[Hildesheim] Lesung "Der Schatten über Innsmouth" (18.04.)

  • Innsmouth liegt in Niedersachsen - KünstlerInnenkollektiv lässt H. P. Lovecraft im Hildesheimer Stadttheater lebendig werden

    Die Klang-, Sprach- und SchauspielkünstlerInnen von *strangetomeetyou* brachten gestern Abend im Rahmen der Veranstaltungsreihe "TfN im Wohnzimmer" eine Hörspielfassung von H. P. Lovecrafts wichtiger Novelle "Der Schatten über Innsmouth" live auf die Bühne. *strangetomeetyou* - das sind die Schauspieler Jonas Nowack und Jonas Kling, der Klangkünstler/Musiker Gijs Wisse sowie die Dramaturgin/Regisseurin Lucie Grünbeck. Die Veranstaltung hatte aufgrund der hohen Nachfrage und der Sorge um den inszenatorischen Effekt kurzfristig ins "Theo" verlegt werden müssen, wo rund 60 Zuschauerinnen und Zuschauer ein kreativ adaptiertes und mit beeindruckender Professionalität dargebotenes Schauer-Erlebnis erster Güte erleben durften. Vorgetragen wurden die erzählenden Abschnitte und die entsprechend dialogisierten Szenen von einem gut aufeinander eingespielten Schauspielerduo, bestehend aus Jonas Kling und Jonas Nowack. Letzterer war als Hauptprotagonist und somit insgesamt am häufigsten zu hören. Nowack bewältigte diese Aufgabe mit Bravour und verstand es hervorragend, das Publikum mit klug gesetzten Pausen und einer variationsreichen Intonierung abzuholen. Dass es dabei gelang, die komplexen Formulierungen Lovecrafts beizubehalten und in klarer Sprache mit nur wenigen Holprigkeiten darzubieten, ließ den Abend gerade für Kennerinnen und Kenner des Autors zu einem besonderen Genuss werden.

    Ein großes Kompliment ist auch der stimmlich-darstellerischen Wandlungsfähigkeit Jonas Klings zu machen, der alle weiteren in der Geschichte vorkommenden Personen sprach. Ob es um den städtischen Trunkenbold ging, den schwatzhaften Billetverkäufer oder den mürrisch-hämischen Busfahrer - Kling füllte alle Rollen mit eigentümlichem Leben und sorgte so für Lacher und Schaudern gleichermaßen. Dazu muss hier der von Gijs Wisse orchestrierten Klangkulisse lobend Raum gegeben werden. Völlig analog erzeugte das gesamte Bühnenpersonal eine glaubwürdige und dichte geräuschliche Untermalung, vor der man als Hörspielfreund nur seinen Hut ziehen kann. Als besonderer Höhepunkt kann hier jene Szene im Hotel "Gilman House" gelten, in welcher der Protagonist in seinem Zimmer von Anwohnern bedroht und letztendlich aus seinem notdürftig verbarrikadierten Zimmer über die dunklen Dächer der degenerierten Hafenstadt flüchten muss. An besagter Stelle wurde durch das Zusammenspiel von Nowacks panischem Erzähler, Wisses irritierend-minimalistischer Geigenbegleitung und Klings auf das Hotelzimmer einhämmernder und dabei fremdartig kakophonierender Meute eine Intensität erreicht, die auf der Bühne gewiss ihresgleichen sucht und auch den Vergleich mit kommerziellen Hörspielproduktionen nicht zu scheuen braucht.

    Abschließend kann gesagt werden, dass es sich um ein hochgradig unterhaltsames und durchdringend atmosphärisches, der Intention der Vorlage stets gerecht werdendes Hörerlebnis handelte, das durch die homogen und durchdacht wirkende Inszenierung der Regisseurin Lucie Grünbeck zu einem Gesamtkunstwerk kosmischen Grauens verdichtet wurde. Ihr ist es auch zu danken, dass trotz der nötigen Bearbeitung der Vorlage Lovecrafts Sprache auf Basis der Festa-Übersetzung von Andreas Diesel erhalten geblieben ist. Wer in Zukunft die Gelegenheit hat, sich eine Vorstellung des Kollektivs anzuschauen bzw. anzuhören, der sollte nicht zögern.

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