Dead Silence (Coriolis)

  • Dead Silence (Coriolis)

    Das Szenario basiert auf dem gleichnamigen Roman von S. A. Barnes und wurde von SL Carmen und Somsi am Anfang der Coriolis Zeitlinie angesiedelt: Die Firma Verox hat ein Monopol in der Raumfahrt aufgebaut und Konkurrent Zenith steht gerade erst am Anfang seiner Karriere.

    Originalspielbericht

    Dead Silence (Coriolis)
    Das Szenario basiert auf dem gleichnamigen Roman von S. A. Barnes und wurde von SL Carmen und Somsi am Anfang der Coriolis Zeitlinie angesiedelt: Die Firma…
    inyo.home.blog

    Die Charaktere

    Kane: Aufgrund von Sparmaßnahmen übernimmt er sowohl die Aufgabe des Technikers als auch die des Mediziners. Er kennt die Akten der anderen und weiß, dass Nycus seine geschwärzt hat. Bei Voller fragt er sich, warum so jemand als Pilot zugelassen wurde und um Claires mentalen Zustand macht er sich Sorgen. An ihr hat er allerdings auch ein Interesse entwickelt, welches über seine professionelle Sorge hinausgeht. Er ist geschieden und hat eine Tochter, deren Sorgegerecht er jedoch aufgrund finanzieller Probleme vermutlich nie erhalten wird.

    Claire: Sie kann die Geister der Verstorbenen sehen. Dies wurde ihr zum Verhängnis, als sie mit ihrer bereits verstorbenen besten Freundin spielen wollte und dadurch ein tödliches Virus aus der Quarantänezone zu den noch gesunden Siedlern schleppte. Nur Verox kennt diese Hintergründe und hat sie zur Kommunikationstechnikerin ausgebildet. Allerdings wird das Satellitennetz, mit dem sie sich auskennt, bald abgeschaltet. Und dann kann sie nicht mehr durchs All fliegen, wo niemand gestorben ist und sie keine Geister sehen muss. Sie wünscht sich nichts sehnlicher als ein eigenes, kleines Frachtschiff, um unabhängig zu sein.

    Nycus: Ein Mitglied von Anonymous, das sich bei Verox eingeschleust hat. Sein großes Ziel ist es, die Missetaten des Großkonzerns aufzudecken und ihnen richtig hart ans Bein zu pinkeln. Er vermutet, dass Claire das ominöse Child Number One sein könnte, welches einen merkwürdigen Virusausbruch auf einer von Verox‘ Kolonien überlebt hat, hat bisher aber keinerlei Beweise. Er mag Computer und Daten deutlich mehr als Menschen.

    Voller: Ein ehemaliger Kampfpilot, der sich gern mal einen Schluck genehmigt. Er ist der festen Überzeugung, dass er der bessere Teamleader als Claire gewesen wäre, die so überhaupt keine Führungsqualitäten besitzt. Überhaupt hasst er es, sich von Autoritäten irgendetwas sagen zu lassen. Aufgrund seiner cholerischen Anfälle hat er ein langes Training mit Kane hinter sich, um seine unkontrollierbare Wut irgendwie in Bahnen zu lenken. Bald wird er auf irgendein anderes gammeliges Schiff versetzt werden. Er wünschte, er hätte genug Geld für ein eigenes, um unabhängig zu sein. Niemand mehr, der ihm irgendwas befehlen will.

    Lourdess: Eine etwas schüchterne, junge Frau, die zutiefst religiös ist. Sie ist ganz neu bei Verox und das ist ihre erste Außenmission. Sie ist für die Kommunikation zuständig und will alles richtig und nach Vorschrift machen, um sich zu beweisen. Es mag zwar nicht die spannendste Mission sein und das restliche Team scheint sich auch nicht sonderlich gut zu verstehen, aber es ist besser als gar nichts. Hiernach wird alles nur besser werden, ganz bestimmt.

    Die Geschichte

    Der Satellit

    Das kleine Team befindet sich weit draußen an der Grenze des aktuell von Raumschiffen befahrenen Alls – der Erste Horizont. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Diese Mission ist die letzte dieser Art. Das alte Satellitensystem, um das man sich bisher gekümmert hat, wird bald abgeschaltet und durch ein neues, besseres ersetzt. Danach ist die Crew in dieser Zusammensetzung nutzlos. Man wird versetzt werden, irgendwo einen neuen, anderen Job bekommen, der vielleicht noch mieser ist als der hier. Besonders Claire hängt das nach. Sie ist gerne hier draußen, weit weg von Menschen, weit weg von Orten, an denen jemand gestorben ist. Hier draußen sieht sie keine Geister. Nach dieser Mission droht ihr ein Job in einem Großraumbüro.

    Jetzt aber schwebt sie noch in ihrem Raumanzug draußen und repariert den Satelliten. Hier noch ein Schräubchen, da noch etwas dranschweißen… Per Funk meldet sich ihr Team, was drinnen auf sie wartet: „Claire? Du bist schon ziemlich lang draußen? Wie siehts mit dem Sauerstoff aus?“ Noch halb voll. Alles in Ordnung. Sie schaut hinaus in die Sterne, in die ruhige Schwärze des Alls. Es wäre so einfach, sich loszumachen und einfach davonzuschweben… Sie arbeitet weiter, langsam. Genießt die Pracht und die Ruhe. Ein letztes Mal. „Claire, dein Sauerstoff wird knapp. Komm wieder rein.“ Ja, gleich, nur noch das eine Ding hier. „Komm wieder rein, verdammt!“ Im Hintergrund des Funks hört man die anderen Crewmitglieder aufgeregt schreien. Dann wird Claire am Sicherungsseil ins Raumschiff zurückgeholt. Voller verpasst der Teamleaderin erst einmal eine Lektion, dass man nicht so lange da draußen bleiben sollte, während Kane sie untersucht und befragt: „Hat das wirklich nur wegen den Reparaturen so lange gedauert?“ Er klingt besorgt. Claire kann ihm nicht in die Augen sehen. Sie fragt sich, ob der Mediziner mehr über sie weiß, als er zugibt. Sie schüttelt den Kopf, fühlt sich müde. „Das Ding war kurz vorm Auseinanderfallen“, erwidert sie. Auch die anderen haken nun nach. Ihre schwache Antwort hat niemanden zufriedengestellt. Also beschreibt sie mit etwas mehr Nachdruck, in was für einem schlechten Zustand das Gerät war, regt sich ein bisschen darüber auf, was für Stümper vor ihnen hier waren.

