Spielererwartungen, Immersion und Metaspiel

  • Ja, das ist eine wichtige Erkenntnis, die gerade bei etwas weniger selbstsicheren Spielleitern teilweise zu lange braucht: Es ist nicht immer alles die eigne Schuld, manchmal sind auch einfach die Spieler doof ;)

  • Zitat

    Oliver Korpilla:
    Metaspiel hat oft einen ganz schlechten Ruf. Der Begriff umfasst Aktionen, die man macht, weil man Regeln, Spielwelt und die Struktur von Geschichten als Außenstehender verstanden hat. Es ist das Gegenteil von Immersion, weil wir ja nicht durch die Motivation der Spielfigur agieren, sondern weil wir mehr wissen, als der Charakter selbst.

    Der schlechte Ruf rührt daher, dass viele Spieler heutzutage Immersion wollen. Außerdem riecht Metaspiel oft nach dem Erlangen von Regelvorteilen und Powergaming. Und das ist ja auch oft der Fall – erfahrene Spieler kennen nun mal z.B. die Regelnachteile vieler Monster und wissen mehr über die Spielwelt als ihre Avatare. Sie können sich also gezielt Vorteile verschaffen, die ihrer Spielfigur so nicht offen stehen.

    Seit 1992 leite ich überwiegend unsere Spielrunden und betätige mich, aus Mangel an Spielleitern, eher selten als Spieler. Besonders das Problem des "Powergamings" macht mir momentan heftig zu schaffen. Während meine Frau stellenweise eine "oscarreife" Darstellung ihrer Charaktere hinlegt, wälzt ein anderer Spieler das Regelwerk (Warhammer), um sich die besten Werte/Steigerungen für ein Optimum an Attributen und Fertigkeiten herauszusuchen. Zwar kann dieser Spieler auch Rollenspielen, und das sogar richtig gut, doch liegt sein momentanes Interesse eher an einer gewissen Unantastbarkeit seiner Charaktere; und die möchte ich ihm so nicht gewähren.
    Warhammer ist nach wie vor mein Lieblingssystem, wobei ich eher sagen würde: Die Spielwelt. Das System kommt einem "Powergamer" sehr entgegen, da dieser seinen Charakter von der Erschaffung an schon komplett durchplanen kann.
    Nun habe ich das System von Warhammer auf RuneQuest/Renaissance gewechselt, was meinem Spieler nicht wirklich schmeckt. Meine Frau hingegen freut sich, endlich nicht mehr in einem starren Berufesystem eingepfercht zu sein. Sie lebt ihre Rollen wirklich aus (besonders bei Cthulhu GASLICHT). Weiterhin hoffe ich, dass mein "Problemkind" sich bald wieder fängt.

    • Offizieller Beitrag

    Ich möchte vorsichtig anmerken, dass das eigentlich kein Problem darstellt. Genauer gesagt hat dein Spieler kein Problem, wenn er das Spiel so auffasst, wie du es beschrieben hast. Das Problem ist, dass ihr ein unterschiedliches Verständnis des sogenannten Gruppenvertrages entwickelt habt.

    Rollenspiel ist so individuell, dass es für den einen eben Charakterspiel und für den anderen Werte steigern ist. Sofern die Gruppe, weil es eben mehrere für eine Runde braucht, das akzeptiert, ist alles in Ordnung.

    Das Problem ist erst dann eines, wenn es an dieser Stelle unterschiedliche Auffassungen gibt.

  • Was ich in solchen Fälle machen:
    Die Charaktere der Gruppe können durchaus auch unterschiedliche Reputationen haben. Sprich, wenn ein Charakter durch seine extreme Professionalität, Trittsicherheit in der Welt und überragende Fähigkeiten auffällt (und das tut der Charakter eines Powergamers), dann wird er den entsprechenden Ruf weg haben.
    Soezialisierte Vertreter einer Kunst (z.B. eines besonderen Kampfstils) werde sich nicht mehr als Lehrer zur Verfügung stellen, da sie ihre Kunst von ihm missverstanden fühlen, er wird verstärkt auf brandgefährliche Alleingänge geschickt, vielleicht fürchtet ein Vorgesetzter um seinen sicheren Sitz und wird den SC absichtlich in Gefahr bringen, usw.
    Ähnlich kompetente und ehrgeizige Nichtspieler-Charaktere werden auf den Charakter aufmerksam werden (mit entsprechenden Folgen. In der Shadowrun-Welt wären das z.B. Entführungen durch Mega-Cons oder Söldnereinheiten, Gangkriege mit hochkarätigeren Mafiabossen, irgendein angepisster High Level Runner, der dem Charakter das Leben schwer macht). Im Extremfall, sprich, wenn der Spieler nicht einen Gang runter fährt und den Charakter etwas mehr "low profile" spielt, führt das zum Tod des Charakters.
    Dann hat sich das Powergaming-Problem ohnehin gelöst, denn bis der Charakter wieder auf dem Level der anderen SCs ist, wird auch mit power-gaming Zeit vergehen.

