spiele ist, hatten wir eine Menge "Spaß" mit Aktionspunkten, Trefferzonen, Erschöpfung, Spezialmanövern, Ansturm, Kampfbindung, Längenklassen von Waffen und passive Deckung durch Schilde. Es ist einfach alles berücksichtigt. Eigentlich super! Am Schluss waren wir aber etwas raus aus der ursprünglichen Szene, weil der Kampf sehr lange gedauert hat. Nicht falsch verstehen, das Regelwerk hat einen wohlverdienten Ehrenplatz auf meinem Regal. Es ist nur so unendlich viel zu beachten und abzuwickeln, wenn man den Kampf genau nach Regeln spielt.

    Natürlich ist CoC 7th. sehr viel leichter. Aber nach dieser Erfahrung brauchte ich wahrscheinlich eine Radikalkur, die sich bis jetzt auf all meine Runden auswirkt.

    Übrigens ist das einzige, was ich bei meinem Minimalsystem noch drin habe, ist ein Glückswurf (1W6+6) pro Sitzung. Der hilft den Spielern, wenn mal was auf der Kippe steht oder sie sich einfach sehr einen Erfolg wünschen. Zusätzlich gibt es einen ansparbaren Glückspunkt (-wurf), wenn jemand eine 12 auf 2W6 schafft.

    @Wahnsinn: Für die Beschreibung der aufkeimenden Ängste und Halluzinationen des Charakters braucht es ja auch keine Regeln. Nur die Notiz einer Diagnose und die passende Reaktion des Spielers. ;)


  • Unterm Strich kommt es sicherlich immer auf die Situation an, für wen und wo man jetzt leitet. Alte Hasen wollen oft ja auch gerne am Althergebrachten festhalten und spielen lieber klassisch. Kann ich sehr gut nachvollziehen, ginge mir unter anderen Umständen wahrscheinlich ähnlich. Auch die stilleren Spieler mitzunehmen halte ich für eine gute Sache. Versuche ich auch immer, spreche sie an und biete Spotlight, kann aber auch mit denen leben, die sich einfach nur zurücklehnen wollen. Gerade bei "Aufbauspielern", die gerne mechanische Vorteile in der Charakterentwicklung haben, ist das klassische Spiel sicherlich eher nötig.


    Mit meinen mehr als 30 Jahren Cthulhu Erfahrung bin ich ein alter Hase denke ich. Und bis zum erscheinen der 7. Auflage hab ich immer am alten festgehalten. Mit der 7E haben sich ein paar Stellschrauben geändert und mich schreckt es ab. Ich hab die 7E gelesen und erst gestern wieder geleitet. Aber ich befürworte Cthulhu Dark und tremulus. Warum? In der gestrigen Runde war der meistgenutze Wurf neben dem Bonuswurf (oder wie man das nennt, wenn die Spieler erzählen was sie wie machen um die 10er Stelle erneut zu werfen) der Glückswurf. Der Rest der Skills sind zu 3/4 überflüssig. Braucht man nicht. Kann ich also auch gleich regelärmer haben. Und die stillen Spieler hole ich ab in dem ich ihnen den Ball zu spiele, frage was sie machen etc. Die brauchen dann auch keine Skills.


    [...]Um euch einen besseren Eindruck von meinem Sinneswandel zu vermitteln, würde ich gerne etwas ausholen. Eigentlich ist meine Lust auf Ballast abwerfen auch während einer Conan-Runde gekommen, die ich mit RuneQuest 6 bzw. jetzt Mythras gespielt habe:

    Die Charaktere wollten ein Nomadenlager beschützen, das von zamoranischen Banditen angegriffen wurde. Wir waren alle mit Herz und Seele in der Szene. Das feindliche Heer näherte sich, man hörte die Krieger befehle brüllen, während die einfachen Leute versuchten, ihre Lieben in Sicherheit zu bringen. Die ersten Gegner nähern sich johlend und schwertschwingend der schmalen Verteidigungslinie vor den Zelten ...

    [Schnitt. Immersion runterdimmen. Regelmodus an.]
    [...]


    Kommt mir bekannt vor. Bei uns bzw. mir war es das Mythic Britain Setting mit Runequest.. Viel zu viele Regeln. Da kann man nie ein flüssiges Spielen ermöglichen. Ich würde jetzt die Barbarians of Lemuria Regeln verwenden. :lol: Ansonsten komme ich zum selben Ergebnis wie Du. Für mich ist weniger mehr. Das einzige was ich mir damit vergraule sind die von dir genannten "Aufbauspieler". Aber die sind bei einem anderen SL eh besser aufgehoben.

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