Lovecrafter Online - 003 - So viel Leben oder: Lovecraft unchained
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Nils -
20. Februar 2018 um 20:15 -
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Entdeckung einer Nonentity: Die Lovecraft-Forschung
Vorweg lässt sich bereits sagen, dass es sich bei der hier zu besprechenden Publikation um das zweifellos wichtigste Werk der bisherigen Lovecraft-Studien handelt. Dies liegt in der Hauptsache an ihrem Autor, den der Verlag als jemanden ankündigt, der in seinem Fach „nicht seinesgleichen“ habe. Dies klingt hoch gegriffen, aber es ist eine schlichte Tatsache.
Die Rede ist von Sunand Tryambak Joshi (*1958). Der gebürtige Inder wuchs in den USA auf und stieß bereits in früher Jugend in einer lokalen Bücherei auf H. P. Lovecraft. Er empfand dies als einschneidendes Erlebnis, das er noch heute lebhaft in Interviews zu schildern vermag. Als 1975 die erste Lovecraft-Biographie des amerikanischen Phantastik-Autors Lyon Sprague de Camp erschien (seinerzeit verantwortet vom renommierten Großverlag Doubleday), las der Professoren-Sohn die Arbeit und wurde dadurch aufmerksam auf den Mann und die Vorgänge hinter den übernatürlichen Geschichten. Es ist hier nicht der Ort, die weiteren Entwicklungen im Detail nachzuzeichnen, wobei die seit den 1970er Jahren beginnende, sich bis heute entwickelnde Lovecraft-Forschung selbst ein faszinierendes Studienobjekt darstellt.
Necronomicon Press. Dort gab er ab den 80er Jahren auch die Lovecraft Studies heraus. Er arbeitete dabei zum Teil eng mit anderen Lovecraft-Experten wie dem deutschstämmigen Historiker und Literaturkritiker Dirk W. Mosig und dem Theologen Robert M. Price zusammen, stand aber ebenso in Kontakt mit noch lebenden Zeitgenossen Lovecrafts wie J. Vernon Shea. In den 80er Jahren sah er für Arkham House Lovecrafts gesamtes fiktionales Werk durch und gab es in drei Bänden neu heraus. Es gab und gibt diverse andere Forscher, die sich mit Lovecraft befassten und befassen: Peter H. Cannon, Steven J. Mariconda, Darrell Schweitzer und Kenneth W. Faig Jr., um nur einige zu nennen. Betrachtet man das Werk dieser Leute, das sich im Regelfall auf bestimmte Verlage konzentriert (bspw. die Hippocampus Press und die Centipede Press), so ergibt sich ein heterogenes Gebilde verschiedener Schwerpunkte, das sich letztlich aber immer auf Lovecraft und angrenzende Personen oder Themen bezieht. Joshi arbeitet mit vielen dieser Interpreten immer wieder zusammen, zitiert sie, profitierte von ihren Arbeiten. Er selbst sticht dennoch aufgrund der Quantität seiner Forschungsgegenstände und der Qualität seiner jeweiligen Publikationen heraus. Er ist der einzige, der es vermochte, die Erkenntnisse aller Exponenten zu bündeln und sie in Synthese mit seinen eigenen enormen Kenntnissen der Briefe und der Literatur Lovecrafts zu einem Gesamtergebnis zu verschmelzen, das 1996 mit H. P. Lovecraft: A Life bereits für Furore sorgte und das 2010 ungekürzt in I Am Providence kulminierte. Es hat an Kenntnisreichtum, Akribie und Stil – um den Verlag abgewandelt zu zitieren – nicht seinesgleichen und stellt die erste Wahl für jeden dar, der sich fundiert mit Lovecraft befassen möchte.
