Lovecrafter Online – Rezension: Und über allem der Hunger


Oliver Döring war von 2000 bis 2011 federführend als Regisseur an der John Sinclair Geisterjäger-Hörspielserie beteiligt, bevor er mit Alex Stelkens sein eigenes Label Imaga gründete. Hier setzt er zum einen eigene Visionen - wie die Reihen End of Time oder Foster - um, adaptiert aber auch unter dem Titel Phantastische Geschichten klassische Horror- und Gruselliteratur. In eben diese Reihe fällt auch die Adaption von Lovecrafts From Beyond, die Gegenstand dieser Rezension sein soll.
From Beyond gehört weder zu Lovecrafts bekannteren, noch zu seinen längeren Geschichten. Dennoch eignet sie sich von der Länge her sehr gut für eine Hörspiel-Adaption. "Ich bin in der Lage, kognitive Fähigkeiten zu aktivieren, die den ersten Lebewesen auf diesem Planeten zum Überleben verhalfen, die immer noch in unseren Genen, unserer evolutionären Geschichte verankert sind. Ich rede von einem Blick in andere Dimensionen, in die Dunkle Materie. Und vielleicht - von einem Blick über die letzte Grenze." Professor Tillinghast ist zurecht aufgeregt über seine neueste wissenschaftliche Entdeckung. Doch dass er seinen Freund Dr. Disell gleich ungefragt in die Experimente mit einbezieht, gefällt diesem gar nicht. Tilinghast muss sich entschuldigen, forscht alleine weiter und richtet dabei so manches Unheil an - denn der Blick in fremde Dimensionen ist gefährlich, ebenso gefährlich wie die Kreaturen, die hier existieren.
Döring transportiert Lovecrafts Geschichte in eine unbestimmte, aber moderne Gegenwart. Das führt zu einer deutlichen Modernisierung der Dialoge, insbesondere der Wortwahl der handelnden Akteure. Das wirkt erfrischend, wer sich aber lange mit Lovecraft beschäftigt hat, darf auch erst einmal mit der oft saloppen Sprache fremdeln. Dass darüber hinaus Themen wie Sex und Gewalt in einer modernen Adaption mehr Raum erhalten muss auch nicht jedem gefallen - auf jeden Fall erhöht das die Drastik des Hörspiels noch einmal. Dazu werden - wie bei Hörspielen oft üblich - neue Charaktere hinzuerfunden, um nicht zu oft lange Monologe vertonen zu müssen. Hier gelingt es Döring mit wenigen Nebencharakteren auszukommen, welche zudem die Handlung vorantreiben und somit in keinster Weise als störend empfunden werden können.
Technisch ist From Beyond absolut großartig umgesetzt. Das spielt zum einen auf die verwendeten Soundeffekte und Musikstücke an, welche von bester Qualität sind. Das schließt natürlich auch die Arbeit der Sprecher mit ein, welche allesamt ihre Rolle mit viel Freude ausfüllen. Das meint dieses Mal aber auch die Arbeit des Regisseurs Döring selbst, welche mich teilweise echt überrascht hat. So sind zwei verschiedene Szenen überlappend zusammengeschnitten, welche unterschiedlicher nicht sein könnten und doch gemeinsam auf einen schrecklichen Höhepunkt hin zusteuern - grandios! Es sind solche Effekte, welche das Genre Hörspiel neu beleben und zeigen, warum eine Hörspieladaption alter Geschichten auch eine gute Idee sein kann.
Fazit: Mich hat From Beyond vollends überzeugt. Wer vor einer modernisierten Adaption Lovecrafts nicht zurückschreckt, sollte ein Ohr riskieren.
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