Lovecrafter Online – 049 – He who wrote in the Darkness
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Seanchui -
22. Februar 2021 um 12:00 -
1.446 Mal gelesen -
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Vorweg muss ich allerdings eines mit auf den Weg geben. Dieser Text versteht sich nicht als Rezension im herkömmlichen Sinne. Dazu bin ich schlicht nicht der rechte Ansprechpartner. Ich beschäftige mich zwar schon lange mit Lovecrafts Werk und mindestens ebenso lange mit der rollenspielerischen Rezeption desselben; in dieser Zeit kam ich natürlich auch nicht umhin, mich ein wenig mit der Person Lovecraft und seiner Biographie zu beschäftigen. Nichts desto trotz bin ich in diesem Bereich schlicht nicht bewandert genug, um He who wrote in the Darkness einem abschließenden Urteil zu unterziehen. Stattdessen möchte ich mit euch einen Blick in das Buch wagen und Eindrücke teilen.
Die harten Fakten
He who wrote in the Darkness liegt als großformatiger Hardcoverband in Vollfarbe vor. Das Buch ist 112 Seiten stark, von denen die meisten der eigentlichen Geschichte Lovecrafts gewidmet sind. Ein paar wenige Seiten enthalten Anmerkungen und kurze Abrisse der befreundeten Autoren, die in diesem Buch auftauchen.
Das Buch stammt aus der Feder von Alex Nikolavitch, der bereits einige Bücher veröffentlicht hat. Illustriert wurde es von dem Künstler-Team Gervasio, Aon & Lee, die einige Graphic Novels in ihrer Heimat Argentinien publiziert haben. Diese internationale Zusammenarbeit führt nun also zu He who wrote in the Darkness.
Inhalt
Das Buch beginnt 1925 mit dem Umzug Lovecrafts nach New York. Hier bezieht er ein schäbiges Mansardenzimmer, trennt sich von seiner Frau Sonia, hat Begegnungen mit Frank Belknap Long und anderen befreundeten Autoren. Von diesem Zeitpunkt an folgen wir Lovecraft auf verschiedenen Etappen durch sein Leben, sehen verschiedene Brotjobs, Umzüge, Freundschaften und auch immer wieder Momente, die ihn zu einer seiner Geschichten zu inspirieren scheinen. Auch der Niederschrift seiner Werke sind oft großformatige Panels gewidmet, in denen nicht nur der schreibende Lovecraft sondern auch sein Werk in ansprechenden Bildern porträtiert wird. Die gemeinsame Reise endet im März 1937 mit Lovecrafts Tod.
Eindrücke
Im Folgenden möchte ich einige undifferenzierte Eindrücke mit euch teilen, die ich beim Lesen des Bandes hatte. Zunächst einmal muss ich dem Band attestieren, dass er mein Bild, das ich von dem Autoren aus Providence hatte, gehörig erweitert hat. Schlussendlich war Lovecraft für mich stets ein grimmiger Mann, mit ernstem Blick und steifer Pose – so, wie er sich auf seinen wenigen Fotos gerne präsentierte. In meiner persönlichen Vorstellungswelt saß er stets im Halbdunkel an seiner Schreibmaschine und schwelgte in den kosmischen Welten, die er schuf. Nun, das mag auch durchaus so gewesen sein. Doch durch die visuelle Aufbereitung seines Lebens erhält man einen anderen Anteil am Leben Lovecrafts. Es war für mich überraschend und irgendwie doch so naheliegend, diesen Mann bei der Verrichtung alltäglicher Dinge zu sehen. Treffen mit seinen Freunden, Besorgungen, Vorstellungsgespräche, Reisen. Lachend in einem Lokal oder fasziniert flanierend über einen nächtlichen Friedhof. Diese Dinge sind aus seiner Biographie natürlich bekannt; Doch ist das Medium der Graphic Novel einfach ungewohnt und erreicht damit ihr Ziel, Lovecraft als Menschen zu portraitieren, ganz anders.
Ein zweiter Eindruck, der sich mir aufdrängte, war der oberflächliche Umgang mit den negativen Seiten von Lovecrafts Charakter. Ja, einige wenige Panels sind auch seinem Antisemitismus und seinem Fremdenhass gewidmet, wenn er beispielsweise laut über einige vorbeigehende Juden schimpft. Doch sind dies Randerscheinungen im Band, die von seinen Freunden auch eher lapidar kommentiert werden. Dass sich der Band damit, diese unschönen Charakterzüge Lovecrafts nahezu totzuschweigen, einen Gefallen tut, denke ich nicht.
Zu guter Letzt – und dafür musste ich mit meinem begrenzten Vorwissen allerdings die Recherchemaschine anwerfen – haben sich einige Ungenauigkeiten in die Biographie Lovecrafts eingeschlichen. So werden Zitate falsch verordnet oder Treffen mit Freunden an andere Orte verlegt, um der Geschichte – denn immerhin will Nikolavitch ja 12 Jahre in 100 Seiten darstellen – dienlich zu sein. Die Lovecraft-Forscher unter uns dürften sich daher das eine oder andere Mal zu Recht bei der Lektüre aufregen.
Abschluss
Was bleibt zum Abschluss des Artikels? Zunächst einmal ein Dank an dLG-Mitglied John, der mir bei der Einordnung der Lektüre half, denn sein Vorwissen rund um Lovecrafts Biographie übersteigt meines deutlich. Aber was gibt es zum Buch zu sagen? Es ist keine Leseempfehlung für Einsteiger, die sich einen „leichten” Zugang zu Lovecrafts Biographie erhofften. Dafür werden die problematischen Aspekte viel zu sanft gestreift. Und es ist auch kein Buch für Lovecraft-Forscher, die ob der historischen Ungenauigkeiten verprellt werden dürften. Es bleibt die Zielgruppe der Lovecraft-Fans und -Kenner, die einmal einen etwas anderen Blick auf den Autoren und Menschen Lovecraft werfen wollen. Für diese Gruppe ist He who wrote in the Darkness eine Empfehlung.
He who wrote in the Darkness
Pegasus Books 2018
ISBN: 978-1681778556
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