    Natürlich läuft das wieder auf dieses Spielleiter vs. Spieler raus, das ich sehr hasse. Aber manche Spieler verstehen es nach einem "Knall vor den Bug". Wenn das nichts hilft bin zumindest ich inzwischen auf dem Punkt, dass ich den Spieler dann rausschmeisse.
    Wie Björn schon sagt, es herrscht immer Spielleitermangel, im Umkehrschluss immer Spielerüberschuss, man kann sich sowas also leisten.

  • Zitat von Case

    Ich möchte vorsichtig anmerken, dass das eigentlich kein Problem darstellt. Genauer gesagt hat dein Spieler kein Problem, wenn er das Spiel so auffasst, wie du es beschrieben hast. Das Problem ist, dass ihr ein unterschiedliches Verständnis des sogenannten Gruppenvertrages entwickelt habt.

    Rollenspiel ist so individuell, dass es für den einen eben Charakterspiel und für den anderen Werte steigern ist. Sofern die Gruppe, weil es eben mehrere für eine Runde braucht, das akzeptiert, ist alles in Ordnung.

    Das Problem ist erst dann eines, wenn es an dieser Stelle unterschiedliche Auffassungen gibt.

    Es ist genau so, wie Du es schreibst. ;) Wir haben eine andere Auffassung vom Spielen und seine geht momentan in eine Richtung, in die ich nicht gehen möchte. Schade ist nur, dass dieser Spieler unser bester Freund ist und ich bzw. wir ihn nur ungerne verlieren würden. Zwar würde der private Teil nicht zusammenbrechen, doch einen bitteren Beigeschmack würde es schon hinterlassen, wenn er dann zum Filmabend, zum Grillen oder zum Geburtstag etc. auftaucht. Sein Rollenspiel hat stark nachgelassen und er versucht sich ständig hinter der Fassade "starker Charaktere" zu verstecken. Als ich ihn damit konfrontierte, leugnete er es auch nicht. Einen Grund für diese Entwicklung nannte er nicht.

    Es ist auch nicht so, als wäre es nicht auszuhalten, aber die letzten Runden, besonders Cthulhu Gaslicht, zogen wir ihn immer nur irgendwie mit. In einem investigativen Rollenspiel ist das für die Atmosphäre eher abträglich.

  • Zitat

    Es ist auch nicht so, als wäre es nicht auszuhalten, aber die letzten Runden, besonders Cthulhu Gaslicht, zogen wir ihn immer nur irgendwie mit. In einem investigativen Rollenspiel ist das für die Atmosphäre eher abträglich.

    Woran lag es, dass ihr ihn mit durchziehen musstet? Hatte er schlicht keine Lust auf Cthulhu bzw. investigative Rollenspiele, oder will er mitmachen und du als SL gibt´s ihm keine Nische in der er "glänzen" kann.

    Im ersten Fall, er muss ja nicht mitspielen wenn man vorher klärt was gespielt werden soll. Im zweiten Fall gibt´s ja ein paar Kleinigkeiten die man ändern kann als SL um auch solche Spieler in´s Boot zu holen.

    Ich bin kein Freund von Sanktionen gegenüber Spielern, als Spielleiter sollte man sich zurücknehmen können und versuchen konstruktiv an so einen Spieler heranzugehen. Einem Powergamer immer noch größere Probleme zu bereiten, oder immer noch stärkere Gegner vorzusetzen bestärkt ihn schlussendlich nur in der Annahme das sein "Konstrukt" noch nicht der "King of the Hill" ist und damit weiterer Verbesserungen, bzw. Optimierungen bedarf. D.h. selbst wenn ein Charakter durch solch ein Wettrüsten vom Spielleiter aus dem Spiel "genommen" wird, heißt das beim Gegenüber nur "challenge accepted" und er wird da weiter machen wo er vorher aufgehört hat, nur noch genauer nach Möglichkeiten suchen einen starken Charakter zu bauen.

