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Lovecrafter Online – Filmkritik: Midnight Meat Train

  • Michael H.
  • 11. März 2024 um 12:00
  • 1.271 Mal gelesen
  • 0 Antworten

Filmexperte Michael Holtermann ist wieder da! Dieses Mal entführt er uns in das blutige Universum des "Midnight Meat Train" - nichts für schwache Gemüter...

Der Einfluss Lovecrafts auf die moderne Geschichte der phantastischen Literatur zeigt sich auch im Fortbestand seiner Motive bei heutigen Autoren. Neben Stephen King gibt es auch im Werk des englischen Autors und Regisseurs Clive Barker Referenzen auf den Lovecraft-Kanon. Auf Barkers Kurzgeschichte beruht der von Ryuhei Kitamura inszenierte Film Midnight Meat Train von 2008, der dunkle Motive Lovecrafts mit den bizarren Visionen Barkers zu einem blutigen Alptraum verschmelzen lässt.

Inhalt
Fotograf Leon Kaufmann strebt nach dem großen Erfolg und Ruhm. Er möchte mit seinen dunklen Bildern und stimmungsvollen Porträts die düsteren und verfallenen Seiten New Yorks fühlbar machen und damit berühmt werden. Die Absage einer berühmten Galeristin trifft ihn sehr; seinen Bildern fehle es an echtem Biss und Drama. Leon stürzt sich noch tiefer in die gefährlichen Tiefen des Untergrunds, um verfluchte Orte und extreme Motive abzulichten. Seine Verlobte Maya hingegen betrachtet seine Obsessionen mit großer Skepsis. Eines Nachts verschwindet eine Frau, der Leon zuvor half und die er fotografierte, spurlos in der letzten Bahn. Leon beobachtet dabei eine mysteriöse, hünenhafte Gestalt in Anzug und mit Koffer.

Er verfolgt den Mann, der sich als Schlachter entpuppt, bis zu seinem Arbeitsplatz. Kurz darauf bleibt er ihm im letzten Zug auf den Fersen und beobachtet ihn bei einem furchtbaren Gemetzel an den letzten verbliebenen Passagieren der Bahn. Leon wird ohnmächtig und wacht am nächsten Tag mit einem seltsamen Zeichen auf der Brust in der Metzgerei auf. Weder die Polizei noch seine Verlobte wollen ihm die Geschichte so recht glauben. Die Polizei denkt, er sei nur auf Ruhm aus und verdächtigt ihn letztlich sogar, selbst an dem Verschwinden von Personen beteiligt zu sein. Maya glaubt eher an Halluzinationen oder Psychosen, da sich ihr Verlobter stark verändert hat. Der Vegetarier verändert sein ganzes Wesen und isst plötzlich blutiges Fleisch, entwickelt mehr fleischliche Gelüste und neigt zu Exzessen, verhält sich wie besessen. Mayas Nachforschungen bringen sie in Gefahr, letztlich landet sie im Midnight Meat Train auf dem Weg in die tiefe Welt verlassener Stationen. Leon hat sich derweil zum Ziel gesetzt, den Schlachter Mahogany zu stoppen. Er besteigt bewaffnet die gleiche Untergrundbahn. So kommt es zur entscheidenden Konfrontation in den tiefen Tunneln unter der Stadt, wo das Geheimnis des weiter ins Unbekannte rasenden Mitternachtszuges gelüftet wird.

Lovecrafteske Momente
Vorsicht: Hier geht es wieder einmal nicht ohne Spoiler!

Generell ist der Film eine recht gelungene Mischung aus vielerlei Motiven. Er enthält Slasher-Motive wie Elemente des Mystery Thrillers, Krimis und Horrorfilms. Die Stimmung ist kalt und düster, triste Umgebungen und aseptisch wirkende Zugabteile lassen frösteln und die von Lovecraft immer über alles beschworene Atmosphäre des Grauens spürbar werden. Paranoia und Angst sind spürbar.

Bereits früh gibt es Andeutungen über einen im Hintergrund tätigen Kult, der das Verschwinden der Menschen vertuschen möchte. Mahoganys Ringmotiv mit stilisiertem Stern- oder Sonnenemblem findet sich bei der Halskette der Polizistin wieder, andere fleischliche Markierungen tauchen bei auserwählten Menschen auf. Wir sehen den Zugführer als Eingeweihten und Mit-Kultisten, es scheint eine größere Verschwörung im Hintergrund zu geben. Wie in den Werken Lovecrafts wird dies angedeutet und wabert im Hintergrund, eine detaillierte Erklärung bleibt aus. Generell zieht sich die Lore der Geschichte und der Figuren schön leise im Hintergrund durch die Handlung.

