Podcast: H.P. Lovecraft | Religionskritik in "The Wicker Man", "Equus" und "Midsommar"

  • Die dLG war in Form von Stefan M. Preis und mir zu Gast auf dem Youtube-Kanal Filme, Serien und Stars

    Zitat

    In unserem Podcast zu H. P. Lovecraft sprechen Stefan Preis und Nils Gampert über den Atheismus und die Religionskritik in den Filmen THE WICKER MAN (1973), EQUUS (1977), MIDSOMMAR (2019) und weiteren Filmen.

    Wer youtube nicht so gerne mag, kann sich auf eine Veröffentlichung der Folge im Rahmen des dLG-Radios gen September freuen. :)

    Hier entlang:

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  • Sehr spannend, vielen Dank dafür! Insbesondere den Aspekt des 'beobachtenden Gottes' habe ich noch nie so sehr überdacht. Das kann ja auch eine wundervolle Anknüpfung ans Thema Blickökonomie im Film sein.

    Zum Thema 'Pessimismus': Es gibt im 'Wicker Man' ja auch den Ausruf Howies, Lord Summerisle wäre als Nächstes dran, wenn das diesjährige Opfer nicht funktioniere. Das macht nochmal etwas auf, was, ich glaube(!?) in der wenige Jahre alten Folk-Horror-Dokumentation von Kier-La Janisse stark gemacht wird: Die Insulaner sind nicht alle gleich, sondern die Summerisles als dekadentes und bröckelndes Adelsgeschlecht binden dem 'Folk' einerseits einen Bären auf, um ihre Macht zu erhalten. Andererseits laufen sie bzw. ihr letzter Spross eben auch Gefahr, den von ihm selbst geförderten paganen Ideen zum Opfer zu fallen.

    Ich bin allerdings skeptisch, ob die abschließenden Tötungen alleine als Indiz fürs 'Scheitern' der ganzen Kulthandlungen gelten kann. Aus Lovecrafts Perspektive bestimmt, ähnelt dies doch den 'barbarischen' Abscheulichkeiten in den Sümpfen beim 'Call of Cthulhu' usw., aber ich würde die im Podcast angesprochene 'Ambivalenz' vor allem bei 'Midsommar' vielleicht noch ein weiteres Mal unterstreichen: Die Community, die schließlich zur Ritualgemeinschaft wird, gibt Dani schließlich etwas, was Großstadtleben, ihr phlegmatischer Boyfriend und klinische Psychologie nicht vermochten. Sie lächelt zum ersten Mal im Film.

    Ich denke, das muss offen bleiben, ob hier Glück oder Wahnsinn der Grund ist. Aber es weist schon auf etwas hin, das sich nicht alleine in Täuschung, Machtmissbrauch und Manipulation erschöpft, nämlich das Bedürfnis nach Einbettung in enge Gemeinschaft jenseits der desillusionierten Gegenwartsgesellschaft. Max Weber wurde angesprochen - hier wären wir dann sehr nahe bei der parallelen Soziologie Durkheims. Natürlich baut darauf dann ggf. Missbrauch auf, aber ich lese 'Midsommar' und den 'Wicker Man' vor allem auch so, dass es ein naiver moderner Mythos sei, davon auszugehen, diese Bedürfnisse seien überwunden - die Hauptfiguren lernen das dann auf die denkbar schlimmste Weise.

    Beste Grüße

    Alex

  • Das kann ja auch eine wundervolle Anknüpfung ans Thema Blickökonomie im Film sein.

    Oh ja, schöne Idee.


    Zum Thema 'Pessimismus': Es gibt im 'Wicker Man' ja auch den Ausruf Howies, Lord Summerisle wäre als Nächstes dran, wenn das diesjährige Opfer nicht funktioniere. Das macht nochmal etwas auf, was, ich glaube(!?) in der wenige Jahre alten Folk-Horror-Dokumentation von Kier-La Janisse stark gemacht wird: Die Insulaner sind nicht alle gleich, sondern die Summerisles als dekadentes und bröckelndes Adelsgeschlecht binden dem 'Folk' einerseits einen Bären auf, um ihre Macht zu erhalten. Andererseits laufen sie bzw. ihr letzter Spross eben auch Gefahr, den von ihm selbst geförderten paganen Ideen zum Opfer zu fallen.

    Sehr guter Punkt, soziale Ungleichheit und Machtasymmetrie innerhalb der Sekte / des Kults in den Blick zu nehmen. Das hätte potenziell noch interessante Möglichkeiten geboten in der Diskussion und scheint mir gut anschlussfähig an einen religionssoziologische Ansatz, der die Funktion der kollektiven Sinnkonstruktion fokussiert. Summerisles Opferkultus -> das Opium des Volkes auf der Insel?

    Ich bin allerdings skeptisch, ob die abschließenden Tötungen alleine als Indiz fürs 'Scheitern' der ganzen Kulthandlungen gelten kann.

    An dem Punkt kann ich Stefans Interpretation auch nicht ganz folgen, muss ich sagen.

    Die Community, die schließlich zur Ritualgemeinschaft wird, gibt Dani schließlich etwas, was Großstadtleben, ihr phlegmatischer Boyfriend und klinische Psychologie nicht vermochten. Sie lächelt zum ersten Mal im Film.


    Ich denke, das muss offen bleiben, ob hier Glück oder Wahnsinn der Grund ist. Aber es weist schon auf etwas hin, das sich nicht alleine in Täuschung, Machtmissbrauch und Manipulation erschöpft, nämlich das Bedürfnis nach Einbettung in enge Gemeinschaft jenseits der desillusionierten Gegenwartsgesellschaft. Max Weber wurde angesprochen - hier wären wir dann sehr nahe bei der parallelen Soziologie Durkheims. Natürlich baut darauf dann ggf. Missbrauch auf, aber ich lese 'Midsommar' und den 'Wicker Man' vor allem auch so, dass es ein naiver moderner Mythos sei, davon auszugehen, diese Bedürfnisse seien überwunden - die Hauptfiguren lernen das dann auf die denkbar schlimmste Weise.

    Sicherlich ein ebenfalls sehr interessanter Kernpunkt der Debatte, der auch um die Frage der Freiheit im Kult vs. Unfreiheit in der Zivlisitation kreist (um mal mit schwammigen Begriffen um mich zu werfen, aber das Gespräch war ja etwas lockerer aufgezogen in dieser Hinsicht). Die Einbeziehung faktischer Bedürfnisse finde ich auch wichtig, nur wäre die Frage, ob sie wirklich im Rahmen der Kulte befriedigt werden können, ohne, dass andere darunter leiden. Midsommar (den ich als Film übrigens schlecht finde) wurde ja von vielen auch als Emanzipationsstory gelesen, was meiner Ansicht nach aber total übersieht, dass die Protagonistin dies - wenn überhaupt - nur erreicht, indem sie sich in eine von Repression gegen bestimmte Leute geprägte Struktur eingliedert, wann dann ja wirklich die Sache ad absurdum führt.

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