Lovecrafter Online - 001 - H. P. Lovecraft im Spiegel der deutschen Verlagslandschaft
- Arkham Insider Axel
- 0 Antworten
- 2.355 Mal gelesen
- 1965 – 1973: Lovecraft kommt nach Deutschland
- 1972 – 1992: Suhrkamp und Die Phantastische Bibliothek
- Exkurs I: Frühe Sekundärliteratur
- Die 1990er Jahre
- Das neue Jahrtausend: die Werkausgabe der Edition Phantasia
- 1999 – 2017: Frank Festa
- Exkurs II: Abseitiges und Kurioses
- 2017: Golkonda und Fischer Tor
- Fazit
- Bildmaterial/Bildunterschriften
1965 – 1973: Lovecraft kommt nach Deutschland
Am Anfang steht die 1965 im Heyne Verlag publizierte Sammlung 12 Grusel-Stories. Die besten Horror-Geschichten von H. P. Lovecraft, dem Meister der Gänsehaut und des Makabren in einer Übersetzung von Wulf H. Bergner. Sie markiert die erste, eigenständige Buchveröffentlichung Lovecrafts in deutscher Sprache. In den folgenden Jahren war er immer mal wieder mit einzelnen Erzählungen in den effektvoll aufgemachten Horror-, Grusel- und Krimi-Anthologien des Verlags vertreten. Die verkürzenden und ungenügenden Übersetzungen der Heyne-Bände sind später gerügt worden. Doch sollten diese frühen Verdienste um Lovecraft nicht ganz zerredet werden. Immerhin: Die kühne Unbefangenheit, The Festival als Teufels-Weihnacht zu übersetzen (15 Satan-Stories. Unheimliche Geschichten über und mit dem Teufel, 1975), sorgt nach wie vor für ein Schmunzeln.
1968 schlug dann die Stunde des Insel Verlags. In einer Übersetzung des österreichischen Sprachkünstlers H. C. Artmann (1921 – 2000) erschien hier der Titel Cthulhu. Geistergeschichten. Das Buch ist allein schon aufgrund seines Schutzumschlags erwähnenswert: Als Illustrator konnte der Grafiker Heinz Edelmann (1934 – 2009) gewonnen werden, Art Director des legendären Beatles-Zeichentrickfilms Yellow Submarine. Bemerkenswert fiel auch die Rezension von Christel Buschmann in der ZEIT vom 31.1.1969 aus. Buschmann kam zu dem Schluss: „Cthulhu ist ein literarisches Kuriosum, sein Autor ein verdammt gewissenhafter Nervenkitzler mit allen Qualitäten, auch hartgesottenen King-Kong- und Frankenstein-Experten leises Schaudern zu ermöglichen.“
Indes stellte diese Veröffentlichung nur den Auftakt einer Reihe dar, mit der sich der Insel Verlag in den kommenden Jahre zur Hauptanlaufstelle für Lovecraft und generell Weird Fiction mauserte. Die Rede ist von der Bibliothek des Hauses Usher, die es zwischen 1969 und 1975 auf insgesamt 26 Bände internationaler Horror-Autoren brachte. Allein H. P. Lovecraft war bis 1973 mit 4 Titeln vertreten. Mit der Herausgabe dieser Bibliothek erwarb sich der Phantastik-Experte Kalju Kirde (1923 – 2008) eine Schlüsselposition innerhalb der deutschen Lovecraft-Rezeption.