Es gilt im Groben bezüglich Joshi festzuhalten, dass dieser sich tatsächlich ab dem genannten Zeitpunkt der akademischen und kritischen Erschließung Lovecrafts, seinem literarischen Zirkel, seinen Einflüssen und der weird fiction allgemein widmete und dies bis heute fortführt. Neben der Erlangung eines MA in Klassischen Altertumswissenschaften an der Brown University von Providence veröffentlichte er ab 1978 konstant zum Thema, sowohl in akademischen Verlagen wie der Ohio University Press als auch bei Spezialisten wie der von Marc A. Michaud kurz zuvor gegründetenDie Biographie
Joshi spannt den Bogen im ersten Band von der Genealogie der Familien Lovecraft und Phillips über seiner Geburt im Jahre 1890 bis zum 31.12.1924, rekonstruiert also rund die ersten 35 Jahre des Lebens HPLs. Er unterteilt diese Zeitspanne in chronologisch und thematisch nachvollziehbare Abschnitte, wobei sich die bearbeiteten Zeiträume doppeln können. So erzählt Joshi bspw. zweimal den wichtigen Abschnitt von 1914 – 1917 nach, also jene Zeit, in der Lovecraft aus der Versenkung auftaucht und beginnt, sich im Amateurjournalismus zu betätigen. Einmal liegt dabei der Blick auf den Lebenssituationen Lovecrafts und charakterlichen bzw. zwischenmenschlichen Betrachtungen, ein anderes Mal analysiert Joshi die in der entsprechenden Periode entstandene Lyrik und Prosa. Dabei muss der Leser bei aller zeitlichen Eingrenzbarkeit der Kapitel dennoch Obacht walten lassen, denn Joshi springt in Bezug auf sein konkretes Thema gern in Lovecrafts Leben hin und her, wenn es ihm sinnvoll erscheint. Er stellt dann Querverbindungen zu späteren Ereignissen her, schlägt Brücken in bereits behandelte Vergangenheit oder gar beides. Erzählerisch bettet er dieses Vorgehen sinnig ein, verteilt die Informationen zwischen Fließtext und kapitelbezogenen Endnoten, allerdings verlangt das dem Leser doch einiges ab, bei allen vorkommenden Personen und Ereignissen, die Joshi minutiös abhandelt, immer den Überblick zu behalten. Auch gibt er immer wieder thematische Exkurse, die mitunter vom eigentlichen Thema wegführen. Dies ist aber wohl bei einem Werk wie diesem nicht besser lösbar, wenn der Anspruch einer umfassenden Darstellung gewahrt bleiben soll und höchstens in Nuancen kritikwürdig.
Joshi ist oft für seinen Schreibstil und für seine vermeintliche Parteinahme kritisiert worden. Er schreibe wenig mitreißend, eher wie ein Buchhalter des lovecraftschen Lebens und dränge dem Leser ständig seine Standpunkte zu Lovecrafts Lebensweg und den behandelten literarischen Erzeugnissen auf, was Zweifel an der Wissenschaftlichkeit seiner Arbeit aufkommen lasse. Aus der Sicht des Rezensenten sind beide Urteile allerdings falsch oder zumindest nur sehr begrenzt haltbar.
S. T. Joshis Darstellung lässt stets Empathie und Humor erkennen, und entgegen oft geäußerter Darstellungen ist er ein Exponent der Lovecraft-Forschung, welcher sich nicht dazu verleiten lässt, zu spekulieren, zu psychologisieren und sein Objekt für Aussagen und Handlungen zu verurteilen. Joshi ist zwar kein studierter Literaturwissenschaftler und er selbst bezeichnet sich auch nicht als solchen, sondern als „critic“, mithin als Vertreter einer Stoßrichtung, die konfrontativ angelegt ist und herausgearbeitete Standpunkte konsequent vertritt. Seine Methode ist dennoch wissenschaftlich untadelig. Er geht akribisch vor, belegt in hoher Dichte und greift auf einen beachtlichen, kaum zu vergrößernden Pool an Quellen und Sekundärliteratur zurück. Wo also eine rein auf wissenschaftliche Erkenntnis ausgelegte Arbeit sich mit belastbarer Auflistung begnügt, geht Joshi weiter und mischt sich in den Diskurs ein. Dies tut er vor allem bei der Literatur, wo er eben nach jahrzehntelanger wissenschaftlicher und verlegerischer Auseinandersetzung zweifelsfrei als Experte gelten kann. Freilich: Wenn er dazu anhebt, eine dem Leser möglicherweise zusagende Erzählung als „literarisch unbedeutend“ abzukanzeln, einem Amateurartikel, der dem Leser Freude bereitete, einen „Hang zu Geschwätzigkeit“ zu attestieren oder eine Lyrik, die lediglich Achselzucken beim Leser hervorrief, als „hübsch, herzerwärmend und gefällig“ ausweist; ja, dann steht man möglicherweise im Widerspruch zum Kritiker Joshi, fühlt sich bevormundet und möchte energisch widersprechen. Man darf dabei aber das eigene emotionale Moment nicht überbewerten und muss stattdessen schauen, welche Argumente sich anbieten, und solche hat Joshi mannigfaltig im Gepäck. Studiert man die jeweiligen Stellen genau, so lässt sich fast immer ausreichend herleiten, wie Joshi zu seiner Ansicht gelangte.