Der Film ist damals vor allem für seine extrem blutigen “Schlachtplatten-Metzgereien” an den Passagieren bekannt und berüchtigt geworden. Lange Jahre war er in Deutschland nur gekürzt, wenn überhaupt erhältlich. Diese sind aber nur die Ausbrüche einer konstant schwelenden, düster-bedrohlichen Stimmung, die sich durch den gesamten Film zieht. Atmosphärisch wird hier vieles richtig gemacht.

Der Kult im Hintergrund beeinflusst Hauptperson Leon immer mehr und zieht ihn in die Tiefe bis zu seinem Verhängnis. Sein Streben nach Wissen, seine Faszination für das Geheimnisvolle und die Obsession mit dem Grauen besiegeln letztlich sein Schicksal. Das Geheimnis hinter den Kulissen, welches in der Tiefe lauert, versteht der Film bis zum Finale spannend zu verstecken, langsam im Hintergrund aufzubauen und erst am Ende zu enthüllen.

Das Grauen, das in der Tiefe lauert - seien es Höhlen, versunkene Städte oder eben U-Bahn-Schächte - ist ein klassisches Motiv Lovecrafts. Hier lauern die Monster wie in Pickmans Modell im Untergrund auf Menschenfleisch, und wie in Lovecrafts Erzählungen mit durchaus ‘grafischer’ Gewalt. Dass ein Protagonist sich immer mehr in Richtung des Bösen verändert, wurde meisterlich in The Shadow over Innsmouth vorgeführt und erzielt hier wie dort die angestrebte entsetzliche Wirkung. Das Schicksal Leons als vorherbestimmtes Ereignis ist eine weitere Parallele zur Geschichte Lovecrafts.

Die dunklen Götter in der Tiefe, die über Repräsentanten in der Oberwelt agieren und damit in gewisser Weise in Schach gehalten werden, sind ebenfalls klassisch lovecraftesk. Das Motiv des Menschenopfers ist seit The Horror at Red Hook dabei fester Bestandteil des Pakts mit dem Bösen, hier bis zum bitteren Ende konsequent umgesetzt. Einen wesentlichen Dissens in den Werken der Autoren zeigt der Film deutlich: Lovecraft referenziert auf das Unnennbare, Unbeschreibbare in seiner Darstellung des Grauens. Daran ist Barker nicht gelegen, erklärte er doch in einem Interview: “I’m not interested in a beast that the creator claims he can’t show me (Ich habe kein Interesse an einem Monster, von dem der Erschaffer sagt, er könne es mir nicht zeigen)”. Verständlich für einen Künstler, der gerne malt und grafisch explizite Filme herstellt. Wo Lovecraft meist seine Erzählung "abblendet", hält Barker wie der Film gnadenlos und schmerzhaft drauf.

Cinematographische Notizen
Autor Clive Barker war als ausführender Produzent an der Herstellung des Filmes beteiligt, hatte er doch selbst bereits einige eigene Filme erfolgreich umgesetzt. Neben dem berechtigt als Kultfilm der 80er geltenden Hellraiser noch Genre-Werke wie Cabal oder Lord of Illusions. Sein Einfluss im Horrorgenre des Films reicht bis heute, erhielt Hellraiser doch bisher 10(!) Fortsetzungen, ein sogenanntes Reboot erst letztes Jahr, 2023. Die ebenfalls von ihm geschaffene Kultfigur des Candyman kommt immerhin auf bisher vier Filme. Midnight Meat Train basiert auf der gleichnamigen Geschichte aus dem ersten Band der insgesamt sechs Bücher umfassenden Kurzgeschichtensammlung der Books of Blood.

Ryuhei Kitamura ist in Japan u.a. für die Filme Versus und Godzilla: Final Wars bekannt geworden und gab mit Midnight Meat Train sein US Debüt. Es folgten weitere Genrebeiträge wie No One Lives und Downrange.

Mit 15 Mio. Dollar Budget recht gut ausgestattet, sollte der Film groß gestartet werden. Leider gab es einen Führungswechsel bei der Produktionsfirma Lionsgate und der neue Chef hasste wohl den kontroversen Film. So kam er u.a. in sogenannten “Dollar-Theaters” für einen Dollar Eintritt zur Aufführung, was neben der hohen Altersfreigabe bzw. der oft aufgeführten, grässlich schlecht geschnittenen Version den Film schließlich nicht sehr erfolgreich werden ließ. Die Kritik nahm den Film durchaus wohlwollend auf und unter Horror-Enthusiast*innen gilt er als kleiner Geheimtipp und eine der besten Barker-Verfilmungen.

