Alles anzeigenFurcht und Angst sind Emotionen, die am Spieltisch je nach Gruppe schwer zu erwecken sind.
Eine bedrohliche, sich langsam aufbauende Atmosphäre mit düsteren Hintergrundklängen, flackernden Kerzen, unheimlicher Beschreibung usw. kann alle in ihren Bann ziehen – ist aber mit einem flappsigen Witz einer mitspielenden Person schnell dahin.
Das kann zu Frustrationen führen, und es ist hilfreich, als Spielleitung im Vorfeld klar die angestrebte Grundstimmung einer Kampagne zu besprechen.
In manchen Gruppenkonstellationen ist klassischer Horror jedoch schwer umsetzbar, selbst wenn die Beteiligten ihn eigentlich bespielen wollen.
Manche Mitspieler:innen mögen vielleicht keinen Grusel oder fürchten sich sehr leicht, so dass sie eine für sie zu bedrohliche Atmosphäre durch Witze aufzulockern versuchen – was ihnen hilft, aber allen anderen das Spielerlebnis ruinieren kann.
Einige denkbare Wege, um diese Klippe zu umschiffen, können sein:
- Bei der Auswahl der Mitspieler:innen darauf achten, dass alle im selben Boot sitzen und Interesse daran haben, sich so richtig in Angst und Schrecken versetzen zu lassen à denn niemandem ist damit gedient, eine Horrorrunde zu spielen, ohne Horror zu mögen
- Klare Kommunikation zur intendierten Stimmung und zum Umgang mit OT-Witzen usw.
- Pausen – in diesen kann man die Anspannung mit Gesprächen abbauen und flapsige Bemerkungen und Witze raushauen
- Solo-Sessions. In 1:1 Sessions kann Horror erfahrungsgemäß noch viel intensiver wirken
- Terror!
Terror ist ein guter Ausweg, wenn subtiler Horror schlecht greift oder die Atmosphäre aufgrund von unabsichtlichen oder absichtlichen Störungen immer wieder zusammenbricht, aber grundlegend das Genre Horror von allen am Tisch gewünscht ist.
Ein Videospielvergleich: Wo manche Spiele auf schleichenden, psychologischen Horror setzen, setzen andere Spiele auf blanke Eskalation und Terror, wie beispielsweise die Dead Space Reihe.
Das heißt nicht, dass ein Horrorabenteuer dafür actionbetont oder voller Splatter sein müsste – ganz und gar nicht.
Aber: Anstatt über schummriges Licht und gruselige Beschreibung des Unsagbaren wird der Schrecken am Spieltisch durch eine beständige Eskalation der Ereignisse befeuert.
Wenn ein genetisch modifizierter Elitesoldat durch die Korridorwand bricht, ein mutierter Schrecken den Helikopter der Gruppe zum Absturz bringt oder die Geiseln nur noch wenige Minuten Zeit haben, ehe der Sauerstoffvorrat zur Neige geht, dann ist schnelles Handeln gefragt. Das erzeugt Spannung, und je nach Szenario und Art der Bedrohung auch Furcht. Ruhephasen reduzieren, SCs an ihre Grenzen bringen und die Daumenschrauben immer weiter anziehen bis es quietscht (eine der liebsten Redewendungen unserer Spielleitung) helfen sehr, die Spannung am Spieltisch zu halten.
Zusätzlich ist natürlich wichtig, dass es um etwas geht. Es hat Auswirkungen, wie die Gruppe mit bestimmten „Plotgranaten“ und Eskalationen umgeht.
Wenn dabei die Fronten unklar sind, man sich weder auf die eigenen Sinne, noch auf die Gruppe verlassen kann, macht es das umso intensiver.
Der besessene SC, der nach Wochen der heimlichen Agitation dann mitten in einer gefährlichen Ruinenanlage eine Anrufung des YIG startet war definitiv überraschend, und hat die Lage massiv verschärft. Sehr sehr unterhaltsam.
Wenn das Finale der Session dann damit endet, dass ein SC sich mit dem Älteren Zeichen in seinem Schädel gesprengt hat, um einen Alten am Erwachen zu hindern, der besessene SC bewusstlos und gefesselt zum Exorzismus ausgeflogen wird, und der letzte im Bunde einfach unglaublich allein der Dinge harrt, die noch kommen, dann hat man definitiv was zu Erzählen. Großes Kino, sozusagen.
Quelle: https://cthulhuskartenkiste.wordpress.com/2021/08/21/rpg-a-day-2021-furcht/