    Während die anderen noch skeptisch sind, bemerkt Lourdess, dass sich tatsächlich etwas verändert hat. Die Datenübertragung reißt nicht mehr alle paar Sekunden ab und die Reichweite, aus der sie jetzt Dinge empfängt, ist für den alten Satelliten gewaltig! Was auch immer Claire da gemacht hat, es hat Wunder bewirkt. Und dann empfängt sie ein Signal. Weit ab vom Ersten Horizont, irgendwo da draußen aus der Leere, wo eigentlich niemand sein dürfte…

    Der Notruf

    „Leute? Ich bekomme hier etwas rein“, reißt Lourdess die anderen aus ihren Streitereien. Sie schaltet die Nachricht auf laut. Es ist ein Notsignal, doch die Schiffskennung ist allen unbekannt. CF, wer soll das sein? Zeniths Notcodes fangen mit ZE an und Verox‘ mit V. Alle denken nach. Wer könnte so weit hier draußen ein Schiff haben? „City Futura?“, kommt es Nycus in den Sinn. Ein ehemaliger Konkurrent von Verox, der vor rund 10 Jahren nach dem Verschwinden eines Luxus-Raumschiffs von dem Großkonzern aufgekauft wurde.

    Die Crew überlegt nicht lange: Sie wird dem Signal auf jeden Fall folgen, dazu sind sie verpflichtet. Lourdess informiert ihr Mutterschiff, dass sie einem Notruf folgen und gibt noch die Kennung und Richtung an, in die sie sich bewegen. Während sie den dreitägigen Flug antreten, machen sich die Crewmitglieder natürlich ihre Gedanken. Zwischendurch kommt eine Nachricht für Kane rein – von seiner Tochter. Er stellt die Nachricht auf privat, aber Nycus hört mit und die Sache bricht ihm das Herz: Kanes Tochter, deren Mutter derzeit das alleinige Sorgerecht hat, hat das Kind in den Keller gesperrt. Das Mädchen fleht seinen Vater an, es da rauszuholen. Dann bricht das Signal ab. Sie sind zu weit draußen.

    Völlig von der Rolle und deprimiert kehrt Kane zu den anderen zurück und flucht über die Reichweite des Funks. Claire bietet an, noch einmal umzudrehen, damit er das Gespräch fortsetzen kann, doch er lehnt ab. Voller beordert Nycus damit, ihm in den nächsten Tagen bei Reparaturen am Schiff zur Hand zu gehen. Danach erklärt er Claire: „Du musst sie immer beschäftigt halten. Kein Leerlauf, hörst du?“ Sie nickt nur. Ein gut gemeinter Rat, doch im Augenblick macht sie sich Sorgen um Kane. Was kann er nur gehört haben, dass es ihn so aus der Bahn geworfen hat?

    Das kleine Raumschiff folgt dem Notsignal und rätseln darüber, was sie finden könnten. Schließlich kommt Nycus der Gedanke: „Was, wenn es wirklich die Aurora ist?“ Dieses Luxus-Schiff, ein Raumdampfer für die Superreichen, auf dem damals die schwedische Prinzessin mitgeflogen ist? Niemand weiß, was mit dem Schiff passiert ist, es ist einfach verschwunden. Das war ein großer Schlag für City Futura, der die Übernahme durch Verox erst möglich machte. „Wenn es das wäre und wir das Ding bergen, hätten wir ausgesorgt!“, fantasiert Voller aufgeregt. „Ich könnte mir endlich einen Anwalt leisten für das Sorgerecht“, murmelt Kane. Claire bleibt still, doch auch sie hat bereits Bilder einer möglichen, besseren Zukunft im Kopf. Ein eigenes Raumschiff, ein Handelsschiff, mit dem sie sich selbstständig machen kann. Unabhängig von den Konzernvorgaben und miesen Gehältern…Lourdess dagegen beschäftigt eher der Gedanke daran, helfen zu können. Falls wirklich noch jemand am Leben ist… Und wenn nicht, dann können sie den Familien wenigstens Gewissheit geben.

    Doch dann setzt eine eiskalte Realisation ein: Sie haben Verox die Kennung des Notsignals und ihre Flugrichtung gegeben. Was, wenn das Mutterschiff ihnen folgt? Gegen so eine große Besatzung hätten sie keine Chance… Nycus schlägt vor, dass er die Boje, die das Notsignal ausstrahlt, manipulieren könnte, sodass es das Mutterschiff in eine falsche Richtung schickt. Lourdess protestiert – das können sie doch nicht machen, das wäre Betrug. Claire lacht. „Ich weiß nicht, was sie dir bezahlen, aber diesen Fang lasse ich mir nicht wegnehmen.“ Auch die anderen stimmen zu und versuchen, der jungen und noch etwas naiven Frau zu erklären, was passieren würde, wenn Verox auftauchen sollte: „Die sagen, sie hätten es gefunden und uns wird niemand glauben. Wir werden vielleicht mit einem mageren Finderlohn abgespeist und der Konzern reißt sich die Beute unter den Nagel.“ Die Teamleaderin verspricht, Lourdess‘ Einspruch zu protokollieren und erklärt zusätzlich, dass im Falle, dass man sie erwischt, die Schuld auf sich nehmen wird, immerhin ist es als Anführerin ihre Entscheidung gewesen.