    Rollenspiel ist Kommunikation und Kommunikation folgt ein paar einfachen Regeln und ist immer Ursache und Wirkung. Jeder Teilnehmer gibt der Interaktion in der Beziehung (Spieler / Spielleiter) eine Struktur. Im obigen Beispiel wäre das Spieler = Powergamer = SL = mächtigere Monster = Spieler = mächtigerer Charakter usw. das ganze verläuft kreisförmig und es gilt immer, auf jeden "Reiz" folgt die Reaktion. Solange keiner die "Größe" hat diesen Kreislauf zu durchbrechen, und hier sehe ich die Verantwortung beim Spielleiter, wird sich dieser Spieler sich auch nicht ändern, bzw. der Kreislauf wird in sich geschlossen bleiben (egal bei welchem Charakter).

    Wenn du als SL jetzt weißt das dein Spieler gerne starke Charakter und Wertebewusst spielt nutz die Chance und gib ihm was zu tun, z.Bsp. als Beschützer der Gruppe. Nicht jeder Spieler MUSS per se ein Charakterspieler sein, so gerne man als SL das vielleicht hätte. Der Spieler selbst sollte sich nicht verbiegen müssen, weil er daran Spaß hat (solange es nicht direkt auf Kosten anderer Spieler geht, das versteht sich von selbst glaube ich) und wenn er Spaß hat, ein wertvolles Mitglied der Gruppe ist.

    Im Beispiel eines investigativen Rollenspiels gib diesem Spieler die Möglichkeit zu glänzen. Bau einen Kampf ein, selbst wenn es nicht sein muss, bau Situationen ein wo er mit seinen Werten weiter kommt. Eine einfache Tür ist ein gutes Beispiel.

    Der Charakterspieler wird vielleicht versuchen von Person X den Schlüssel durch gute Interaktion, ausspielen der Rolle usw. zu erhalten.

    Der Powergamer wird evt. auf seinen Wert 90 in "Schlösser öffnen", Stärke "90" oder jeden anderen sonst denkbaren Wert pochen um die Herausforderung zu lösen.

    Für die Gruppe insgesamt ist doch nur wichtig das sie die "Tür" überwinden um an das dahinterliegende Geheimnis zu kommen. Wenn du jetzt ein Abenteuer planst überleg dir in welcher Situation könnten reine Werte zum Erfolg führen, in welchen ist Rollenspiel gefragt. Während der Charakterspieler vielleicht die Bibliothek durchsucht könnte der Powergamer die Tür verteidigen um den anderen Spielern Zeit zu erkaufen. Selbst wenn das Abenteuer keinen Kampf vorsieht, liegt es ja am Spielleiter was er daraus macht. Klar, man kann nicht jede Situation so retten, aber zumindest kann man für genügend Abwechslung sorgen um beide Facetten zu bedienen.

    Ich bin immer dafür die Spieler zu belohnen nicht sie zu bestrafen und wenn man die Freiheit hat, kann man doch auf die jeweiligen Stärken und Schwächen der Spieler eingehen und diese fördern. Verbieten, Ausschließen, Drängen erzeugt nur Druck und der erzeugt immer Gegendruck und dann verliert das Spiel für alle an Reiz.

    Wenn der Powergamer sich hinter "Werte" versteckt weil er vielleicht kein so guter Charakterspieler ist, nicht so gut "rollenspielen" kann, dann reiche ihm die Hand und binde ihn mehr in die Story mit ein. Gib ihm mehr Verantwortung im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ein Plan, Gespräch oder ähnliches muss dann nicht bis auf´s letzte authentisch ausgespielt werden, sondern es würde doch reichen wenn der Powergamer auf seine Art an dem Gespräch teilnimmt. Auch wenn das evt. ein bisschen platt rüberkommt, du als SL kannst ihn ja anleiten, mitnehmen und ihm zeigen das auch Rollenspiel "light" zum Erfolg führen kann. So kann man ihn aufbauen, der exzellente Rollenspieler am Tisch neben ihm wird im Zweifelsfall die Szene durch gutes Charakterspiel retten, aber so sind alle Spielertypen involviert.