1972 – 1992: Suhrkamp und Die Phantastische Bibliothek
Cthulhu. Geistergeschichten als Suhrkamp-Taschenbuch Nr. 29 veröffentlicht. Der Band bildete das Fundament für die Phantastische Bibliothek, die unter diesem Titel allerdings erst ab 1978 offiziell in Erscheinung trat. Herausgeber der Reihe war bis 1998 der Österreicher Franz Rottensteiner, neben Kalju Kirde ein weiterer Lovecraft-Pionier im deutschen Sprachraum. Seit 1963 gehörte der Insel Verlag zum Suhrkamp Verlag. Die Bibliothek des Hauses Usher war noch nicht abgeschlossen, da begann Suhrkamp bereits mit einer Taschenbuch-Ausgabe des lovecraftschen Werks. Im Januar 1972 wurde – inhaltsgleich zur Insel-Ausgabe –
Es erübrigt sich, alle der mehr als 20 bei Suhrkamp erschienenen Lovecraft-Titel aufzuzählen. Halten wir zum einen fest: Der Großteil seines Schaffens wurde durch diese Bibliothek dem deutschen Publikum näher gebracht. Zum anderen lässt sich konstatieren, dass aus ihren Reihen eine ambitionierte literaturwissenschaftliche Untersuchung hervorging.
In dem Zusammenhang müssen die Bände Über H. P. Lovecraft (Phantastische Bibliothek, Band 130, überarbeitet als H. P. Lovecrafts kosmisches Grauen, Band 344) von 1984 sowie Der Einsiedler von Providence (Band 290) aus dem Jahr 1992 erwähnt werden. Während in dem ersten Literaturwissenschaftler bzw. Lovecraft-Forscher (S. T. Joshi, Dirk W. Mosig, Kalju Kirde u. a.) zu Wort kamen, brachte der zweite Band Zeugnisse und Dokumente von Freunden und Bekannten des „Einsiedlers“. Die abgedruckten Texte, darunter längere Erinnerungen der Ehefrau Sonia Haft Greene Lovecraft Davis (1883 – 1972) sowie des langjährigen Freundes W. Paul Cook (1880 – 1948), erschlossen eine ungeahnte und durchaus charmante Seite des notorischen Horror-Schriftstellers.
Exkurs I: Frühe Sekundärliteratur
Es seien, wenn es um das Thema Sekundärliteratur geht, zwei Rücksprünge gestattet. Der erste führt in die frühen 1970er zu dem Fanzine Weird Fiction Times bzw. seinem Vorgänger Ganymed Horror. Beide Publikationen gingen auf das Konto des späteren SF-Autors und Übersetzers Uwe Anton. Eine wenig bekannte Tatsache: schon 1973 widmete sich Ganymed Horror mit der Doppelnummer 3/4 ganz dem Cthulhu-Mythos. Auf 96 Seiten brachte das Heft Beiträge von Lin Carter, August Derleth und Ramsey Campbell als deutsche Erstveröffentlichungen. Weird Fiction Times legte mit der Nummer 48 (1977) schließlich eine reine Lovecraft-Ausgabe vor. Höhepunkte: Frank Belknap Longs Beitrag zum Cthulhu-Mythos The Hounds of Tindalos (Die Hunde des Tindalos) erstmals in deutscher Übersetzung sowie zwei Beiträge des deutschen, später in die USA übergesiedelten Lovecraft-Experten Dirk W. Mosig.
Das Jahr 1983 markierte einen weiteren wichtigen Punkt in der Lovecraft-Rezeption: H. P. Lovecraft – Der Poet des Grauens. Das von Hans Joachim Alpers (1943 – 2011) in der Edition Futurum (Corian Verlag Heinrich Wimmer) herausgegebene Buch bot neben Stories von Lovecraft vor allem theoretische Beiträge (Kalju Kirde u. a.). Als Novum präsentierte es den „Poet des Grauens“ als Briefschreiber, der in seiner Korrespondenz ausgiebig philosophische und literaturwissenschaftliche Fragestellungen behandelte.
Die 1990er Jahre
Nachdem Lovecraft im Suhrkamp Verlag etabliert war, begann in den 1990er Jahren eine junge deutsche Leserschaft, eigene Projekte aus der Taufe zu heben. Als eines der engagiertesten Unternehmen sei Jörg Kleudgen und seine bis heute aktive Goblin Press genannt. Publikationen wie Bernd Jans’ R’lyeh (1990), Jens Schumachers Der Hügel von Yhty (1996) oder Jörg Kleudgens Arkham und andere Orte des Grauens (1998) huldigten dem Autor aus Providence und seinen Schöpfungen auf ihre ganz eigene Art und Weise. Auch der spätere Lovecraft-Podcaster Mirko Stauch (Arkham Insiders) ist mit dem Band Aus dem Schatten (1997) unter den frühen Goblin Press-Autoren zu finden.