    Die Aurora

    Man holt also die Boje herein, sodass Nycus ihre Daten auslesen kann. Darüber erhält er die Position des Schiffs, welches sich wirklich als die Aurora herausstellt, sowie Zugangsdaten. Anschließend verändert er, wohin das Notsignal andere Finder lotst und lässt die Boje wieder frei, sodass etwaige Verfolger in eine völlig andere Richtung geschickt werden.

    Die Crew selbst fliegt weiter in die Tiefen des Alls. Doch als das kleine Raumschiff an der angegebenen Position ankommt, ist da nichts. Voller erinnert sich jedoch, dass man im Weltraum auch oben und unten bedenken muss, also rollt er das Raumschiff und sofort kommt sie in ihr Blickfeld: Die Aurora. Einem echten Kreuzfahrtschiff nachempfunden, mit Dampfschloten und Gallionsfiguren treibt sie reglos dahin. Man war direkt unter bzw. über ihr. Alle Lichter sind aus. Kein Lebenszeichen. Man umfliegt das Schiff einmal. Außer ein paar kleineren Dellen durch Kollisionen gibt es keine offensichtlichen Schäden. Die hintere Gallionsfigur ragt hoch auf: Ein Engel mit ausgebreiteten Armen, mit einer Turbine dort, wo das Herz wäre. Speed, heißt die Figur. Sie wurde von einem berühmten Künstler gefertigt, der kurz nach ihrer Herstellung verstorben ist.

    Man fliegt weiter herum. Sieht etwas Grünes unter einer Kuppel. Dinge schweben in der Luft. Golfbälle und -schläger. Das Grüne ist Kunstrasen. Lourdess bemerkt seltsame Schleifspuren im Gras. Vielleicht von einem Golfcar, mutmaßen die anderen. Einige Rettungskapseln fehlen, andere haben versucht zu starten, hängen aber noch halb in der Verankerung. Claire läuft ein kalter Schauer über den Rücken. „Was für eine grausame Art, zu sterben.“ Sie überfliegen das Deck, wo es einst einen Infinity-Pool gegeben haben muss. Jetzt schwebt das Wasser gefroren in der Luft. Spitze Gegenstände schauen hinaus. Bei genauerem Hinsehen erkennt Lourdess, dass es sich um Gliedmaßen handelt. Ein Arm, ein Bein, ein Oberkörper. Da sind Menschen im Wasser gewesen! Lourdess schlägt die Hände vor den Mund und beginnt, zu beten. Ihre Stimme zittert. „Wenigstens ging es schnell“, murmelt Claire düster, während Voller die junge Frau zu beruhigen versucht.

    Was alle bereits ahnten, wird nun bestätigt: Auf der Aurora wird vermutlich niemand mehr am Leben sein. Claire versucht, den Gedanken von sich wegzuschieben. Sie will nicht daran denken, welche Geister sie dort drüben erwarten. Und wie viele… Das kleine Raumschiff landet in der Ladebucht und schließt das Schott.

    Der Frachtraum

    „Wir werden ohne Umwege zur Brücke gehen, sehen, was wir aus den Logbüchern erfahren können und dann das Ding wieder zum Laufen bekommen“, erklärt Claire. Sie will so wenig Zeit wie nötig auf diesem Friedhof verbringen. Ihr Herz schlägt schnell, aber sie versucht, Ruhe auszustrahlen. Alle schlüpfen in ihre Raumanzüge, nehmen sich Taschenlampen und ihre Grundausrüstung mit und dann geht es los. Mit ihren Magnetstiefeln sind sie fast das Einzige, was nicht durch die Gegend schwebt. In einer Ecke bewegt sich eine Plane hin und her. Als Claire dorthin leuchtet, um zu sehen, was sich darunter befindet, sieht sie jedoch jemanden, mit dem sie nicht gerechnet hat: Ihre tote Mutter. Sie schwebt dort oben, ihre Haare wehen hin und her. „Geh nicht! Das ist zu gefährlich!“, warnt sie. Claires Puls schießt in die Höhe. Sie schließt die Augen, versucht krampfhaft, ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen. Die Hände ihrer Mutter umklammern ihren Helm. Sie hört ihre Stimme. Nein, ein Stimmengewirr. „Hey, TL, alles in Ordnung?“ „Claire, wir haben das zusammen geübt. Langsam atmen.“ „Was ist mit ihr los?“ Augen zu. Langsam atmen. Claires Hände klammern sich verkrampft und die zitternde Taschenlampe, während sie ihren Atem langsam unter Kontrolle bringt. Bilder an all die Toten in der Kolonie blitzen auf. Sie würde am liebsten umdrehen und wegrennen, doch das kann sie nicht. Darf sie nicht. Durchatmen. Langsam. Der Puls sinkt wieder. Claire öffnet die Augen. „Alles gut, alles gut“, murmelt sie und schaut woanders hin.

    „Wenn du ’ne Pause brauchst, sag Bescheid, dann übernehme ich“, versucht Voller, die Situation auszunutzen, doch Kane geht sofort dazwischen: „Die Kommandokette bleibt bestehen.“ Lourdess unterdessen weist die Gruppe darauf hin, dass die Gerätschaften unter der Plane von Verox sind. Es handelt sich um Bauteile für Environmental Engineering, wohl für irgendeine Kolonie, die auf dem Weg der Aurora lag. Da die Plane aufgeschnitten ist, könnte es sein, dass es Überlebende gab, welche versucht haben, eine künstliche Atmosphäre zu erschaffen. Beim genaueren Durchsuchen stellt man allerdings fest, dass nur wenige Teile fehlen, vermutlich Werkzeuge. Man begibt sich also zur Luftschleuse und betritt die unteren Decks.