Geht es um Lovecrafts Leben und seine kritischen Momente, bspw. seinen berüchtigten Rassismus oder sein obskures Liebesleben, so hält sich Joshi mit Werturteilen und Exploitationen messbar zurück (dafür sind andere zuständig, wie sich zeigen wird). Er verdeutlicht die Dinge im ausreichenden Maße, zitiert ausgiebig und lässt die Ambivalenz des Charakters für sich sprechen. Kaum eine Textstelle, wo er subjektive Positionen durchschimmern lässt und wenn es soweit kommt, Erklärungen anbieten zu können, so zieht sich der Mensch S. T. Joshi zurück und verweist auf Komplexitäten der conditio humana. Wo er spekuliert, tut er dies kenntnisreich und in engen Arealen, setzt sich selbst Grenzen und warnt vor küchenpsychologischer Hysterie und politisch-dramatischem Verdikt. Joshis Stil und seine kritischen Ansichten zur Literatur mögen anfechtbar und eine Frage des Geschmacks sein; seine wissenschaftliche Methodik und sein einfühlsamer, differenzierter Umgang mit einem Menschenleben sind dies nicht.
Vor Joshi: Anmerkungen zu Lyon Sprague de Camp
H.P. Lovecraft. Diese erschien 1975 und blieb lange das umfangreichste Werk zum Leben des Autors aus Providence, Rhode Island. Natürlich hatte es schon vorher Quellentexte von Zeitgenossen Lovecrafts gegeben (zum Beispiel den von W. Paul Cook herausgegebenen Sammelband In Memoriam: Howard Phillips Lovecraft von 1941), aber ein außenstehender Biograph, der Lovecraft nicht persönlich oder zumindest brieflich gekannt hatte, war vor dem SF- und Fantasy-Autor de Camp nicht auf den Plan getreten. Sein Buch konnte – zumindest bisher – auch als prägender für den deutschen Sprachraum angesehen werden als Joshis Arbeiten. Denn während von Joshi maximal kurze Aufsätze zu Lovecraft in Sammelbänden erschienen, wurde de Camp in den 80er Jahren bei Ullstein (gekürzt) und später bei Festa (ungekürzt) verlegt.
Wie bereits erwähnt war de Camp Autor der ersten Biographie überEs soll hier hinsichtlich der beiden Biographien keine kleinteilige vergleichende Studie vorgelegt werden. Wer sich im englischsprachigen Fantum bewegt, der weiß, die Lager sind gespalten und Diskussionen werden oft recht emotional geführt. Auch hier ist es nur recht und billig, eine klare Meinung zu artikulieren und in Ansätzen zu untermauern, um sich nicht in allzu diplomatischer Beliebigkeit zu verlieren. Bei der Wahl der Lektüre spielt die Stilfrage im Regelfall eine große Rolle und da unterscheiden sich Joshi und de Camp. Joshis Schreibweise wurde bereits beschrieben. Sprague de Camp schreibt völlig anders, er befleißigt sich eines schnellen, zusammenfassenden Stils, der hier über Feinheiten hinweggeht, während er dort einzelne Aspekte geradezu ausbeutet.