    Für mich gilt:

    - hol die Spieler da ab wo sie stehen
    - belohnen nicht sanktionieren
    - kritikfähig sein
    - sich selbst zurücknehmen können

    Es reicht nicht die Geschichte für einen, den idealisierten, favorisierten Spielertypen zu schreiben, sondern so dass alle am Tisch Spaß haben. Gerade wenn man befreundet ist, stehen die Chancen doch gut, so für alle ein Abenteuer zu einem Erlebnis zu machen.

  • Zitat

    - sich selbst zurücknehmen können

    Darin stimme ich dir nur teilweise zu, natürlich muss auch der SL mal zurückstecken können und sollte nicht immer darauf bestehen das letzte Wort zu haben. Aber auch der SL hat ja gewisse Erwartungen die er mit einer Sitzung oder dem Spiel allgemein verbindet. Oftmals scheinen die Spieler nicht einmal die leiseste Ahnung zu haben was man als SL teilweise an Zeit und Hingabe in die Vorbereitung steckt. Der Aufwand wird schlichtweg unterschätzt (ich kann da nur für meine Gruppen sprechen, aber das kommt bei anderern bestimmt Gruppen auch vor). Und wenn ich dann diesen Aufwand betreibe, dann sollte ich als SL auch das Recht haben auf gewisse "Regeln" zu bestehen, welche natürlich allgemein besprochen werden müssen und nicht einfach übers Knie gebrochen werden sollten. Aber dass ich mich als Spielleiter zurücknehme, nur um einem einzigen Spieler der aus der Reihe tanzt alles recht zu machen, würde ich persönlich nicht einsehen...natürlich kann man aber - wie von dir beschrieben - Kompromisse finden, was aber eben auch bedeutet, dass nicht nur der SL sondern auch der Spieler die Sache überdenkt.

    out of what crypt they crawl, i cannot tell

  • Zitat

    Darin stimme ich dir nur teilweise zu, natürlich muss auch der SL mal zurückstecken können und sollte nicht immer darauf bestehen das letzte Wort zu haben.

    Es geht ja nicht darum das letzte Wort zu haben, sondern in der von Björn beschriebenen Situation eine Strategie für sich zu entwickeln, die das Abenteuer nicht stört und den Spieler mitnimmt.

    Da kann man natürlich als SL "vorschreiben" wie meine Spieler zu spielen haben, das wird aber nicht funktionieren, einfach weil es vollkommen unterschiedliche Arten von Spielern gibt die aus unterschiedlichen Aspekten des Spiels ihre Motivation ziehen.

    Wenn der Spielleiter dann auf "seiner" Vorstellung beharrt wird er den Spieler verlieren, das ist lt. Björn nicht gewollt. Ein Gespräch hat nicht den nachhaltigen Erfolg gebracht. Da kann ich als SL jetzt auf "stur" schalten, aber das führt auch nicht zum Erfolg. Jetzt muss jeder selbst wissen was er als SL erreichen möchte. Wenn es nur darum geht das eigene Ego zu befriedigen weil man sehr viel Arbeit in die Vorbereitung gesteckt hat, ist das okay. Aber dann wäre es besser dem Spieler, der nicht nach dem eigenem Gusto spielt, gleich zu sagen, dass er nicht in die Gruppe passt. Ist für alle Beteiligten dann besser.

    Wenn es nur darum geht das er gelangweilt ist, evt. andere Aspekte des Spiels mehr bevorzugt, oder einfach nicht zwingend der gute Charakterspieler ist, habe ich als SL doch genügend Werkzeuge um auch für den Spieler und der Gruppe das Spiel zu einem guten Erlebnis zu machen. Die Frage ist einfach, muss ich als SL meinen Spielern meine Vorstellung von einem guten Spieler überstülpen, oder kann ich akzeptieren dass nicht jeder gleich spielt?

    Wenn ich als SL da akzeptieren kann, dass der Spieler vielleicht einfach andere Prioritäten im Spiel gesetzt hat, als andere Spieler ist es doch schon das zurücknehmen was es braucht um evt. auch auf den Spieler eingehen zu können. Man soll sich ja nicht selbst aufgeben, aber evt. hilft manchmal schon ein anderer Blickwinkel!?