    Der Weg nach oben

    Hier unten, wo vermutlich die Bediensteten der High Society gehaust haben, bietet sich ein schreckliches Bild. Überall schweben Gegenstände durch die Gegend, teils zerbrochen. Blutflecken zieren die Wände. Türen sind von außen verschlossen worden, manche weisen Beulen auf, die von innen her verursacht wurden. Was für eine Kraft muss ein Mensch aufbringen, um so etwas zu vollbringen? Die Astronauten bewegen sich langsam und vorsichtig an all den Hindernissen vorbei, doch plötzlich bleibt Voller irgendwo hängen. Eine Schreckenssekunde, bis Kane ihn vorsichtig losmacht und sicherstellt, dass der Raumanzug nicht beschädigt wurde. Sie finden eine Treppe nach oben und daneben ein Panel, das Nycus kurz mit Strom aus einer tragbaren Batterie versorgt. Es zeigt einen Plan des Schiffes. Um zur Brücke zu gelangen, müssen sie ganz nach oben.

    Kane zuckt zusammen. Hat er da eben eine Bewegung im Augenwinkel wahrgenommen? Er weist die anderen darauf hin. „Womöglich gibt es doch noch Überlebende. Wenn sie hier Kannibalismus betrieben haben…“ Es gab da schon einmal so einen Vorfall auf einer der ersten Kolonien. Nycus schüttelt vehement den Kopf: „Das ist technisch unmöglich. Nicht unter diesen Umweltbedingungen.“ Trotz allem bleibt die Gruppe auf der Hut, als sie weiter nach oben vordringt. Eine Zimmertür steht offen. An die Wand wurde in krakeliger Schrift geschrieben: „Geh weg, ich will dich hier nicht.“ Wieder jagt es Claire einen kalten Schauer über den Rücken. Es klingt so spezifisch. Was, wenn das von einem Geist geschrieben wurde? Ihre Gedanken überschlagen sich mit wirren, irrsinnigen Möglichkeiten, doch sie schreitet weiter. Sie haben keine Zeit, um sich hier genauer umzusehen. Sie müssen die Brücke schnell erreichen, damit sie schnell wieder von hier wegkommen.

    Schließlich erreichen sie die Ebene, wo die Reichen gelebt haben. Ein diamantenbesetztes Hundehalsband schwebt durch die Luft. Gierig greift Voller danach und will es mitnehmen, doch die anderen argumentieren dagegen. Sie werden später noch genug Zeit haben, Schätze einzusacken. Jetzt ist das eher gefährlich, immerhin könnten die spitzen Kanten den Raumanzug beschädigen. Mit einem genervten Seufzten lässt Voller seine Beute wieder los.

    Es geht auf die nächste Ebene, eine Shoppingmeile voller Markenläden und Casinos. Überall sind die Tore heruntergelassen. Die Glasscheiben davor sind eingeschlagen, ein Tor wurde aufgebrochen und das Geschäft dahinter ist leer und verwüstet. Dann tut sich vor ihnen eine Treppe auf, in die eine Engelsstatue eingearbeitet ist. Es ist dieselbe wie die Gallionsfigur am vorderen Teil des Schiffes: Grace, die Schwester von Speed. Allein diese Statue würde einem viele Jahre ein komfortables Leben ermöglichen. „Ich glaube, dein Halsband braucht du nicht mehr“, lacht Nycus.

    Tod und Verderben

    Das Team schreitet langsam die Treppenstufen hinauf. Plötzlich berührt irgendetwas Nycus am Kopf. Er schaut hinauf – und erstarrt. Eine tiefgefrorene Leiche schwebt über ihm und starrt ihn aus weit aufgerissenen Augen an. Was für ein Glück, dass ihn nur die linke Hand gestreift hat, denn an die rechte hat sich die tote Frau ein Messer gebunden.

    Jetzt, wo alle sich umsehen, bemerken sie auch erst die hunderten Toten, die um sie herum an der Decke schweben. Teils sind sie bewaffnet und es sind Mitglieder verschiedenster Schichten. Man erkennt Prominente, Wachpersonal, Crewmitglieder, Angestellte. Alle erstarrt in einem ewigen Kampf gegeneinander. Was ist hier nur vorgefallen? „Die sollten wir zuerst in einen kleineren Raum bringen, bevor wir die Schwerkraft wieder einschalten. Sonst wird das kompliziert“, brummt Nycus.

    „Ja, das kennst du ja, nicht wahr, Claire?“, zischt eine Geistergestalt. „Du weißt, was das für ein Gefühl ist, wenn man nicht weiß, wo die Leichen liegen und man im Dunkeln in eine reinkackt!“ Der Puls der Teamleaderin schnellt nach oben. Sie versucht, ruhig zu atmen und treibt ihre Crew die Treppe hoch. Weg von hier. Hier oben sieht man kaum Anzeichen von Zerstörung. Es gibt auch nur ein paar einzelne Räumlichkeiten und die Brücke. Eigentlich hatte das Team vermutet, dass der Bereich abgeschottet wurde und dass eventuell doch ein paar Besatzungsmitglieder der Aurora hier oben versucht haben könnten, zu überleben. Doch da ist keine Barriere. Nur ein großer Blutfleck an der Wand, neben dem ebenfalls mit Blut geschrieben wurde „Mittage hatte Recht.“ Nycus erinnert sich daran, dass Professor A. Mittage eine Koryphäe in Sachen Schiffskonstruktion war und das berühmte Buch „As above so not below“ geschrieben hat. Eine neue Theorie keimt auf: Es scheint, die Aurora wurde mit einem fatalen Fehler gebaut, den Mittage erkannt hat. Aber niemand hat ihn ernstgenommen. Und nun sind alle tot.

    Kurz vor der Brücke schweben zwei ineinander verkeilte Personen auf dem Gang. Die Captain und ihr erster Offizier, beide offensichtlich erschossen, die Waffe liegt noch in ihren Händen. In den Ohren des ersten Offiziers steckt etwas Rotes. Ein Kopfhörer mit Verox Logo. Warum sollte die Crew eines City Futura Schiffs Ausrüstung ihres größten Konkurrenten genutzen? Handelte es sich womöglich um einen Sabotageakt? Die Geschichte wird immer wirrer.