Was die Sauberkeit der Methode betrifft, kann de Camp seinem Nachfolger nicht im Mindesten das Wasser reichen. Er beschreibt zwar im Vorwort seine vermeintliche Zuneigung zu Lovecraft (die für eine biographische Arbeit nicht vorhanden sein muss, de Camp scheint hier etwas zu taktieren), scheut sich dann aber in seinen Ausführungen nicht, Lovecraft persönlich anzugreifen, ihn für getroffene Entscheidungen und charakterliche Defizite zu geißeln und Eigenarten seines Subjekts gnadenlos über die Seiten zu treiben. So ist es für den studierten Ingenieur Lyon Sprague de Camp nicht begreiflich, wie man als Mann einfach in seiner Stube hocken und Briefe schreiben kann, ohne einem Beruf nachzugehen oder sich in der Welt sonst wie zu betätigen. Hier klingen seine Sätze so, als wäre er bei dieser Vorstellung beinahe von seinem Schemel gekippt. Das Publikum – also die kontemporären amerikanischen Leser – nimmt er dabei gern zu sich ins Boot, indem er sie anbiedernd als mobile Erfolgstypen idealisiert, die natürlich ebenso kein Verständnis für solche Schnurren haben können. In ähnlichem Duktus geht es an vielen Stellen weiter, wenn Lovecraft zum Beispiel lieber in New York bleiben will, anstatt im mittleren Westen Herausgeber von Weird Tales zu werden. Auch Lovecrafts Sexualität scheint de Camp ein so unbegreifliches Mysterium gewesen zu sein, dass er Aspekte, die bei Joshi in wenigen Sätzen völlig ausreichend abgehandelt werden, über buchstäblich mehrere Seiten ausbreitet und sich dabei teilweise wie ein Sensationsreporter geriert. Seine Quellen zitiert de Camp nicht sehr sauber (ein Literaturverzeichnis fehlt gänzlich, zumindest in der Festa-Ausgabe), auch scheut er sich nicht, mündliche Aussagen als alleinige Stütze heranzuziehen.
Diese Gegenüberstellung der Arbeit de Camps soll genügen, um die Unterschiede zu skizzieren. Wer sich einen gewissen Überblick verschaffen will und eine schnelle Feder schätzt, die sonst hyperboräische Klingen schwingt und sich durch den Weltraum kämpft (siehe seine Conan-Pastiches und SF-Stories), der kann de Camp durchaus mit Gewinn lesen, muss aber eben methodische Mängel und eine arge moralische Schlagseite in Kauf nehmen. Wer es genau wissen will und eine empathische Eloquenz eher zu schätzen weiß, der liest Joshi. Das Argument, Joshi verdanke de Camp eine Menge hinsichtlich seiner eigenen Arbeit, kann bei genauem Studium der Bücher nicht gelten.
Ein Wagnis wird Realität: Die deutsche Ausgabe
Mit dem Entschluss, Joshis Zweibänder nach Deutschland zu holen, ist der Golkonda Verlag ein außerordentliches Risiko eingegangen. Verleger Hannes Riffel hatte dies im Interview mit dem Lovecrafter (Nr. 0 , 2016) freimütig eingeräumt, aber gleichzeitig auch seinem Enthusiasmus für ein solches Pionierprojekt Ausdruck verliehen. Gewürdigt werden kann und muss in jedem Fall die Vollendung der Unternehmung nach etwas holperiger Wegstrecke, die es nun den deutschen Lesern ermöglicht, am Standardwerk der biographischen Lovecraft-Forschung zu partizipieren. Verantwortlich für die Übersetzung zeichnet im Alleingang der Literatur- und Religionswissenschaftler Andreas Fliedner aus der Pfalz, der sich als Mitherausgeber der Edition Nachtgänge der unheimlichen Literatur verschrieb und für Golkonda bereits den Fall Charles Dexter Ward mit Anmerkungen von Joshi übertrug. Auch im „Konkurrenzprojekt“ von Fischer Tor, dem New Annotated Lovecraft (deutsch: H. P. Lovecraft. Das Werk) von Leslie S. Klinger, war er tätig. Aus dieser Perspektive gibt es denn auch nichts zu beklagen, die Übertragung ist Fliedner ausgezeichnet gelungen. Die Kapitel lesen sich flüssig und Joshis Stil wurde tadellos eingefangen. Positiv zu vermerken sind auch diverse Anmerkungen, die Fliedner den Endnoten Joshis speziell für den deutschen Leser hinzufügte, wobei sich hier auch eine Kritik anschließen muss.
