Lovecrafter Online – Rezension: Metempsychosen

Der Buchheim Verlag veröffentlicht bereits seit einiger Zeit deutsche Erstausgaben der amerikanischen Cemetery Dance-Reihe. Die Geschichte von Richard Chizmar und Cemetery Dance geht auf das vor 30 Jahren gegründete, gleichnamige Magazin zurück. Mittlerweile hat das Magazin mit seinen Sammler- und Vorzugsausgaben zahlreicher namhafter Autoren im Bereich Horror und Dark Suspense längst Kultstatus erreicht. Im Deutschen erscheinen die Bände in den Reihen „CDG Limited“ und „CDG Select“, wobei letztere kürzen Novellen mit lovecraftesken Bezügen vorbehalten ist. Hämmer auf Knochen wiederum ist der sechste Band der „CDG Select“-Reihe.
Die Autorin Cassandra Khaw hat für ihr Debüt Breakable Things den Bram-Stoker-Award erhalten. Weitere Werke aus ihrer Feder – darunter auch Hämmer auf Knochen – waren für den British Fantasy Award und den Locus Award nominiert. Für diese Vorzugsausgabe wurde darüber hinaus Vincent Chong als Illustrator gewonnen: dieser arbeitet sowohl an Buch- und Zeitschriftenillustration bis hin zu Produktionsdesigns für Film und Fernsehen. Chong wurde mit mehreren britischen Fantasy Awards ausgezeichnet und erhielt außerdem einen World Fantasy Award als bester Künstler. Doch genug der Vorschusslorbeeren: Wenden wir uns dem Inhalt zu.
John Persons ist ein Privatdetektiv mit einem unangenehmen Auftrag von einem ungewöhnlichen Kunden: Ein zehnjähriger Junge hat ihn angeheuert, um seinen Stiefvater McKinsey zu töten: einen missbräuchlichen, gewalttätigen und abscheulichen Mann. Während seiner Ermittlungen entdeckt Persons, dass McKinsey von einer fremden Präsenz befallen ist, die sich unaufhaltsam ausbreitet. Persons jedoch ist der ideale Jäger, wie sich im Laufe der Geschichte herausstellen wird. Denn auch der Detektiv ist von größerer Macht, als es sein Erscheinungsbild vermuten lässt und führt eine ganz eigene, uralte Existenz. Doch neben dem Kampf gegen das äußere und innere Monster ist da noch mehr, was Persons widerfahren wird.
Die Autorin wählt einen sehr direkten Einstieg in ihre Geschichte und hält sich nicht mit großen Erklärungen auf. Das ist einerseits ein gelungener Kniff, zieht es den Leser doch direkt in die Ereignisse hinein. Und diese beginnen sich sehr rasch zu überschlagen, denn die Entität, an deren Fersen John Persons Ermittlungen geheftet sind, breitet sich unaufhaltsam aus. Kein Wunder also, dass es mehr als eine unheimliche Begegnung in diesem Band gibt. Andererseits muss man sich durch die fehlenden Erklärungen viele Zusammenhänge selbst erschließen. Das gelingt zwar mit fortlaufender Lektüre recht mühelos, hinterlässt aber gerade am Anfang viele Fragezeichen. Und einige Tropen sind selbst dem versierten Lovecraftkenner so wohl nicht geläufig. Dem hohen Erzähltempo fallen zudem Charakterzeichnung und -tiefe zum Opfer – alle handelnden Personen werden gerade soweit charakterisiert, wie es für die direkte Handlung notwendig ist. Dabei sind die meisten Charaktere offensichtlich übersteigerte Karikaturen – was der Wirkung des Buches jedoch keinen Abbruch tut, sondern in seiner Häufung die Drastik noch verschärft. Die einzige Ausnahme ist die geheimnisvolle Kellnerin Sasha, welche deutlich mehr okkulte Geheimnisse in sich trägt, als Persons in diesem Band lüften kann.
Neben der Anlehnung an lovecraftsche Motive ist Hämmer auf Knochen zudem eine angenehm moderne Horrorerzählung, die nicht mit hohen Erzähltempo und Drastik spart. Das spiegelt sich sowohl in der oft vulgären Ausdrucksweise der Charaktere wider, als auch in der plastischen Beschreibung allerlei unschöner Dinge, welche im Rahmen von Persons Ermittlungen geschehen. Dabei prallen nicht nur die titelspendenden Hämmer auf Knochen, sondern es gibt auch allerlei andere Arten brutaler Gewalt. Khaw gelingt es dennoch, diese sehr direkten Passagen in ein wohlklingendes Gesamtpaket zu packen, welches mit bildhaften Vergleichen und gut geschriebenen Dialogen vollauf zu überzeugen weiß. Schlussendlich weiß mich Hämmer auf Knochen gerade wegen der bildhaften Sprache zu begeistern – auch, wenn ich mir ob der dem Band innewohnenden Hektik und den vielen offenen Fragezeichen am Ende der Lektüre gewünscht hätte, die Autorin hätte sich noch ein wenig mehr Zeit genommen.
Die vom Buchheim Verlag aufgelegte „Select“-Ausgabe liegt als stabiles Hardcover mit schicker Prägung und einem goldenen Lesebändchen vor. An der hervorragenden Haptik des Buches gibt es nichts zu Meckern und die Illustrationen von Vincent Chong runden – wenn es auch leider nur drei an der Zahl sind – die Vorzugsausgabe gelungen ab. Technisch gibt es damit überhaupt nichts zu meckern.
Fazit: Hämmer auf Knochen überträgt einige cthuloide Motive in eine moderne Horrorerzählung, ohne Lovecraft zu kopieren. Ein drastisches, wortgewaltiges, hektisches Werk, welches Genrefreunden gefallen wird.