• Mit einiger Verzögerung möchte ich - wie immer - meinen Eindruck zum dritten Lovecrafter kundtun:

    Zunächst ist klar herauszustellen, wie professionell sich das Magazin liest und anfühlt. Wie zuvor haben wir es mit einem äußerst hochwertigen Produkt zu tun, welches dem Verein alle Ehre macht. Mir gefällt besonders gut, dass jedem Beitrag ein eigenes Layout gewidmet wird, welches ihn von den anderen abhebt. Die Stars dieser Ausgabe sind meiner Ansicht nach die mitwirkenden talentierten Künstler: Detlef Klewer, Johann Peterka und natürlich Marc Meiburg mit seinem bekannten "Wir brauchen dich". Jeder Stil ist in seiner Form einzigartig und gibt der Ausgabe Charakter. Ich hoffe sehr, in Zukunft mehr ihrer Werke im Rahmen der dLG genießen zu dürfen. Eine Kooperation wäre absolut wünschenswert.

    Nun aber ein Kommentar zu den einzelnen Beiträgen.

    Sowohl Vorwort als auch die Vereinsseite machen neugierig auf die dLG und ihre zukünftigen Projekte. Mir gefiel, dass eine Vorstellung des Künstlers Johann Peterka im Vorwort ein guter Anteil des Platzes zugestanden wurde. Von mir aus hätte es gerne noch mehr sein können - beispielsweise eine einseitige Vorstellung seiner Kunstrichtung, seiner bisherigen Werke etc.

    Der Artikel zu Ganymed Horror und Weird Fiction Times ist sauber recherchiert und aufbereitet. Mir ist sehr positiv in Erinnerung geblieben, dass eine realistisch-kritische Haltung der Autoren gegenüber dem gesichteten Material erhalten geblieben ist. Da hat die dLG ja wahrliche einen Schatz gehoben. Interessant wäre, was sich abgesehen von der Digitalisierung damit noch anstellen ließe ... Ich denke, da werden wir mehr von hören.

    Kern der Ausgabe ist das üppige Interview mit den Protagonisten der deutschen Verlagslandschaft. Abgerundet wird das Interview mit einigen begleitenden Texten, welche den jeweiligen Sprecher (derer es fünf gibt) kontextualisieren. Tatsächlich sind die zu Wort kommenden Stimmen recht unterschiedlich geartet, sodass sich teilweise Kontroversen entspinnen. Der Leiter des Interviews behält darüber einen kühlen Kopf und stellt, ohne sich je in den Vordergrund zu drängen, interessante und abwechselungsreiche Fragen. Gelegentlich erfreulich mit Nachdruck. Obwohl das überhaupt nicht in die Bewertung des Interviews einfließt, möchte ich nebenbei hinzufügen, dass ich einigen Ansichten der Interviewten stark widersprechen würde. Mitunter geht es da um die uralte Rassismus-Debatte zu Lovecraft, aber genug davon ...

    Es folgt ein knapper Artikel über die soziale Relevanz des Cthulhu Mythos im digitalen Zeitalter. Soweit sagen mir die Gedanken zu und regen zum Nachdenken an (was das Ziel des Artikels ist), könnten aber allesamt deutlich ausgefleischter präsentiert und unterfüttert werden. Es ist spürbar, dass der Autor das Wesentliche der einzelnen Mythoselemente zu extrahieren weiß, und gerade deswegen wäre ein etwas ausführlicherer Artikel bereichernd gewesen.

    Die Spielhilfe Zwischen Protest und Wahn, also Cthulhu im Jahr 1968, liest sich soweit gut und unterhaltsam, verbleibt aber bei losen Ideen. Einige davon könnten als Szenarioaufhänger taugen, bei anderen fehlt mir persönlich der unverwechselbare Bezug zum Jahr 1968. Statt viele Aufhänger hätten vielleicht etwas weniger und dafür ausgearbeitetere besser gewirkt.

