Lovecraft und deutsche "Klassiker"

  • Eine Frage dir mir heute in den Sinn kam: Wenn Lovecraft unter anderem auf "the cosmic Goethe" verweist, dessen "unknown words" die Fähigkeit haben "the ether with melodies easy to read and to adore" zu bereichern, hat er dann womöglich auch andere Autoren der Goethezeit (speziell Romantik) rezipiert? Autoren wie Ludwig Tieck oder E.T.A Hoffman geben ja genug "phantastisch - wundersame" Motive und Begebenheiten her die Lovecraft durchaus interessiert haben könnten. Die Frage ist nur, ob diese Texte in den 20er Jahren bereits ins Amerikanische übersetzt worden sind? Doch wenn Lovecraft scheinbar um Goethe wusste hatte er wohl irgendwie Zugang zur deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Wie seht ihr das?

    out of what crypt they crawl, i cannot tell

  • ETA Hoffmann findet Erwähnung in "Supernatural Horror in Literature". Leider befinde ich mich gerade nicht in der nähe meiner Bücher, aber ich bilde mir ein, dass er auch mit Gustav Meyrink vertraut war, der übrigens bereits in den 1920er Jahren ins Englische übersetzt wurde. Zu M. schrieb Lovecraft: “Also lapp’d up Gustav Meyrink’s The Golem, lent me by little Bobby Barlow. The most magnificent weird thing I’ve come across in aeons!” (to James F. Morton, 4 April 4 1935). Spätestens hier also liegt eine englische Übersetzung vor.

    Dann hat er auf philosophischer Ebene natürlich bis zu einem gewissen Grad Nietzsche rezipiert (anzunehmen wäre , dass er "Über Wahheit und Lüge im außermoralischen Sinne" gelesen hat) Außerdem hat er wohl Ernst Haeckel s "Die Welträtsel" gelese, eine ganz interessante Schrift, die quasi den Stand des allgemeinen Wissens über Naturwissenschaften etc zum Beginn des 20. Jahrhunderts aufzeigt.

    Für weitere Infos zu deutschen Autoren müsste ich schaun, wenn ich wieder daheim bin.

    “I couldn’t live a week without a private library – indeed, I’d part with all my furniture and squat and sleep on the floor before I’d let go of the 1500 or so books I possess.”
    H.P. Lovecraft in einem Brief vom 25. Februar/1. März 1929 an Woodburn Harris
  • Das ist ja schon mal interessant zu wissen. Danke dir. Dann muss ich "Supernatural Horror in Literature" noch lesen, ist eh schon überfällig.
    Für weitere Infos wäre ich natürlich dankbar.

    out of what crypt they crawl, i cannot tell

  • Fouqués "Undine" wird von ihm hochgelobt, wenn ich nicht irre.

    "Alpträume in Norwegen" - surrealer Horror vor der norwegischen Folklore

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  • Dank der umfangreichen Bestrebungen, einen Katalog von Lovecrafts persönlicher Bibliothek zu rekonstruieren, deren aktuellster Stand mit der vierten Auflage von Joshis und Schultz' "Lovecrafts's Library: A Catalogue" im letzten Jahr bei Hippocampus Press vorgelegt wurde, lässt sich recht gut nachvollziehen, welche deutschen "Klassiker" Lovecraft in welchen Auflagen rezipiert hat.

    So finden in der von Lovecraft selbst zusammengestellten Liste "Weird &c. Items in Library of H.P. Lovecraft" folgende Bände Erwähnung:

    Paul Busson: The man who was born again (=Die Wiedergeburt des Melchior Dronte)
    La Motte-Fouqué: Undine and Sintram (Sammlung)
    Leo Perutz: Master of the Day of Judgement (=Der Meister des jüngsten Tages)
    Oxenford & Feiling: Tales from the German: Comprising Specimens from the Most Celebrated Authors (Anthologie mit Hauff, Hoffmann, Tieck, Musaeus, Schiller usw.)
    Julian Hawthorne: The Lock and Key Library, Vo. 3 (Anthologie mit Hauff, Hoffmann, Meyrink usw.)

    ...und schließlich ist auch noch Dashielll Hammetts Anthologie "Creeps by Night" aufgeführt (in der Lovecraft ja auch selbst mit "The Music of Eric Zann" vertreten war), die eine Übersetzung von Ewers' Erzählung "Die Spinne" enthielt, in welcher S.T. Joshi einen Einfluß auf Lovecrafts "Haunter of the dark" auszumachen glaubt.

    Darüber hinaus sind im Hauptteil des Katalogs nicht allzu viele weitere Einträge von deutscher Provinienz auszumachen; bei Gelegenheit kann ich das aber gerne noch etwas detaillierter ausführen (und vor allem den Inhalt der obigen Anthologien aufschlüsseln).

    [font=Trebuchet MS,Helvetica,sans-serif]ET LAUDAVI MAGIS MORTUOS, QUAM VIVENTES.
    COHELETH 4:2[/font]

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