  • Zitat

    Für mich gilt:

    - hol die Spieler da ab wo sie stehen
    - belohnen nicht sanktionieren
    - kritikfähig sein
    - sich selbst zurücknehmen können

    Grundsätzliche Zustimmung. Aber: der von Case erwähnte "Vertrag" muss intakt bleiben. Bei uns sind einige Runden in denen ich Spieler war gescheitert, weil es keine klare Vorgaben gab und Charakterspieler sowie Powergamer (und was es da noch so alles gibt) in der Runde waren. Das führt früher oder später nach meiner Erfahrung zu Frust auf beiden Seiten weil sich nie alle gleichermaßen zurücknehmen können - und der SL ist am Ende der Depp gewesen. In einer Runde habe ich lange versucht meinen Charakter mehr und mehr zu dem Aufmerksamkeit hascheden Powergamer zu verbiegen und ihn per Rollenspiel auf die Gruppe zuzubekommen. Hat bei reinen rollenspielerischen Szenen sehr gut geklappt, sobald es wieder zu Kämpfen / angespannten Situationen kam ging es jedes Mal schief. Obwohl IT vorher klare Absprachen getroffen wurden (mein Char führt die Verhandlungen mit den Gegenspielern, der Powergamer wartet aber und reagiert erst auf ein abgemachtes Zeichen). Lief wirklich super, war eine tolle, spannende Szene und irgendwann zog der Powergamer ein Lichtschwert (war in Star Wars) und wollte einen NSC enthaupten ... einen Grund hat keiner der übrigen Mitspieler dafür gesehen, noch der SL. Letztendlich scheiterte diese Runde.

    Wenn ich SL bin wissen die Spieler, was sie von mir erwarten können. Ich bin da denke ich sehr flexibel, aber wer nicht im Team kann und nur sein Ego durchprügeln will der braucht bei mir nicht mitspielen. Für ungewöhnliche Konzepte oder knifflige Dinge, die ein Spieler mal probieren will, bin ich immer offen. Wir bereiten dann nur eben auch eine "Exit" Strategie vor, damit man ausweichen kann, wenn es eben nicht funktioniert. Bisher läuft das gut, es gab keine Rundenabbrüche mehr, wir haben teilweise 2,5 Jahre an einem System gespielt und alle hatten Spaß. Hier sind die von TIE genannten Punkte dann wieder sehr wichtig. Aber für mich hat es Grenzen und wenn die individuellen Vorstellungen vom Rollenspiel nicht zusammen passen dann muss man auch mal jemandem den Zutritt zu einer Runde verweigern im Blick auf Spaß für die Mitspieler und ja, auch sich selbst.

  • In derartigen Situationen einfach ruhig Blut bewahren.
    So wichtig wie die Vielfalt der Gruppe im Spiel ist, so wichtig ist auch die Vielfalt der Gruppe am Tisch.
    Am Besten hat man den Schweiger, den Powergamer, den Ideengeber und den Charakterspieler in der Gruppe.
    Noch besser ist es, wenn die Spieler nicht nur Archetypen repräsentieren, sondern ein wenig von allem verkörpern würden. Nur Charakterspieler zu haben ist schön und gut, bringt dem Spiel viel Tiefe, den Plot aber selten wirklich voran.
    Jeder Spielertypus wird benötigt und bringt Vor- und Nachteile mit sich.

    Nur wenige Menschen sind stark genug, um die Wahrheit zu sagen und die Wahrheit zu hören.
    - Luc de Clapiers Marquis de Vauvenargues -

  • Ich war in meiner Rollenspielvergangenheit ganz überwiegend in der Position des Spielleiters. Vermutlich viel zu oft, als gut für mich ist.

    Einerseits sehe ich als Spieler die Arbeit und Mühen eines SL sehr deutlich, erkenne das auch an und versuche, den SL zu unterstützen. Ich meine, oft mehr als andere Spieler. Anderseits sind meine Erwartungen als Spieler an den SL aus dem gleichen Grund vermutlich inzwischen mitunter zu ... fordernd, anspruchsvoll ... ich finde nicht das ganz passende Wort. (Du wirst wissen was ich meine, Läuterer.) Die Subordination bzw. Akzeptanz des Vorgegebenen fällt mir heute (anders als früher) in bestimmten Situationen schon schwer. Ich muss mich erst umgewöhnen und mich immer wieder daran erinnern, nicht zu überlegen, wie ich eine bestimmte Situation als SL selbst angepackt hätte. Ich schätze mich darum selbst mal (derzeit) als schwierigen Spieler ein. Das vorab.