    Das Abenteuer Der Treibende Holländer hinterlässt für mich einen zwiegespaltenen Eindruck. Das Setting regt an, und die Prämisse ist simpel genug, um in jeder Runde zu zünden, aber mir kam beim Lesen immer wieder 'Geisterbahn' in den Sinn. Abgesehen von den bereitgestellten SCs und dem 'Übeltäter' gibt es wenig Reizvolles - weder zum Erkunden noch zum Herausfinden noch zum Gruseln. Es fehlt mir an Kästen mit interessanten optionalen Elementen oder generell Aspekten mit Alleinstellungsmerkmal. Zwar ist das Abenteuer wohl bewusst minimalistisch gehalten, um schnell vorbereitbar zu sein und dem Spielleiter viel Raum für eigene Ideen zu liefern, aber das dort Gebotene ist mir zu wenig. Ich möchte an dieser Stelle ungern spoilen, deswegen belasse ich es dabei.
    Zwei Anmerkungen noch zur Aufbereitung: Ich hätte gut gefunden, wenn es am Anfang den Übersichtskasten gegeben hätte, wie lange das Szenario ungefähr dauert etc.
    Außerdem ist unglücklich gewählt, wie viele Seiten die ausgeführten SCs einnehmen. Fünf Stück sind einfach zu viele, zumal das Abenteuer genau diesen Platz an Seiten gut hätte vertragen können. Sofern die Charaktere nicht integral für den PLot sind (was sie hier nicht wirklich sind), wäre mein Vorschlag sie auf der dLG-Seite zur Verfügung zu stellen. Das reicht meiner Meinung nach vollends aus.

    Die Cthulhu Dark-Systemvorstellung ist soweit unterhaltsam, mich persönlich reizt ein dermaßen minimalistisches Erzählspiel allerdings nicht.

    Der cthuloide Brettspielartikel schließt die Ausgabe. Obwohl auch dieser Artikel unterhaltsam (wenn auch unangenehm tendenziös) geschrieben ist, ist mir das Bewertungskriterium (ein "Ermittlungsspiel") seltsam aufgestoßen. Anfangs und am Ende geben die Autoren die Zweifelhaftigkeit des Kriterium sogar offen zu: Warum also einen fünfseitigen Artikel darüber schreiben?
    Wer die kooperativen Strategiespiele (!) Arkham und Eldritch Horror kennt, wird sich denken können, dass investigative Tätigkeiten im Sinne von Rätselknacken, Kombinieren etc. überhaupt nicht von den Spielen berücksichtigt werden. Mit gewissen Einschränkungen ist das beim "Sieger" der Vorstellung, Villen des Wahnsinns, ähnlich geartet. Die Herangehensweise der Spiele an Ermittlungstätigkeiten sind nunmal abstrakte Würfelwürfe - ziemlich genau das, was im Rollenspiel auch immer wieder vorkommt.
    Für mich simulieren AH und EH unter dem Aspekt einer Erzählung in loser Anordnung die Begegnungen einer typischen Rollenspielrunde. Bei mir entspinnen sich regelmäßig kleine Geschichten und ich habe schon von Leuten gelesen, welche ihre Spielrunden als Spielbericht wie eine Kurzgeschichte niederschreiben. Dementsprechend ist AH wie eine manchmal mehr, manchmal weniger stimmungsvolle Kampagne in Lovecraft Country. Dabei sehe ich weder die von den Autoren festgestellte Langeweile noch die Ziellosigkeit. Auch war mir nicht klar, dass die Zusammenstellung der Erweiterungen ein so großes Problem darstellt. Ich spiele immer mit allen Erweiterungen, und das ist zugegebenermaßen fordernd und nicht jedermanns Sache. Aber was spricht dagegen, sich einfach eine kleine und eine große Erweiterung reinzumischen und loszuspielen?
    Einige Kriterien, welche gegen AH angeführt werden, sehe ich durchaus auch bei EH gegeben wie bspw. die (beinahe unvermeidbare) Abhängigkeit von Glück oder den Mangel an Kurzweil. Ich hatte von beiden Spielen bereits sehr anstrengende und sehr kurzweilige Partien. Schade ist, dass unerwähnt bleibt, wie viel Mühe sich EH gibt, individuell auf den Großen Alten zugeschnittene Partien zu generieren. Allerdings kommen mir die einzelnen restlichen Begegnungen dieses globalausgelegten Konflikts als willkürliche 'Flashlights' vor, welche ja eigentlich gegen ein Ermittlungsspiel sprechen sollten ... Zumindest wenn ich den Begriff richtig deute, was der Artikel nicht sehr einfach macht, finde ich.
    Naja, ohne weiter in die Tiefe steigen zu wollen, mir hat der Artikel leider überhaupt nicht gefallen. Der gewählte Ansatz scheint mir einfach nicht sinnvoll und die einzelnen Punkte mehr als diskutabel.