Während die Goblin Press Schriftstellern und ihren Geschichten ein Forum bot, versammelte die 1992 erschienene Publikation E’ch-Pi-El (100 Jahre H. P. Lovecraft) Aufsätze zu literarischen und kulturellen Fragestellungen rund um Lovecraft. Als Herausgeber zeichneten Malte Schulz-Sembten, Uwe Sommerlad und Olaf Schürmann verantwortlich.
Die deutsche Sekundärliteratur erreichte in den 90er Jahre ihren Höhepunkt mit dem von Andreas Kasprzak herausgegebenen H. P. Lovecraft. Von Monstren und Mythen (Verlag Thomas Tilsner). Mit Michael Siefener, Uwe Voehl, Uwe Sommerlad, Joachim Körber, Kalju Kirde und Frank Festa feierte das Who’s Who der deutschen Phantastik-Szene ein Stelldichein. Es ist bezeichnend, dass sich die Genannten nicht nur um das Genre allgemein, sondern um Lovecraft im Speziellen verdient gemacht haben. Zentrales und längstes Stück des Bandes bildet die Untersuchung Lovecraft als Mythenschöpfer des Religions- und Kulturwissenschaftlers Marco Frenschkowski.
Vielen dieser Liebhaberprojekte ist ihre Leidenschaft auch heute noch anzumerken. Allerdings verbreiteten sie sich kaum außerhalb des harten Kerns der damaligen Phantastik-Szene. Schubkraft erhielt Lovecraft aus einer anderen Richtung. Niemand Geringeres als Wolfgang Hohlbein, heute einer der erfolgreichsten Autoren Deutschlands, trug schon früh zum Cthulhu-Mythos bei. Mit Robert Craven – der Hexer von Salem – hatte Hohlbein eine literarische Figur erschaffen, die sich wie selbstverständlich im Universum von H. P. Lovecraft bewegte.
Ursprünglich 1985 als Heftroman-Serie gestartet, erschienen bei Bastei-Lübbe zwischen 1987 und 1996 sieben Paperbacks um die phantastischen Abenteuer des Hexers. Die Romane machten ausgiebigen Gebrauch von typischen Lovecraft-Topoi, etwa dem Necronomicon (Neues vom Hexer aus Salem, 1988), maritimen Schrecken (Der Dagon-Zyklus, 1990) oder den Großen Alten (Die sieben Siegel der Macht, 1992). Wie beliebt der Hexer-Zyklus war, zeigten spätere, überarbeitete und erweiterte Auflagen.
Holhbein lieferte überdies die im deutschen Sprachraum wohl erste Erzählung, die Lovecraft selbst als Protagonisten in den Blick nimmt. 1990 erschien in der Heftroman-Reihe Dämonen-Land die Geschichte Lovecrafts Reise ins Grauen, die einen für HPL typischen Trip in die neu-englische Provinz zu einem wahren Albtraum werden lässt. Hohlbein schloss damit in Deutschland eine Lücke, die in den USA zu diesem Zeitpunkt bereits von profilierten Autoren wie Peter H. Canon und Richard A Lupoff eigenwillig ausgefüllt wurde.
Das neue Jahrtausend: die Werkausgabe der Edition Phantasia
Was den bisherigen Veröffentlichungen versagt blieb – Vollständigkeit –, das nahm die Edition Phantasia zu Beginn des neuen Millenniums in Angriff. Der 1984 gegründete Kleinverlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, phantastische Klassiker und Neuerscheinungen in gediegener (bisweilen auch bibliophiler) Aufmachung zu bringen. Mithin zählen Lovecrafts Gesammelte Werke: Werkgruppe I – III zu den legendären Publikationen von Verlagsleiter, Herausgeber und Übersetzer Joachim Körber. Das Projekt vereinigte 2001 in der Werkgruppe I in fünf Bänden alle Erzählungen Lovecrafts.