    Die Gruppe begibt sich auf die Brücke. Nur ein einziger Bildschirm ist an und er zeigt eine Nachricht: „Vollständigen Systemcheck durchführen?“

    Auf der Brücke

    Nycus weiß sofort, dass eine solche Nachricht nur kommt, wenn das gesamte System zuvor heruntergefahren wurde. Da man sich nicht sicher ist, ob es sich um Sabotage oder einen Konstruktionsfehler gehandelt hat, ist man sich unsicher, was zu tun ist. Die Systeme hochzufahren, könnte Probleme verursachen. Und so beschließt Claire nach einigem Hadern, nachzusehen, was die beiden Toten vor ihrer Tür wissen. Sie bittet die anderen, kurz zu warten, während sie die Brücke wieder verlässt und die Tür hinter sich schließt. Niemand weiß, dass sie Geister sieht und normalerweise versucht sie es zu vermeiden, ihnen gegenüberzutreten. Aber in diesem Fall muss sie es tun. Für das Wohl ihrer Crew. Für ihre Sicherheit.

    Mit zittrigen Händen geht sie auf die beiden Toten zu und versucht das erste Mal seit langer, langer Zeit, Kontakt aufzunehmen. Wie ein Echo, einen Nachhall, sieht sie, wie der erste Offizier in Richtung Brücke rennt und schreit: „Das kannst du nicht tun!“ Die Captain stellt sich ihm in den Weg, die beiden ringen miteinander. Im Kampf löst sich ein Schuss, der die Frau tödlich erwischt. Der erste Offizier scheint zu realisieren, was geschehen ist, was er getan hat. Er schreit auf, nimmt sich die Waffe und erschießt sich selbst.

    Kane sieht, wie Claires Vitalwerte durch die Decke gehen. Er schaltet auf einen privaten Kanal mit ihr und eilt nach draußen. Der Rest bleibt zurück und fragt sich, was gerade vor sich geht. Kane versucht, Claire zu beruhigen, doch sie faselt unabdingbar vor sich hin. „Nicht genug, nicht genug. Wer von euch war es? Wer von euch? Ich muss mehr wissen.“ Der Mediziner fragt, was passiert ist, redet mit ruhiger Stimme auf sie ein. „Claire, beruhige dich. Wir brauchen dich jetzt. Ich brauche dich“, gesteht er, ein ungewohnt sanfter Ton in seiner Stimme. Die Wartungstechnikerin schaut auf, teils begreifend, was er gerade gesagt hat, teils noch völlig im Moment gefangen. Etwas zerstückelt beschreibt sie, was sie eben gesehen hat. Kane weicht ein bisschen die Farbe aus dem Gesicht. Das ist zu genau, zu detailliert, um ein PTSD Schub zu sein. Ist es womöglich das, was er schon lange geahnt, aber nie für wahr gehalten hat? Dass Claire wirklich Dinge sieht? Eine Art Medium sein könnte? Er bietet ihr an, zu versuchen, ihr zu helfen, vielleicht mehr herauszufinden, doch sie schüttelt den Kopf. „Die beiden wissen es nicht. Sie wissen nicht, wer es war.“

    Allmählich beruhigt sich die TL und die beiden gehen zurück, noch immer ein wenig verstört und gleichzeitig ist ein Stück der Barriere, die Claire bisher immer versucht hat, oben zu halten, zerbrochen. Etwas ist anders geworden. Nycus startet auf ihr Geheiß hin im abgesicherten Modus ein paar wenige Funktionen. Leider ist das Logbuch durch einen Code gesichert, den niemand kennt. Vielleicht finden sich bei den Führungsoffizieren oder beim Sicherheitspersonal Hinweise. Ihre Kabinen liegen hier oben, sodass man sie gut erreichen und absuchen kann.

    Die Crew teils sich also auf, um nachzusehen. Kane und Claire gehen zu zweit – auf Kanes Geheiß hin. Voller zieht allein los und die anderen beiden bleiben vorerst zurück. Lourdess ist das Schiff nicht geheuer. All die Toten verstören sie und sie nutzt die Zeit, um sich ein wenig mit Beten und Reden zu beruhigen, während Nycus zusieht, ob er auch so irgendwelche Hinweise entdecken kann.

    Stimmen

    Voller schaut sich bei den Mannschaftsquartieren um. Seit einiger Zeit hat er leichte Kopfschmerzen, doch das nimmt nun etwas mehr zu. Als er sich darüber beklagt, fragt Claire ihn, ob er genügend getrunken hat. Vermutlich nicht. Und dann erklingt da plötzlich dieses Klopfen. Er lauscht. Es ist rhythmisch, fast wie ein Code. Er lehnt sich an die Wand und klopft zurück. Tatsächlich, ein erneutes Klopfen erklingt. „Hey! Da ist jemand! Jemand klopft hier, hört ihr das auch?“ Die anderen schauen sich irritiert an. Sie hören an ihren Positionen nichts, auch durch sein Mikrofon können sie kein anderes Geräusch auffangen. Außer Lourdess vielleicht, die ein leises Wispern wahrnimmt, doch sie versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Und Nycus hat das Gefühl, beobachtet zu werden.

