Lovecrafter Online - 014 - Bericht vom Stammtisch in Hannover am 06.03.20
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Seanchui -
16. März 2020 um 14:30 -
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Am 06.03.2020 bin ich zu meinem ersten Stammtischtreffen der Deutschen Lovecraft Gesellschaft gefahren. Seit Januar diesen Jahres bin ich Vereinsmitglied. Für mich war es also das erste Treffen mit anderen Vereinsmitgliedern – entsprechend war ich sehr aufgeregt. Der Abend stand unter dem Motto „The Colour out of Space“ von H. P. Lovecraft. Die neue Verfilmung mit Nicolas Cage lief zufällig genau an diesem Abend in Hannover im Programmkino Lodderbast. Die Sterne standen also richtig für einen spannenden Abend. Wir trafen uns um 18.00 Uhr in Hannover zu einem gemeinsamen Essen im Taj Mahal. Um 21:15 Uhr begann dann der Film, nach einer kurzen Ansprache von Nils zum Leben und Werk von H. P. Lovecraft.
Farbe aus dem All“ in der Version vom Gruselkabinett. Es dämmerte bereits bei uns in den Bergen; obwohl es schon März ist, wird es bei uns immer noch sehr früh dunkel. Ich steuerte meinen Wagen gerade über die Weißwasserbrücke und musste schmunzeln. In der Geschichte fuhren die beiden Protagonisten gerade zur verfluchten Heide, um das Land für den Bau eines neuen Stausees zu vermessen; die Weißwasserbrücke führt über die Okertalsperre. Für den Bau dieser Talsperre wurde das Dorf Schulenberg verlegt. Die Reste dieses Ortes kann man noch heute bei sehr niedrigem Wasserstand sehen. Eine örtliche Gruselgeschichte besagt, dass man noch heute um 12 Uhr nachts die Glocken von Alt-Schulenberg schlagen hören könne. Was man unter diesen Wassermassen wohl ertränken wollte? Bisher hat mich die Staumauer bei uns und ihre Geschichte nicht wirklich interessiert, da das, was vor der eigenen Türe liegt, meist normal und uninteressant scheint. Durch die Parallelen zur Geschichte von Lovecraft hat sich das nun geändert.
Um pünktlich zu sein, musste ich bereits gegen 16.00 Uhr meine Heimstatt im Harz verlassen. Die längere Fahrtzeit sinnvoll nutzend, hörte ich auf der Fahrt „DieIm Taj Mahal angekommen, versammelte sich dann bald die kleine Gesellschaft. Immerhin sechs Gleichgesinnte fanden sich zusammen. Gesprochen wurde über vieles: Neben Rollenspiel und den Festa-Büchern war natürlich eins der bestimmenden Themen des Abends Lovecraft-Verfilmungen. Ich selbst habe als wirkliche Lovecraft-Verfilmung nur „Dagon“ gesehen, wobei ich das jetzt mit Absicht in Anführungszeichen setze. Des Weiteren wurde darüber gesprochen, wie man den Stammtisch weiter gestalten könnte. Der Vorschlag, alle 2-3 Monate einen Stammtisch in Hannover oder eventuell einen Wanderstammtisch zu veranstalten, fand allgemeine Zustimmung.
Filme nur im Originalton mit Untertiteln. (Anmerkung: Aufgrund der aktuellen Richtlinien im Rahmen der Coronavirus-Pandemie bleibt das Lodderbast bis zum 30. April geschlossen. Da dieser lange Schließungszeitraum für den Betrieb des Kinos sehr kritisch ist, haben die Besitzer auf ihrer Facebook-Seite den charmanten Vorschlag gemacht, zu Ostern Kino-Gutscheine zu verschenken. Wer dieses kleine Spezialitätenkino unterstützen will, findet die Gutscheine unter shop.lodderbast.de/gutscheine). Nach einer kurzen Ansprache von Frau Thomsen zum Kino und Nils zum Leben von H. P. Lovecraft sowie zur Buchvorlage begann dann der Film. Es waren in der Tat mehr Menschen wegen Lovecraft in dem Film als wegen Nicolas Cage, wie eine kurze Abstimmung ergab.