Unter ihnen Kindheitswerke wie Die geheime Höhle oder Das Geheimnis des Friedhofs als deutsche Erstveröffentlichungen, aber auch unvermutete humoristische Texte wie Old Bugs oder Die holde Ermengarde. Werkgruppe II präsentierte in weiteren fünf Bänden Gemeinschaftsarbeiten und Überarbeitungen. Werkgruppe III widmete sich den lovecraftschen Gedichten und Theaterstücken in insgesamt drei Bänden. Zu dem legendären Ruf der Bücher trägt nicht nur der Anspruch auf Vollständigkeit bei. Jeder Band ist umfassend mit Kommentaren von Marco Frenschkowski versehen. Schließlich entspricht auch die äußere Gestaltung der inhaltlichen Qualität: jeder Band ist fadengeheftet, in samtiges Leinen gebunden, mit klarsichtigem Umschlag und individuell gefertigtem Vorsatzpapier versehen.
Die Edition Phantasia kann sich noch einer weiteren Pioniertat rühmen. Hier erschien 1985 erstmals Lovecrafts beispielhafte Untersuchung unheimlicher Literatur Die Literatur des Grauens (Supernatural Horror in Literature). Vor allem das Vorwort von Kalju Kirde sowie die Einführung von August Derleth heben diese von späteren Ausgaben (Ullstein, Suhrkamp) ab.
1999 – 2017: Frank Festa
Quantitativ und qualitativ dominiert der Festa Verlag die gegenwärtige Veröffentlichungspolitik in Sachen H. P. Lovecraft. Der Leipziger Verlag besetzt mittlerweile den Platz, den Suhrkamp bis in die 1990er Jahre behauptet hatte. Auch hier wäre es ermüdend, alle Titel und Reihen einzeln zu nennen. Vielmehr soll ein chronologischer Überblick das Veröffentlichungsprofil charakterisieren.
Bereits im Blitz Verlag begann Frank Festa 1999 die Reihe H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens aufzubauen. Das Neue an der Reihe war, dass sie Lovecrafts literarisches Umfeld sondierte. Es stand hierbei also nicht das primäre Werk – zu dem Zeitpunkt längst von Suhrkamp abgedeckt – im Vordergrund. Schon der erste Titel, Lovecrafts dunkle Idole zeigte die Tendenz auf. Es finden sich darin Werke der Phantastik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, sämtlich ausgewählt nach Lovecrafts Empfehlungen, wie er sie in Supernatural Horror in Literature und in seinen Briefen ausgesprochen hatte. Bis zum Jahr 2000 erschienen noch drei weitere Bände. Mit Band 2, Die Saat des Cthulhu, wurde den Epigonen Lovecrafts ein Forum geboten. Neben dem Engländer Ramsey Campell waren mit Christian von Aster und Jens Schumacher auch zwei deutsche Autoren vertreten. Mit dem letzten beim Blitz Verlag herausgegebenen Band, Cthulhus Rückkehr (Robert Bloch), erschien im August 2000 ein vollständiger Roman.