    „Sie sind draußen! Wir müssen sie reinlassen!“, ertönt es kurz darauf von Voller. In Claires Kopf schrillen die Alarmsirenen, als sie das hört. „Wir müssen zu ihm“, sagt sie nur und setzt sich mit Kane in Bewegung. Sollte dieser Sturkopf irgendwie ein Loch erzeugen oder irgendeine Schleuse öffnen, sind sie alle tot! Sie finden Voller an der Wand herabgesunken, sich die Schläfen reibend. Er klagt über Kopfschmerzen, ist gereizt. Durch den Raumanzug kann der Mediziner ihm leider keine Medikamente verabreichen. Während er sich noch um den Piloten kümmert, schaut sich Claire das Zimmer an, neben dem sie stehen. Leer. Kane redet beruhigend auf Voller ein, sagt ihm, er solle sich seine Wut wie einen Ball vorstellen und diesen einfangen. „Ich kann nicht! Er springt zu schnell hin und her!“, kreischt Voller und presst die Hände fester gegen den Kopf. Claire beobachtet das Spektakel fasziniert, während Kane dem Piloten hilft, langsam ruhiger zu werden. Dann schicken sie ihn zu Nycus zurück. Es ist besser, wenn jemand auf ihn aufpasst, bevor er noch eine Dummheit begeht.

    Die TL ist sich unsicher, was sie nun tun sollen, aber dankenswerter Weise übernimmt der Mediziner das Ruder. „Lourdess? Ich weiß, es ist wahrscheinlich nicht schön, aber traust du dir zu, die Suiten neben der Brücke zu checken? Wir machen hier bei den Offizierskabinen weiter.“ Nach einem kurzen Zögern willigt die junge Frau ein. Der erste Raum, in den sie kommt, ist dankenswerterweise leer. Doch im zweiten wurde jemand aufgehängt. Die Leiche wurde grün und blau geprügelt und sieht wirklich schlimm aus. Panik steigt in Lourdess hoch, doch sie hört eine beruhigende Stimme hinter sich, die sie ermutigt. Es gibt ihr Kraft und den Mut, das durchzustehen. Ein angenehmes Gefühl. Sie schaltet ihre Magnetstiefel aus und schwebt zur Decke, um die Tote loszuschneiden. Anschließend bringt sie sie zu den anderen Leichen im Saal darunter. Im nächsten Raum findet sie ein Buch. Es ist das von Professor Mittage! Und eine der Seiten ist besonders markiert.

    Anhaltspunkte

    Claire durchsucht die Räumlichkeiten, findet jedoch nichts. Ihre Befürchtung, Voller könne womöglich Geister gehört haben, scheint sich nicht zu bestätigen. Kane und Nycus sprechen derweil über einen privaten Kanal miteinander. Der Arzt sagt dem Computerliebhaber, dass er wisse, dass dieser seine eigene Akte geschwärzt hat. Es sei ihm völlig egal, aber falls er reden wolle, habe Kane immer ein offenes Ohr für ihn. Nycus der seit einigen Minuten Schritte hinter sich hört, dementiert, dass er Probleme habe, lässt dem Kollegen jedoch eine Datei zukommen, die er ausgegraben hat. Offensichtlich gab es in den letzten 2 dokumentierten Wochen des Fluges seltsame Energieschwankungen und die Stabilisatoren arbeiteten auf Maximum. Die Ursache scheint jedoch unbekannt geblieben zu sein.

    Mit einem schweren Seufzen spricht Kane mit Claire über Voller, dessen Verhalten und die Void Sickness – dem Drang, möglichst lang draußen im All zu bleiben und dann irgendwann hinauszutreiben. Claire stockt, als sie dies hört. Sie denkt einige Tage zurück, als sie draußen war, in der beruhigenden Ruhe des Alls und den Satelliten repariert hat. Plötzlich versteht sie, warum sich alle so aufgeregt haben. Sie kann Kane nicht ansehen. „Du glaubst, dass ich das habe“, stellt sie leise murmelnd fest und schüttelt den Kopf. „Das ist es nicht. Das ist etwas anderes.“ Sie ringt mit sich, sich ihm zu öffnen, ihm zu sagen, dass sie da draußen noch nie Geister gesehen hat und es sie deshalb beruhigt. Dass sie nicht zurück wollte, weil sie danach in einen Raum voller Menschen gesteckt wird, wo es laut ist und voll. Auf die Erde womöglich, wo an jeder Ecke die Toten auf sie lauern. Sie mag keine Menschen. Die meisten zumindest nicht. Doch bevor sie sich zu diesem Geständnis durchringen kann, hört sie aus dem Funk Voller mit den anderen reden: „Sie rufen nach mir. Wir sollen die Schleusen öffnen.“

    Augenblicklich ist Claire wieder im Hier und Jetzt. „Hier öffnet niemand irgendeine Schleuse!“, gibt sie durch und gibt Kane ein Zeichen, dass sie zu den anderen zurückkehren. Was auch immer der Pilot hat, es könnte für sie alle gefährlich werden, wenn er durchdreht. Das kann sie nicht zulassen. Als sie zurückkehren, hält sich der Pilot den Kopf und klagt über Kopfschmerzen und dieses furchtbare Rauschen. Niemand anders hört etwas davon. Claire hört dafür etwas anderes. „Komm und spiel mit mir“, ruft ihre beste Freundin, die vor langer, langer Zeit gestorben ist. Sie schüttelte den Kopf, versucht, sich zu konzentrieren. Sie stellt die Vermutung auf, dass Verox irgendwo auf dem Schiff ein Gerät versteckt haben könnte, welches Mikrowellen, Strahlung oder dergleichen ausstrahlt, was für die Halluzinationen und Kopfschmerzen sorgt – und vermutlich auch die gesamten Passagiere in den Wahnsinn getrieben hat.

    „Wir haben hier etwas gefunden“, teilt Nycus den beiden Neuankömmlingen mit und zeigt ihnen das Buch. Auf der markierten Seite geht es um eine These von Prof. Mittage, dass die neueren Antriebssysteme eine negative Interaktion mit den Stabilisatoren haben könnten. Also tatsächlich Schwingungen! Schall. Was auch immer, egal! Nycus stimmt ihr zu: Sie haben erst angefangen, seltsame Dinge zu sehen und zu hören, als er die Systeme hochgefahren hat. Augenblicklich gibt Claire die Anweisung, alles wieder herunterzufahren, sobald sie irgendwie herausgefunden haben, wo der Verursacher sich befindet.