Das schmissige Vorwort Michael Siefeners offeriert eine „ungekürzte Fassung“ der Biographie. Ob dies letztlich vollends gelingen konnte, ist allerdings fraglich. Es ist völlig klar, dass Übersetzung von Literatur auch immer eine Übertragung von einer Sprache in andere Sprachen bedeutet. Ein hoch sensibler und heute leider oft schwer unterschätzter Vorgang, bei dem komplexe Kommunikationssysteme aufeinander abgestimmt werden, der Text jedoch auch am Ende so re-kodifiziert werden muss, dass er die Sprache des Lesers spricht, was im Zweifel auch an Stil, Wissenstand und Tonlage einer dezidierten Zielgruppe gebunden ist. Dabei ist im Ergebnis zu beachten, dass zwar eine deutsche Ausgabe in den wesentlichen Inhalten – also „ungekürzt“ – übertragen werden und dennoch marginales Material an den Rändern durch den Übertragungsvorgang verlustig gehen kann. Ganz eindeutig ist dies nicht. Im Falle von H. P. Lovecraft – Leben und Werk haben Übersetzer Andreas Fliedner und Lektor Andy Hahnemann den nachvollziehbaren und löblichen Versuch unternommen, dem deutsche Publikum eine Fassung zu erstellen, die auf die Zielgruppe zugeschnitten ist, einen Mehrwert gegenüber dem Original darstellt und dennoch mit textlichem Arrangement und einer Informationsverdichtung so arbeitet, dass eine 1:1-Kopie der Vorlage nicht am Ende steht. Auffällig ist dies besonders in den Endnoten, die teils erheblich von der Vorlage abweichen, was insgesamt wenig bedeutsam ist. An wenigen Stellen sind so allerdings doch Informationen der Verdichtung gewichen, was schließlich besagt, dass bis ins letzte Detail akribische Leser möglicherweise doch noch Joshis Original zu Rate ziehen müssen, wenn sie weiterforschen wollen. Eine harte Unterscheidung zwischen „gekürzt“ und „ungekürzt“ erscheint vor dem Hintergrund zu brachial. Eindeutig bemängeln muss man ausschließlich die Manuskriptprüfung des Lektorats, denn es haben sich besonders auf den ersten 250 Seiten derartig viele Tippfehler eingeschlichen, dass der Lesegenuss teils doch getrübt wird.
Fazit: Ein Meilenstein
Es fiel nicht leicht, die erste deutsche Übersetzung des zweifellos wichtigsten Lovecraft-Sekundärwerkes ausgewogen zu besprechen. Wo auf der einen Seite die Begeisterung für das Projekt eines kleinen Verlages mit Phantastik-Schwerpunkt und die Ehrfurcht vor einer bestechend gelungenen Übersetzungsleistung standen, schlugen auf der gegenüberliegenden Seite dennoch eine gewisse Kritik an der Bearbeitung und ein vermeidbares Aufkommen an grammatikalischen Fehlern zu Buche. Unter dem Strich kann aber nichts geringeres als eine neue Wegmarke der Lovecraft-Wahrnehmung in Deutschland von epochalen Ausmaßen konstatiert werden. HPL findet durch die Übersetzung viele neue Leser, die sich nun auch für biographische Verbindungen interessieren. Die Aufmerksamkeit für Lovecrafts Leben und Werk steigt durch Golkondas Arbeit auch medial, wie sich zuletzt immer wieder beobachten ließ. Leider beginnt die ernsthafte Lovecraft-Forschung aus Übersee erst langsam, ihren Weg zu uns zu finden, und abseits von anspruchsvollen Amateur-Projekten wie den Arkham Insiders einen ausgeprägteren Resonanzraum zu eröffnen, aber es ist nicht zu spät. Im Gegenteil: Es fängt gerade erst an. Nicht zuletzt die Deutsche Lovecraft Gesellschaft ist angetreten, gemäß den Möglichkeiten ihren Beitrag dazu zu leisten. Auch Golkonda wird dranbleiben und mit dem zweiten Band von I Am Providence (hoffentlich) noch dieses Jahr nachlegen. Etablierte Kleinverlage wie Festa haben das Fach ebenfalls für sich entdeckt und publizieren aktuelle Studien. Man muss Michael Siefener absolut Recht geben: Für Adepten des kosmischen Grauens in Deutschland standen die Sterne nie so günstig.
(Nachbemerkung: Ich bedanke mich bei Niels-Gerrit Horz und Axel Weiß, die mir bei der Erarbeitung des Textes eine wertvolle Hilfe waren.)