Lovecrafter Online – Bilderstrecke: Weird Colors


Geh nicht in den Winterwald ist ein regelleichtes Erzählspiel, welches das Gefühl von gruseligen Lagerfeuergeschichten einfangen möchte. Es spielt in einem kleinen Dorf im Amerika der Kolonialzeit. Das Dorf liegt einsam, abseits aller größeren Städte. Die Bewohner sind fromme Menschen, die mit ehrlicher und harter Arbeit der umliegenden Natur ihr Auskommen abtrotzen. Ganz in der Nähe des Dorfes liegt der Winterwald, ein urtümliches Waldgebiet, in dem es unnatürlich kalt ist. Kein Wunder, dass sich die seltsamsten Geschichten um dieses gruselige Gebiet ranken...
Eröffnet wird das Buch dann auch mit den zahlreichen Lagerfeuergeschichten, die sich die Bewohner des Dorfes über den Winterwald zuraunen. Von Hexen ist hier die Rede, eigentümlichen Naturgeistern, verschwundenen Kindern, mörderischen Bestien und Menschen, die furchtbar verwandelt aus dem Wald zurückkehrten. Kinder, geht nicht in den Winterwald – das ist die eindeutige Botschaft hinter all diesen Schauermärchen. Das anschließend vorgestellte Regelsystem ist erwartungsgemäß rasch erklärt. Die Abenteuer behandeln Dorfbewohner, die – aus welchem Grund auch immer – den Winterwald betreten müssen. Hier werden ihnen schreckliche und unheimliche Dinge widerfahren. Wann immer ein Charakter Schaden – seelischer oder körperlicher Natur – erleidet, erhält er einen sogenannten Kältemarker. Etwaige Proben – beispielsweise für das Balancieren über einen umgestürzten Baumstamm – werden einfach mit einem W6 gegen die Anzahl vorhandener Kältemarker gewürfelt. Wer ein Wurfergebnis erzielt, das niedriger ist als seine aktuelle Anzahl Kältemarker, der scheitert – und erhält einen weiteren Marker. Wer schließlich sechs Kältemarker erhalten hat, scheidet aus der Geschichte aus. Dieser Mechanismus sorgt für eine besondere Dynamik: Was am Anfang der Geschichte noch einfach erscheint und gut gelingen mag, wird im Laufe des Abenteuers immer schwieriger. So steigt die Spannung zum Finale hin immer mehr an.
Grausige Festtage & Verlorene Pfade
Im Rahmen der Vorfinanzierungaktion für die deutsche Ausgabe von Geh nicht in den Winterwald wurden zwei Abenteuerbände angekündigt, welche zum einen grausige Geschichten aus dem Winterwald rund um verschiedene Feiertage präsentieren sollten, zum anderen neue Wege und andere Schauplätze erkunden wollten. In Grausige Festtage sind insgesamt fünf neue Erzählungen auf 52 Seiten versammelt. Zunächst widmet sich Verena Busch dem Valentinstag und erzählt die traurige Geschichte einer hoffnungslosen Liebe zwischen einem weißen Siedler und einer jungen Indianerin. Kaid Ramdani hat sich des Osterfestes angenommen und verbindet es mit der Cherokee-Sage um den Achaanwaapush, eine Art kannibalistischem Dämon in Hasengestalt. Sehr amerikanisch wird es dann bei Stefan Droste und seiner Legende um die fünf Patrioten, pünktlich zum Unabhängigkeitstag. Ralf Sandfuchs wiederum schreibt eine erstaunlich persönliche Geschichte rund um Thanksgiving, in der den Charakteren eine ganz eigene Rolle zukommt. Abgerundet wird der Band dann mit der Legende von den drei Weisen aus der Feder von Daniel Neugebauer, einer düsteren Geschichte voll offensichtlichen Anklängen bei Lovecraft, deren offenes Ende eine große Stärke ist.
In Verlorene Pfade wurde der Winterwald in verschiedene europäische Schauplätze verlegt. Als Schauplätze der Geschichten wurden Griechenland, Frankreich, Deutschland, Russland und Norwegen gewählt. Jedes Land wird mit einigen knappen Allgemeinplätzen vorgestellt, bevor die regionale Inkarnation des Winterwaldes näher vorgestellt wird. Dabei ist nicht jede Geschichte in einem Wald angesiedelt: in Frankreich müssen die unerschrockenen Reisenden eine finstere Moorlandschaft betreten, im alten Griechenland den Hades. In Russland wiederum ist es eisiger Nebel, der das einsame Dorf umgibt. Wie auch schon in den anderen Abenteuerbänden basieren die Szenarien auf lokalen Volkssagen und -mythen und interpretieren sie neu.
Schreckliches Halloween
Während die ersten beiden Abenteuerbände im Rahmen der Vorbestelleraktion für das eigentliche Grundspiel gleich mitfinanziert wurden, ist Schreckliches Halloween eine eigenständige Produktion. Im ersten Abenteuer, „Blutige Ernte“ bricht sich ein uralter Fluch Bahn. Die Charaktere müssen einige schwerwiegende Entscheidungen treffen, von denen das Schicksal des Dorfes abhängen wird. In „Der letzte Weg nach Hause“ begegnen die Charaktere einem Rachegeist, an dessen Unleben sie eine gewisse Mitschuld tragen. In „Die Mitternachtslaterne“ wird das beliebt-bekannte Motiv des Kopflosen Reiters aufgegriffen und gekonnt mit altertümlichen Bräuchen kombiniert. „Die Nacht der knisternden Haselnüsse“ bringt nicht nur eine gewisse Romantik an den Spieltisch, sondern auch den gnadenlosen Kampf zwischen zwei Göttinnen. „Im dunklen Spiegel“ wiederum führt die jugendlichen Charaktere in die Anderswelt, in der die Feen herrschen. Und „Zucker und Bindfäden“ erzählt die tragische Geschichte eines Dorfbewohners, der ein Unglück wieder gut machen möchte, für das er keine Schuld trägt.
Motivisch weiß mir Schreckliches Halloween durchaus zu gefallen. Zwar werden durchaus die „klassischen“ Halloween-Motive gestreift, doch liegt hier der Grund des Schreckens normalerweise nicht hinter Kürbismonstern oder wandelnden Vogelscheuchen verborgen. Vielmehr stehen das altertümliche Samhain-Fest, die Anderswelt mit ihren feenhaften Bewohnern und uralte Flüche im Zentrum der Geschichten. Das passt hervorragend zu dem Hintergrund des ursprünglichen Settings und ringt dem doch bereits recht arg strapazierten Halloween-Thema ein paar interessante, neue Aspekte ab.
Geh nicht in den Winterwald
System Matters
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