    Fazit

    Die dritte Ausgabe des Lovecrafter bleibt für mich leider hinter der letzten zurück. Der Eindruck insgesamt ist noch immer ein sehr positiver und ich merke, dass sich das Team mittlerweile eingespielt hat. Äußerst positiv ist das Zusammenspiel von Autoren und Künstlern herauszustellen. Jedoch sind einige Texte noch ein wenig knapp geraten, um vollends zu überzeugen.

    Ich bin mit der Ausgabe jedoch trotzdem zufrieden und danke allen Mitwirkenden für ihre mühevolle Arbeit.

    "Alpträume in Norwegen" - surrealer Horror vor der norwegischen Folklore

    "Hasenjagd" - ein rasanter Kleinstadt-Thriller zwischen Schwarzer Pädagogik und Gangsterkrimi

    Beide als eBook bei Yellow King Production auf allen Verkaufsplattformen verfügbar!

  • Mit einiger Verzögerung möchte ich - wie immer - meinen Eindruck zum dritten Lovecrafter kundtun:

    (...)

    Das Abenteuer Der Treibende Holländer hinterlässt für mich einen zwiegespaltenen Eindruck. Das Setting regt an, und die Prämisse ist simpel genug, um in jeder Runde zu zünden, aber mir kam beim Lesen immer wieder 'Geisterbahn' in den Sinn. Abgesehen von den bereitgestellten SCs und dem 'Übeltäter' gibt es wenig Reizvolles - weder zum Erkunden noch zum Herausfinden noch zum Gruseln. Es fehlt mir an Kästen mit interessanten optionalen Elementen oder generell Aspekten mit Alleinstellungsmerkmal. Zwar ist das Abenteuer wohl bewusst minimalistisch gehalten, um schnell vorbereitbar zu sein und dem Spielleiter viel Raum für eigene Ideen zu liefern, aber das dort Gebotene ist mir zu wenig. Ich möchte an dieser Stelle ungern spoilen, deswegen belasse ich es dabei.
    Zwei Anmerkungen noch zur Aufbereitung: Ich hätte gut gefunden, wenn es am Anfang den Übersichtskasten gegeben hätte, wie lange das Szenario ungefähr dauert etc.
    Außerdem ist unglücklich gewählt, wie viele Seiten die ausgeführten SCs einnehmen. Fünf Stück sind einfach zu viele, zumal das Abenteuer genau diesen Platz an Seiten gut hätte vertragen können. Sofern die Charaktere nicht integral für den PLot sind (was sie hier nicht wirklich sind), wäre mein Vorschlag sie auf der dLG-Seite zur Verfügung zu stellen. Das reicht meiner Meinung nach vollends aus.


    Danke für Dein ausführliches Feedback!

    Dazu noch kurz als Anmerkung meinerseits:

    Der Treibende Holländer entstand im Zuge des im Jahre 2017 ausgerufenen FHTAGN-Abenteuerwettbewerbs; dieser sah eine enge Zeichenbeschränkung vor (von denen einige Zeichen bereits auf strukturelle Themen wie Deckblatt mit Zusammenfassung etc. entfielen). Ziel war es tatsächlich, schnell vorbereit- und spielbares Material zu generieren.

    Im Zuge der Veröffentlichung im Lovecrafter hat Marcus zwar noch einmal viel Energie in das Abenteuer gesteckt, es steht aber natürlich dennoch nicht der gleiche Raum zur Verfügung, wie in einer Buchpublikation. Die Seitenanzahl und die Anzahl verfügbarer Artikel begrenzen die Möglichkeiten, weitere Optionen vorzustellen.

    Ich ganz persönlich bevorzuge allerdings auch tatsächlich Abenteuer, die dem SL nicht mit Optionsvielfalt und/oder Vorschlägen erschlagen, sondern den Raum offen lassen. Da unterscheiden sich wohl auch unsere Geschmäcker voneinander ;) .

  • Danke für die wertvolle Einrückung. :)

    Ich bin natürlich generell froh, ein Abenteuer im Lovecrafter zu haben.

    "Alpträume in Norwegen" - surrealer Horror vor der norwegischen Folklore

    "Hasenjagd" - ein rasanter Kleinstadt-Thriller zwischen Schwarzer Pädagogik und Gangsterkrimi

    Beide als eBook bei Yellow King Production auf allen Verkaufsplattformen verfügbar!

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