    Ich glaube, dass die Mischung unterschiedlicher Spielertypen in einer Runde eigentlich immer zum Spaß-Killer wird, wenn es sich wirklich um unterschiedliche Spielertypen und nicht nur geringfügig andere Gewichtungen handelt. In meinen Spielrunden hat es jedenfalls nicht funktioniert.

    Ich erinnere mich sehr gut an einer Runde, in der ich Spieler war, die Stück für Stück an Lustlosigkeit zerbröckelt ist, weil sich die unterschiedlichen Spielvorstellungen nicht vereinbaren ließen. Ein Powergamer, dessen Spielverhalten m.E. stark durch Computerspiele geprägt und sehr geradlinig war, hatte es im Laufe der Zeit geschafft, durch die zielgerichtete Optimierung seines Charakters seinen Willen immer gegen die ganze restliche Gruppe durchsetzen zu können. Wenn die anderen ihm nicht folgten, ging er eben alleine. Er brauchte den Rest der Gruppe nicht mehr. Und an den Punkt kamen wir immer, wenn andere Gruppenmitglieder Charakterspiel betrieben. Dann wurde ihm irgendwann langweilig und er maschierte alleine weiter, ließ uns notfalls einfach stehen. Warum auch nicht, er konnte es ja ... ob wir anderen dabei waren oder nicht, machte in Gefahrensituationen nicht mehr viel aus. Wollte die gesamte Gruppe sich in einen Konflikt nicht einmischen, irgendwo nicht angreifen, war es ihm gleich: Er erledigte die Sache im Alleingang und sackte alles alleine ein, wurde noch mächtiger, ... Und überzeuge mal einen Powergamer, seinen übermächtigen Charakter aufzugeben. Vor allem wozu: Es ist ja ohnehin auch mit neuen SCs recht schnell wieder alles beim alten.

    Will sagen: Wenn passionierte Charakterspieler auf echte Powergamer stoßen, gibt es meines Erachtens keine glückliche Durchmischung, sondern Frust bzw. Langeweile für mindestens eine Fraktion, wenn nicht für beide. Ich glaube inzwischen nicht mehr so recht an die Mischung. Inzwischen ist mir Zeit zu wertvoll geworden: Fallen die Erwartungen zu weit auseinander (sei es zwischen SL und Spielern oder zwischen einzelnen Spielern), sollte man besser rasch aufhören, als sich zu langweilen oder zu verbiegen. Ich würde mir auch als SL nicht mehr die Arbeit machen, eine Kampagne zu entwerfen oder vorzubereiten, wenn ich nicht der Überzeugung bin, dass die beteiligten Spieler harmonieren und auch bei der Stange bleiben.

  • Zitat von Joran

    Ich muss mich erst umgewöhnen und mich immer wieder daran erinnern, nicht zu überlegen, wie ich eine bestimmte Situation als SL selbst angepackt hätte.

    Das Problem kenne ich. Bei uns leite ich auch meistens, zum Glück gibt es aber in der letzten Zeit neue Spielleiter die es wirklich gut machen und mittlerweile fällt es mir wieder leichter in die SC Rolle zu fallen. Auf Cons hab ich damit überhaupt kein Problem, da bin ich nur neugierig wie andere SLs das machen.

    Deinen übrigen Einschätzungen bezüglich zu unterschiedlicher Spielertypen kann ich nur komplett zustimmen. Unsere Cthulhurunden haben eine gemeinsame Basis, nämlich Spaß und eine spannende Geschichte zu erleben. Nachdem wir uns seit Jahren kennen weiß jeder wann er gefordert ist und wann er sich zurück nimmt. Und auch als Charakterspieler sollte man natürlich immer den Plot im Auge behalten, es ist ja ein gemeinsames Spiel. Und ich mag weder den Powergamer noch den Charakterspieler die nur ihren Spaß sehen und die restliche Gruppe dann im Regen stehen lassen.

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