Dirk von Lowtzow

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    1. H. P. Lovecraft: „Die Traumfahrt zum unbekannten Kadath

    „Die Traumfahrt zum unbekannten Kadath“ ist fast ein Kinderbuch für mich. Mit ungefähr elf, zwölf war ich wahnsinniger Fantasy-Literaturfan – das war weit vor den Peter-Jackson-Verfilmungen, nämlich in der ersten Welle von Fantasy in Deutschland, als es die Klett-Cotta-Version vom „Herrn der Ringe“ gab, überhaupt diese sehr schön aufgemachte Reihe der Hobbit-Presse mit fantastischer Literatur. Die Cover waren alle gestaltet von Heinz Edelmann, der auch den „Yellow Submarine“-Film von den Beatles gemacht hat. Meine kindliche Ritterspielbegeisterung ging direkt dahin über: Ich habe „Herr der Ringe“ gelesen, Robert E. Howard, „Conan der Barbar“, all so was. Und H. P. Lovecraft hat mich dann extrem verstört – anders als die schlichte Abenteuerromansprache von Tolkien ist die von Lovecraft so mäandernd und vollkommen abgründig, gerade dieses Buch mit seinen Anleihen an den Surrealismus: Dass es eben keine Ordnung, sondern eine unlogische Architektur hat, hat mich als jungen Leser verstört. Es schafft das genaue Gegenteil der Tolkien’schen Kartografie, wo die Welt eingeteilt ist in Gut, Böse, Rechts, Links, Ost, West. Bei Lovecraft sind alle sich in verschiedenen Übergangsformen befindliche Kreaturen. Das hat mich fasziniert. In der „Phantastischen Bibliothek“ bei Suhrkamp gab es auch besonders schöne Übersetzungen von H. C. Artmann. Ich liebe H. P. Lovecraft nach wie vor – seine Redundanzen, die Kettensätze, für mich sind das Beispiele, wie Sprache delirieren kann, was ja eigentlich ein Deleuze-Gedanke ist. Lovecraft hat, in totaler Übertreibung von Poe oder Melville, mit einer Art Schundromanästhetik Großes geleistet, auch wenn seine Konstruktion des Abjekten von heute aus betrachtet homophob und rassistisch wirkt.


    https://www.welt.de/print/die_welt…ow-Musiker.html

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