Viel seiner Atmosphäre verdankt der Film den kühlen Bilder mit einer eigenen optischen Ästhetik, die der Kameramann Jonathan Sela verwirklichte. Seine später in Filmen wie Deadpool 2 oder John Wick verfeinerte, sehr aktive und bewegliche Kameraarbeit trägt viel zur Stimmung des Filmes und Dynamik der Gewaltausbrüche bei. Die Schauspieler sind alle gut besetzt, Brooke Shields ist eine hervorragend schnippische Expertin, Leslie Bibb eine zweckmäßig sympathische Verlobte und Bradley Cooper - noch vor seinem großen Durchbruch in Hangover - als Protagonist in Ordnung. Ex-Fußballstar Vinnie Jones als mysteriöser Metzger ist aber die Figur, die durch ihre ikonische Darstellung und ihre düstere Geschichte das Ganze zusammenhält und über den Durchschnitt hinaus hebt. Jones Fußballer-Spitzname als rüder Abwehrspieler war “The Axe (die Axt)”, eine brutale Charakterisierung, die auf den eindrucksvollen Filmcharakter übertragen werden darf (vielleicht als The Hammer). Vor ihm kann man berechtigte Angst haben.

In Deutschland direkt um mehrere Minuten (ca. sieben) gekürzt und später indiziert, ist es bis heute schwer, die ungeschnittene Version zu sichten (Suche: Extended Director’s Cut). Gerade die sehr brutalen Morde in der U-Bahn, wo grafisch explizit gemetzelt wird, sind sonst nicht oder nur verstümmelt enthalten, vor allem bei den Streaming-Versionen des Filmes.

Bewertung
Clive Barker ist eine besondere Gestalt der Literatur und des Filmes. Gerade für die 80er galt er als “Zukunft des Horrors”, wie Stephen King es einmal formulierte. Er hat sicherlich den Boden bereitet, sei es die Themenwahl mit fließenden Genregrenzen zur Fantasy und anderen Genres als auch dem, wie er es beschrieben hat. Expliziter Sex, SM-Motive und offene Homosexualität waren Motive, die durchaus Tabus brachen und im damaligen Zeitalter von AIDS Sprengstoff beinhalteten. Seine durchaus oft nihilistischen, schockierenden und tristen Horrorgeschichten sind expliziter als die vieler Zeitgenossen und haben Protagonisten, die nicht zwangsläufig Sympathieträger sind.

Dies hat sich auf die Filme übertragen, mal besser (Candyman, Dread), mal schlechter (Rawhead Rex) umgesetzt. Seine eigenen filmischen Werke sind rundweg gut und lohnend, bei Adaptionen ist es ungleich schwieriger. Ein wenig Lovecraft ist in seinem Output fast immer zu finden, neben seinen eigenen Themen von Lust in Verbindung mit Schmerz oder dem Verfall der modernen Großstädte (Candyman und Midnight Meat Train). Midnight Meat Train ist dabei eine der gelungensten Umsetzungen des Werkes Barkers außerhalb seiner eigenen Filme, da hier die Kombination aus Geschichte und visueller Umsetzung gelungen ist und zu unterhalten weiß. Nicht alle Handlungen der Akteure sind logisch und die Figurenzeichnung ist eher zweckmäßig. Gerade bei den Nebencharakteren, die es in der Vorlage nicht gibt, merkt man das dürre Gerüst der Expansion der Geschichte leider doch an. Aber die gesamte Umsetzung weiß durch einen langsamen und stimmungsvollen Aufbau zu fesseln und mit klimakterischen und heftigen Gewaltausbrüchen so zu beeindrucken, dass man jederzeit ein Gefühl des Unbehagens verspürt und bis zum Ende gefesselt bleibt. Der Metzger stellt einen furchteinflößenden Filmbösewicht dar, der wirklich zu beunruhigen weiß. Er spricht erst zum Schluss ein einziges, bitterböses Wort und ist das finstere Herz des Filmes.

Die bei den Mordszenen eingesetzten CGI-Effekte sind leider nicht gut gealtert, sodass sich der Schockfaktor heutzutage in einigen dieser Szenen etwas in Grenzen hält. Für zart besaitete Gemüter sei hier aber trotzdem eine Warnung ausgesprochen: Betreten der Bahn auf eigene Gefahr, sonst bitte besser: Zurückbleiben von den Bahngleisen.

Fazit
Eine gute, stimmungsvolle, etwas unterschätzte Verfilmung der Geschichte von Clive Barker. Heftige und schmerzhafte Gewaltspitzen in einem mit einigen sehr bösen Momenten und einem soliden Lovecraft-Kern atmosphärisch umgesetzten Horrortrip. Eine blutige Fahrt nicht nur in die Tiefe des U-Bahn-Tunnel-Netzes einer verfallenen Großstadt und der in deren Katakomben lauernden Gefahr, sondern auch in die der menschlichen Abgründe…

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