Anschließend machten wir uns auf den Weg zum Lodderbast und wurden sehr herzlich im Wohnzimmer von Wiebke und Johannes Thomsen begrüßt. Das Lodderbast ist das kleinste Kino der Welt, mit nur 20 Sitzen, und zeigtDer Film selber lässt mich etwas ratlos zurück. Wir standen nach dem Film noch eine Weile vor dem Kino und diskutierten über ihn. Ich persönlich finde den Film nicht schlecht, aber leider auch nicht sehr gut. Ich würde ihn als Mischung aus LSD-Trip, Monster-of-the-Week-Movie, Komödie, Horror (Nicolas Cage nackt unter der Dusche), Familien-Drama ohne Charakterentwicklung, dafür mit CGI-Monstrum beschreiben. Aber auch Elemente des „Zauberer von Oz“ habe ich wiedererkannt. Grade eine Szene am Brunnen mit diesen unwirklichen Blumen wirkte auf mich wie aus Pappmaché; an anderen Stellen sah das eingesetzte CGI wiederum echt gut aus, war aber für meinen Geschmack etwas übertrieben. Irgendwie habe ich nun rückblickend das Gefühl, der Film wollte zu viel. Jeder, der die Geschichte kennt, wird sie wiedererkennen, da fast alle Elemente wiederzufinden sind. Da ich aber auch nicht weiß, wie man es besser machen könnte, muss ich mich mit Kritik zurückhalten und bin froh darüber, dass es immer noch Filmemacher gibt, die sich an den Stoff wagen. Am Ende stand dann die Frage im Raum, was Lovecraft wohl über den Film denken würde. An dem Abend hatte ich für mich keine Antwort, inzwischen denke ich aber, vielleicht würde er sich freuen, dass seine Werke eine solche Aufmerksamkeit bekommen. Gleichzeitig kann es auch sein, dass er sich grade im Grabe umdreht.
Mein Fazit: Rückblickend bin ich sehr froh, den Weg auf mich genommen zu haben. Der Abend hat mir sehr viel Spaß gemacht und es ist schön, nun auch ein paar Gesichter hinter den Forennamen kennengelernt zu haben. Ich kann jedem Mitglied nur empfehlen, einmal einen Stammtisch zu besuchen oder bei sich in der Region einen zu organisieren, falls es noch keinen gibt.
– Jan Beyer-Kuschnierzik
P.S.: Falls Ihr Euch am Ende dieses Berichtes denkt, dass ich zu viele Themen behandelt habe und hin und wieder etwas abschweife, während ich andere Dinge aber stark verkürze und ich mich nicht auf die wichtigen Dinge des Abends beschränke: merkt euch das Gefühl. Denn genau das fühlte ich nach dem Film.
P.P.S.: Es ist stockfinster und die Straße wird nur von meinen Scheinwerfern beleuchtet. Ich sehe einige Tiere auf dem Weg nach Hause, aber zum Glück keinen „G-Punkt auf vier Pfoten“, oder andere mutierte Tiere. Andere Autos sieht man um diese Uhrzeit kaum. Trotzdem fühle ich mich beobachtet und muss unweigerlich immer mal wieder in den Rückspiegel schauen. Ich fahre an der Staumauer vorbei und muss an die Geschichte von Alt-Schulenberg denken. In der Geschichte Lovecrafts verlässt der Protagonist die Region komplett, um nicht das Wasser aus dem Stausee trinken zu müssen. Wir trinken das Wasser aus dem Stausee. Wer weiß, was da unten versenkt wurde? Mir läuft bei dem Gedanken ein Schauer über den Rücken.
Und ich glaube, ich werde die Geschichte des Stausees mal für eine eigene Pen-and-Paper-Runde nutzen. Ich bin inzwischen am anderen Ende der Weißwasserbrücke angekommen und fast zu Hause, als mich das Läuten der Glocken von Alt-Schulenberg aus den Gedanken reißt. Es ist wohl nun ab der Zeit, dass ich nach Hause in mein Bett komme, aber ob nach all den Ereignissen an diesem Abend an Schlaf zu denken ist… ich bin nicht sicher.