2001 gründete Frank Festa seinen eigenen Verlag, in dem er seitdem die Bibliothek weiterführt. Nun erblickten mehr und mehr Werke das Tageslicht, die Lovecrafts Ideen aufgriffen und in den Cthulhu-Mythos einordneten. Von den früh veröffentlichten epigonalen Autoren seien genannt: Basil Copper, Graham Masterton, Lin Carter oder Richard L. Tierny. Mit Clark Ashton Smith’ Nekropolis oder Robert W. Chambers’ Der König in Gelb (beide 2001) fanden auch weiterhin Freunde bzw. Vorgänger des Schriftstellers Berücksichtigung. Im Jahr 2005 erhielt die Bibliothek einen entscheidenden Impuls, indem der Namensgeber selbst an die Reihe kam. In insgesamt sechs Bänden (H. P. Lovecraft Gesammelte Werke I – VI) präsentierte Verleger Festa neue Übersetzungen sämtlicher Erzählungen Lovecrafts, was er u. a. damit begründete, dass die Suhrkamp-Texte in die Jahre gekommen seien. Die Ausgaben erfreuten sich großer Beliebtheit. Zum einen gefiel die ansprechende Gestaltung: Hardcover mit Schutzumschlag in Lederoptik und Lesebändchen. Zum anderen wurden die Bücher durch Erinnerungen und Dokumentationen von Zeitgenossen wie Robert H. Barlow, Dorothy C. Walter oder Hazel Heald bereichert.
Die zentrale Stellung des Festa Verlags begründet sich nicht zuletzt auf der Herausgabe von Lyon Sprague de Camps Lovecraft: Eine Biografie (2002).
Diese Arbeit, im Original 1975 erschienen, war der erste umfassende Versuch, sich der von Legenden umrankten Persönlichkeit Lovecrafts zu nähern. Der Fantasy- und SF-Schriftsteller, Ingenieur und Hobby-Historiker Sprague de Camp (1907 – 2000) hatte hierzu Briefmaterial und Dokumente von Zeitgenossen ausgewertet und mit eigenen Nachforschungen vereint. Heraus kam ein Buch, das trotz Sprague de Camps bisweilen zu einseitiger Sicht einen Meilenstein der Lovecraft-Forschung darstellt. Die hochwertige Festa-Ausgabe ist der bereits 1989 im Ullstein Verlag herausgegebenen und gekürzten Fassung vorzuziehen. Sie hat diese folgerichtig auch an Wirkung übertroffen. Seit 2017 wartet der Verlag im Übrigen mit einer speziellen Sachbuchreihe auf. Den Anfang machten dort Frank Belknap Longs Aufzeichnungen Mein Freund H.P. Lovecraft, im Anschluss wurde Bobby Deries Studie Sex und Perversion im Cthulhu-Mythos auf den Markt gebracht. Festa platziert sich damit ebenfalls als reizvoller Anbieter lovecraftiger Sekundärliteratur.
Abschließend seien noch 4 Bücher erwähnt, mit denen Festa Lovecrafts zentrales Schaffen zuletzt in einem Rundumschlag abdeckte. 2011 erschienen mit Chronik des Cthulhu-Mythos I und II alle dem Mythos-Kreis zugeordneten Erzählungen, ergänzt jeweils durch Vorworte von Marco Frenschkowski. 2013 legte der Verlag mit den übrigen Horror-Geschichten (Die lauernde Furcht) sowie den Fantasy-Stories (Der silberne Schlüssel) nach.
Exkurs II: Abseitiges und Kurioses
Wenn von Lovecraft in Deutschland die Rede ist, muss der Vollständigkeit halber auch die DDR erwähnt werden. Tatsächlich erschien in den letzten Tagen des SED-Staats im Verlag Das Neue Berlin (spezialisiert auf Krimis und Science Fiction) ein Lovecraft-Titel. Die Farbe aus dem Raum (1990) vereinte 26 Erzählungen vor allem der frühen Schaffensperiode, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Erik Simon. Auswahl als auch Nachwort können auch heute noch empfohlen werden. Das gilt nicht uneingeschränkt für das folgende Werk: Lovecraft. Schatzmeister des Verborgenen (Edition AHA). W. H. Müller versuchte 1992, den Autor in seinem eigenen okkulten Weltbild zu verorten, – ein gewagtes Unterfangen. Ähnlich gelagert ist Christian Brachthäusers Biografie Eine grenzenlos einsame Seele. H. P. Lovecraft – Leben und Werk (Ancient Mail Verlag, 2006). Stellenweise durch Fleiß glänzend, leidet die Arbeit doch zu sehr unter einer Prä-Astronautik-und Atlantis-Schlagseite.