    Grace und Speed

    Lourdess hört neben sich eine beruhigende, aber auch anklagende Stimme: „Du willst uns alleine lassen? Dabei haben wir dir doch so sehr geholfen!“ Und Vollers Kopfschmerzen nehmen zu. Er beginnt, im Rauschen etwas zu hören, erst leise, dann immer deutlicher. „Delta Delta 2 1.“ Es wird wiederholt, dann ein anderer Code, ähnlich, aber mit leichter Variation. Immer und immer wieder ertönt es, hallt durch seinen Schädel. „Ich hab es!“, ruft er plötzlich aus. „Den Code zum Logbuch!“ Er gibt Nycus durch, was er gehört hat und sein Kollege zögert.

    Das ist kein Zugangscode. „Du hast doch eh keine Ahnung“, flüstert die Erscheinung seines Vaters Nycus ins Ohr. Doch dieses Mal lässt er sich nicht einschüchtern. Er weiß genau, was das ist, was Voller da hört. Das sind Koordinaten! Er gleicht sie mit dem Schiff ab. „Eins ist im Kopf von Grace, das andere in der Turbine von Speed“, teilt er dem Rest des Teams mit. Dann fährt er alle Systeme herunter. Es ist wieder dunkel.

    Vollers Kopfschmerzen lassen allmählich nach. Die Halluzinationen nehmen ab. Es bleibt der Gruppe allerdings nicht viel Zeit, der Sauerstoff in ihren Anzügen wird allmählich knapp. Sie müssen sich aufteilen, um die beiden Geräte zügig abzubauen. Um zur Turbine zu gelangen, muss man nach draußen. Dafür sind Kane und Claire am qualifiziertesten. Der Rest geht zur Aussichtsplattform im Kopf der Grace-Gallionsfigur. Leider hat dabei niemand von ihnen bedacht, dass sie zum Entfernen der Geräte, wie auch immer diese aussehen mögen, passendes Werkzeug brauchen, das nur die beiden Techniker besitzen – und die gehen zusammen los.

    Bevor sie sich trennen, schickt Kane Nycus eine Kontonummer und die Bitte, genug Geld darauf zu überweisen, dass seine Tochter durch einen guten Anwalt aus der Hölle, die seine Exfrau ihr bereitet, herausgeholt wird.

    Nachschwingungen

    Claire wird noch einmal vom Geist ihrer Freundin heimgesucht, der sie zum Spielen animieren will. „Vielleicht“, sagt sie nur, in der Hoffnung, die Erscheinung zu beschwichtigen. An der Tür zur Luftschleuse nach draußen hängt ein Wartungsprotokoll. Die Turbine wurde etliche Male untersucht, weil es regelmäßig Beschwerden über Probleme damit gab, doch nie wurde etwas gefunden. Entweder hat der Mechaniker nicht genau nachgesehen, oder er ist einer der Saboteure gewesen. Kane und Claire klettern nach draußen, an der Statue hinunter. Nur ein Seil hält sie zusammen. Kane gleitet hinunter zur Turbine, bleibt jedoch an den Rotorblättern hängen – das Seil reißt. Mit den Magnetstiefeln hat er für den Moment Halt, doch eine Rückkehr scheint nahezu unmöglich.

    Die anderen drei eilen derweil durchs Schiff und dann die Treppen hoch zur Aussichtsplattform. Um sie herum schweben die Toten. Und Vollers Kopfschmerzen nehmen wieder zu. Er kann kaum eine Stufe hochsteigen. Und Lourdess spürt, wie sie an den Haaren gepackt wird. „Verräterin! Willst du wirklich, dass es aufhört? Du hast dich doch so gut gefühlt mit uns. Wir haben dir geholfen!“ Sie bleibt stehen. „Weiterweiterweiterweiter“, leiert Voller wie ein Mantra herunter, um sich abzulenken und kriecht die Stufen hoch. Nycus bemerkt, dass Lourdess stehengeblieben ist. „Komm, er hat Recht, wir dürfen nicht hier bleiben“, sagt er und streckt ihr seine Hand entgegen. Die Kommunikationsspezialistin zögert kurz, der Zug an ihrem Haar wird stärker. Sie ergreift seine Hand, lässt sich mitziehen.

    „Du bist so ein Versager. Nicht einmal eine Treppe hochlaufen kannst du“, erklingt die Stimme seines Vaters in Nycus‘ Kopf. Der Druck auf seinen Schultern wird schwerer, scheint ihn zu Boden drücken zu wollen. Doch Vollers „Weiterweiterweiter“ hilft ihm, in der Realität zu bleiben. Sein Vater ist nicht hier. Nycus hat es zu etwas gebracht, er ist gut in etwas, er hat einen großen Wissensschatz.

    Claire ist panisch, versucht aber, ruhig zu bleiben und einen Plan zu ersinnen. Sie nimmt das Seil und versucht, es so weit wie möglich in Richtung der Turbine zu schwingen, doch durch die Schwerelosigkeit funktioniert es nicht. Kane geht derweil tiefer in die Turbine hinein und entdeckt tatsächlich ein Gerät, das wie eine überdimensionierte Stimmgabel aussieht. Sie scheint auch noch leicht zu schwingen, doch hier im All, im Vakuum, spürt er die Auswirkungen nicht. Er zückt sein Werkzeug und beginnt mit der Demontage.

