Alles anzeigen„FHTAGN“ ist das hauseigene Rollenspiel der deutschen Lovecraft-Gesellschaft. Cthuloide Themen lassen sich damit ebenso mühelos abdecken, wie andere Horror-Tropen. „Der Tod in Venedig“ verwendet ein cthuloides Motiv, schafft aber sehr persönlichen Horror. Wir riskieren einen Blick!
Das vollständige Grundregelwerk zu „FHTAGN“ gibt es zwar bislang nur als Webseite (http://www.fhtagn-rpg.de), ohne eine eigene Printausgabe. Dennoch sind bereits einige Abenteuer auch als Printpublikation für dieses System erschienen. Das Schöne daran ist natürlich, dass jeder Interessierte das komplette Regelwerk ohne weitere Kosten zur Verfügung hat. Die Printausgabe des Regelwerks ist allerdings nach wie vor geplant und nur aufgeschoben.
„Der Tod in Venedig“ stammt aus der Feder von Moritz Honert, der sich bereits im Rahmen der cthuloiden Fanzine „Cthulhus Ruf“ das eine oder andere Mal als hervorragender Abenteuer-Autor präsentieren konnte. Für den Auftakt der „FHTAGN“-Abenteuerreihe wählt er allerdings ein Thema, dass sicherlich polarisieren wird. Da die Handlung des Abenteuers wirklich sehr speziell ist, und ich einer Spielleitung nicht ohne tiefergehende Informationen über das Abenteuer berichten kann, enthält die folgende Hintergrundbeschreibung Spoiler. Potentielle Spieler sollten also an dieser Stelle nicht weiterlesen.
„Der Tod in Venedig“ ist für zwei Spieler konzipiert. Diese schlüpfen in die Rolle von Rebecca und Reginald Martin, einem britischen Ehepaar, dass auf einer Urlaubsreise in Venedig verweilt. Reginald ist Schriftsteller und als solcher auf der Suche nach einer inspirierenden Auszeit. Doch der Horror beginnt, als die beiden morgens im Hotel erwachen und feststellen müssen, dass ein unglaubliches Verbrechen geschehen ist. Denn ihr Kindermädchen wurde betäubt und von ihrem dreijährigen Sohn Nicolas fehlt jede Spur. Während sich die Polizei mäßig interessiert und eher träge zeigt, raunen Passanten und Hotelangestellte schon bald von Biasio, dem Metzger von Santa Croce. Dieser lebte zwar im 15. Jahrhundert, doch seine abscheulichen Taten halten seine Legende bis heute lebendig. Hat er etwas mit Nicolas‘ Verschwinden zu tun?
Bis zu dieser Stelle könnte man noch von einem „normalen“ Abenteuer ausgehen. Die beiden Protagonisten stürzen sich in die Recherchen und versuchen herauszufinden, was in der vergangenen Nacht geschehen ist. Doch die Wahrheit ist viel grausiger. Denn tatsächlich ist Reginald, ohne es im Moment zu ahnen, Mitglied eines kannibalistischen Kultes und hat seinen Sohn in der gestrigen Nacht gemeinsam mit seiner nichtsahnenden Frau Rebecca verspeist. Der Autor löst die Unwissenheit der Charaktere in einer Reihe von Flashbacks auf, die sie erhalten, wenn sie bestimmte Orte aufsuchen oder bestimmte Menschen wiedertreffen. Wie das Abenteuer endet ist kaum vorherzusehen und hängt einzig von der Reaktion der Spieler auf diese Erkenntnis ab.
„Der Tod in Venedig“ ist sicherlich kein Szenario für jedermann. Immerhin schlüpfen die Spieler hier – ohne es zu ahnen – in die Rolle von Menschen, die etwas absolut Unmenschliches und Grausames getan haben. Insbesondere der Charakter Rebecca ist doppelt gegängelt – zuerst des Gedächtnisses beraubt und dann auch noch unwissend in der Mittäterschaft. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Szenario später noch schwer im Magen liegt. Das ändert natürlich nichts an der generellen Qualität des Textes, die einen absoluten Horrortrip par excellence verspricht.
Die Aufbereitung des Materials ist gut gelungen. Das Szenario wurde in einfachen Szenen aufbereitet, die den idealisierten Ablauf widerspiegeln. Gleichzeitig werden aber Hinweise auf Um- und Irrwege gegeben, so dass jeder Spielleiter recht problemlos durch das Abenteuer leiten kann. Das Layout ist sauber und aufgeräumt, so dass der Spielleiter rasch alle wichtigen Informationen wiederfindet. Insbesondere die großzügige Bebilderung hat mir gut gefallen.
Fazit: „Der Tod in Venedig“ ist ein wahrer Horrortrip und garantiert nichts für jede Spielrunde. Wer auf der Suche nach absolut persönlichem Horror ist, wird aber kaum jemals fündiger als hier. [Blockierte Grafik: https://analytics.rsp-blogs.de/piwik.php?idsite=5&rec=1&url=https%3A%2F%2Fseanchuigoesrlyeh.wordpress.com%2F2021%2F03%2F15%2Frezension-der-tod-in-venedig%2F%3Fpk_campaign%3Drsp-blogs%26pk_kwd%3Drezension-der-tod-in-venedig&action_name=Seanchui+goes+Rlyeh%3A++Rezension%3A+Der+Tod+in+Venedig&urlref=https%3A%2F%2Frsp-blogs.de%2Ffeed%2F]
Quelle: https://seanchuigoesrlyeh.wordpress.com/2021/03/15/rez…-tod-in-venedig