2017: Golkonda und Fischer Tor
H. P. Lovecrafts angenommen. Dabei fällt die Orientierung an dem weltweit führenden Lovecraft-Experten S. T. Joshi auf. Dies gilt für die Veröffentlichung Das übernatürliche Grauen in der Literatur (2014), die die von Joshi edierte und kommentierte Ausgabe von Supernatural Horror in Literature (Hippocampus Press, 2000) als Vorlage hat. Ebenso trifft dies auf die Neuübersetzung von Der Fall Charles Dexter Ward zu, in einer von Joshi annotierten Fassung 2010 bei der University of Tampa Press erschienen. Als Clou erwies sich die deutsche Version von Joshis monumentaler Biografie I am Providence. The Life and Time of H. P. Lovecraft (Hippocampus Press, 2010). Das zweibändige, rund 1200 Seiten starke Werk untermauert eindrucksvoll Joshis Kennerschaft und wird bis auf weiteres die erste Referenz zu Leben und Werk Lovecrafts bleiben. Teil I erblickte im Herbst 2017 das Licht der Welt und erhielt in den Medien eine positive Resonanz. Mit dem Berliner Golkonda Verlag hat sich jüngst ein weiteres Verlagshaus
Ebenfalls für Aufsehen sorgte die Übertragung von Leslie S. Klingers The New Annotated H. P. Lovecraft ins Deutsche (original von 2014). Ungefähr zeitgleich mit dem Golkonda Verlag und dessen Joshi-Biografie schickte der Fischer Verlag bzw. sein Imprint Fischer Tor Klingers Mammutwerk ins Rennen. Dieses heißt in der Übersetzung schlicht und einfach H. P. Lovecraft: Das Werk und ist für das hiesige Publikum um einen Anhang erweitert worden, der sich mit der deutschsprachigen Lovecraft-Rezeption befasst. Verantwortlich für diesen Appendix sowie überhaupt für die Übersetzung des großformatigen Prachtbandes zeichnen Andreas Fliedner und Alexander Pechmann. Beide waren in der Vergangenheit bereits auch schon für Golkonda als Lovecraft-Übersetzer tätig.
Fazit
H. P. Lovecraft wird hierzulande noch immer stark mit den Verlagen Suhrkamp und Festa assoziiert. Eine Beobachtung, die qualitativen und quantitativen Überprüfungen standhält. Gleichwohl hat der vorliegende Text versucht, schlaglichtartig die vielfältigen Bemühungen vor, zwischen und nach diesen Pionieren aufzuzeigen. Kann das Phänomen Lovecraft im deutschen Sprachraum allein mithilfe der genannten Verlage erklärt werden? Sicher nicht; Medien wie Filme, Comics, Spiele, Websites und Podcasts haben noch einmal ihren ganz eigenen Anteil daran. Etwa 50 Jahre trennen uns nun vom Cthulhu-Band des Insel Verlags. Angesichts des sich rasant verändernden medialen Angebots schien es interessant, Lovecrafts Weg bis ins Jahr 2018 anhand der verlegerischen Aktivitäten nachzuzeichnen. Die nach wie vor aktive Bibliothek des Schreckens im Festa Verlag, aber auch Neuausgaben bei Suhrkamp sowie die laufenden Veröffentlichungen S. T. Joshis im Golkonda Verlag zeigen: Lovecraft ist in Deutschland angekommen – und er kommt noch immer an.
Bildmaterial/Bildunterschriften
[1] H. P. Lovecraft: Horror Stories (Suhrkamp Verlag 2015).
[2] H. P. Lovecraft: Cthulhu. Gesammelte Werke, Band 5 (Festa Verlag 2008).
[3] S. T. Joshi: H. P. Lovecraft. Leben und Werk, Band 1 (Golkonda Verlag 2017).