    Kriechend, schwitzend, schwer atmend kommt auch das andere Team am Zielort an. Wie ein Pfeiler ragt das Gerät vor den Astronauten auf. Es vibriert noch immer heftig. Und in dem Moment fällt allen auf, dass sie keine passenden Werkzeuge dabei haben. Das hier wird eine Menge Kraft kosten. Lourdess betet leise, während sie zu dritt versuchen, das schwingende Unding abzubauen. Ihre Köpfe schmerzen, die Stimmen sind hier so präsent wie nie zuvor. So real. Furchterregend. „Verlass uns nicht!“, schreien sie Lourdess zu. „Du bist so ein Versager!“, kreischt es in Nycus‘ Ohr. Doch in genau diesem Moment löst er das Gerät aus seiner Verankerung. Es kippt um. Die Schwingungen verebben. Die Kopfschmerzen lassen nach. Die Stimmen sind weg. Und dann ist erst einmal nur Dead Silence um sie herum.

    Rettungsmission

    Die Sauerstoffanzeige geht in den gelben Bereich. „Leute, wir haben das Ding abgebaut. Wie sieht es bei euch aus?“, fragt Claire hektisch. „Positiv, wir haben es auch hinbekommen.“ Die TL atmet kurz durch, dann fragt sie: „Wie schnell könnt ihr zum Schiff kommen? Das Seil ist gerissen. Kane steckt in der Turbine fest!“ „WAS?“ Allgemeines Entsetzen packt die Gruppe. Selbst Voller, der sich kaum bewegen kann, springt augenblicklich auf.

    Dann kommt Claire ein Gedanke. Sie klettert noch einmal an Speed hoch, schlingt das Seil um deren wehende Haare und schwebt dann selbst zur Turbine hinunter. Es erfordert etwas Geschick, aber schließlich kann sie ihren Kameraden einsammeln. Der klammert sich an sie, während sie sich am Seil wieder hochzieht und ihn auf der Haarsträhne an sich bindet. „Ich habe ihn. Wir gehen rauf zur Statue!“ Der Sauerstoff wird weniger. Kane versucht, seine eigenen Tipps anzuwenden und möglichst ruhig zu atmen. Die Minuten vergehen. Es herrscht Funkstille. Alle sind konzentriert. Selbst Claire kann die sonst so herrliche Stille des Alls nicht genießen.

    Gerade so erreichen Voller, Nycus und Lourdess ihr kleines Raumschiff. Springen hinein, öffnen mit dem Greifarm die Tore. Mit einem perfekten Manöver bringt der Pilot sie nach draußen. Das Raumschiff steigt höher und höher, die Gallionsfigur kommt ins Bild. Höher, vorbei an der Turbine, hoch zum Kopf. Und da sitzen sie, Kane und Claire. Die Sauerstoffanzeige blinkt rot. Voller bringt sein Schiff in die perfekte Position. Die beiden müssen nur ihre Hand ausstrecken, um ins Innere zu gelangen. Kurz kommt Claire der Gedanke, sie könne doch hier draußen bleiben, wo es so schön still ist. Doch sie schüttelt den Kopf. Sterben ist keine Option mehr. Sie ergreift Kanes Hand und betritt die Sicherheit des kleinen Raumschiffs.

    Epilog

    Sensation! In einem spektakulären Bergungsmanöver wurde die seit 10 Jahren verschollene Aurora zurückgebracht. Endlich können die Familien Abschied nehmen.

    Eilmeldung! Anonymous macht die Logbücher über die Geschehnisse auf der Aurora öffentlich! Verox wird vor Gericht gebracht. Ist dies das Ende des Konzerns?

    Unbekannter Gönner kauft City Futura! Nach dem Niedergang von Verox hat ein unbekannter Pilot deren Anteile an City Futura aufgekauft und eine neue Flotte aus Kriegs- und Handelsschiffen aufgestellt.

    Charity Event! In einer großzügigen Geste sponsert die ehemalige Verox Mitarbeiterin Lourdess diverse Charity Events für die Hinterbliebenen der Aurora-Katastrophe.

    Firmengründung! Die neugegründete Firma Kane & Claire Transportations steigt ins Raumfahrtgeschäft ein. Auf dem Gelände ihres Hauptquartiers entsteht eine Statue der Gallionsfigur Speed, auf deren wehendem Haar 3 Personen sitzen: Die beiden Firmengründer und Kanes Tochter.

    Fazit

    Halleluja, was für ein Abenteuer! Ich muss mich an dieser Stelle noch einmal herzlich für meine tollen Mitspieler und die geniale SL bedanken! Die Charaktere waren lebendig, die Atmosphäre perfekt. Ich war so mitgerissen, dass ich mir im Anschluss sogar das Buch gekauft und verschlungen habe. Und ich muss sagen: Unsere Version der Geschichte hat mir deutlich besser gefallen [Blockierte Grafik: https://s0.wp.com/wp-content/mu-plugins/wpcom-smileys/twemoji/2/svg/1f609.svg]

    Wir haben um die 6 Stunden gespielt, die hat das Szenario aber auch gebraucht für einen guten Aufbau des Setting, der Charaktere und der Stimmung. Es wurde viel mit Musik und selbstaufgenommenen Einspielern gearbeitet und es gab ein paar Requisiten, die öfter zum Einsatz kamen. Das einzige, was mich persönlich irritiert hat, waren die Einflüsterungen der SL, weil ich mir manchmal nicht sicher war, ob das nun SL-Hinweise sein sollen oder ich wieder Geistererscheinungen sehe/höre. Als Claire-Spielerin war das aber vollkommen in Ordnung und hat zusätzlich zur Stimmung beigetragen.

    Für mich persönlich eines der besten Rollenspielerlebnisse überhaupt. Ich bin gespannt zu erfahren, wie andere Spielrunden verlaufen, sollte das noch einmal angeboten werden [Blockierte Grafik: https://s0.wp.com/wp-content/mu-plugins/wpcom-smileys/twemoji/2/svg/1f642.svg]

    - Spielt aktuell: Unknown Armies/Nemesis, Call of Cthulhu/Nemesis.
    - Leitet aktuell: Oneshots CoC/Unknown Armies/Nemesis.

  • Cinemancer 4. August 2024 um 15:10

    Hat das Label Spielbericht hinzugefügt.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!