Alles anzeigenEs hat Tradition, dass wir in der dunklen Zeit „zwischen den Jahren“ einen cthuloiden One-Shot einschieben. In diesem Jahr entschied ich mich (endlich) für das von Mirko Bader vorbildlich niedergeschriebene Szenario „Summ, Bienchen, summ“ aus der Cthulhus Ruf #08. Und wer es sich nicht denken kann: der Spielbericht enthält zahllose Spoiler!
Inhalt des Szenarios
Die Spieler schlüpfen in die Haut von Büroangestellten, die urplötzlich unter Summgeräuschen zu leiden beginnen. Irgendwann müssen die SC entnervt feststellen, dass die Geräusche in ihrem Kopf zu sein scheinen. Tatsächlich sind sie unabsichtlich Opfer eines Experimentes der neuen Firmenleitung geworden – aufgrund eines Versehenes haben sie Kaffee konsumiert, der mit einem experimentellen Wirkstoff versetzt war. Während Führungskräfte und Betriebsarzt versuchen, die SC zu beruhigen, müssen diese so unauffällig wie möglich die Hintergründe aufdecken…
Vorbereitung
– Das Szenario war rasch vorzubereiten. Ich habe es einmal im Vorfeld durchgelesen und mir bei einem zweiten Durchgang wenige Notizen gemacht. Das hat völlig gereicht.
– Zur Unterstreichung der Atmosphäre habe ich ein paar Fotos rausgesucht von Großraumbüros. Das aber auch nur, weil wir online gespielt haben und ich daher nicht einfach das bebilderte Heft herumreichen konnte.
– Ebenfalls dem Online-Spiel geschuldet war das Übertragen der SC-Werte auf den ausfüllbaren Charakter-Bogen. Dazu habe ich folgende Infos an die Spieler ausgegeben:
Ihr werdet am Mittwoch in die Rolle eines Büro-Angestellten der „FlatDeal“-Corporation schlüpfen. Die FlatDeal-Corporation verdient ihr Geld mit Telefonverkäufen und Ihr seid eben genau das: Telefonverkäufer. Ihr arbeitet in einem großen Bürokomplex, dessen 5.-7. Etage von der „FlatDeal“ angemietet worden sind; ansonsten gibt es hier noch Immobilien- und Versicherungsmakler, Consulting, Steuerberatung, Qualitätsmanagement, mehrere Marketing-Agenturen, eine Personaldienstleistung etc., die jedoch allesamt mit „FlatDeal“ nichts zu tun haben.
- In der fünften Etage arbeiten freiberufliche Mitarbeiter (Studenten, Halbtagskräfte), die niedrigpreisige Waren wie Zeitschriftenabos oder billige Gartengeräte verkaufen.
- In der sechsten Etage (hier arbeitet Ihr) arbeiten Vollzeit-Mitarbeiter (kleines Grundgehalt, Verkaufsprovision); hier werden Unterhaltungselektronik, Haushaltswaren, Bücher etc. verkauft. (Buchreihe: Der große Hausdoktor, CD-Box: Vergessene Country-Songs aus Montana, Ratgeber: Werden Sie ein Star (in drei Bänden), Reinigungsmittel SIFF…)
- In der siebten Etage arbeiten Kollegen, die besonderes Verkaufstalent bewiesen haben. Das Grundgehalt ist höher und es werden hochpreisige Waren (=hohe Provisionen) verkauft: Autos, Reisen, aber auch Versicherungen. Jeder kann in die siebte Etage befördert werden, wenn er sich geschickt genug anstellt.
Ansonsten ist „FlatDeal“ ein ganz normales Büro. Großraumbüro. Ihr arbeitet in recht kleinen „Boxen“. Es gibt einen Aufzug im Gebäude, Kaffee gratis, eine Kantine im Erdgeschoss… euer Boss heißt Winston Clark, einige andere Büroangestellte sind Jimmy Trebbiano (Sunnyboy und Verkaufstalent), Louise May Heiderberger (die schönste Frau im Büro), Sue Parker (pummelige Tratschtante), Deborah Schaefer (Sekretärin von Winston Clark) – um nur einige Beispiele zu nennen. Insgesamt arbeiten auf jeder Etage rund 40 Mitarbeiter.Mit diesem Vorwissen ausgestattet, machten sich meine drei Spieler dann auf in die Ereignisse, die vor ihnen lagen.
Charaktere
Charles, Michael und Hal – drei bereits seit Jahren in der 6. Etage angestellte Schreibtischtäter. Wenigstens Charles hat die Hoffnung auf die 7. Etage noch nicht aufgegeben.
Verlauf
Die Charaktere erwachen an einem ganz normalen Morgen in ihrem Haus. Die üblichen Handgriffe und Morgenrituale später werfen sie sich aufs Fahrrad oder stürzen sich in die U-Bahn um ihren Arbeitsplatz, die FlatDeal-Corporation zu erreichen. Ein freundliches Nicken im Aufzug, ein kurzer Plausch am Kaffee-Automaten, dann beginnt der nächste, eintönige Arbeitstag.
Zunächst wenden sich alle ihren Telefonverkäufen zu. Michael verkauft einem alten Veteranen einen Zwei-Jahresvorrat SIFF (DAS Reinigungspräparat), Charles schafft es einer genervten Hausfrau eine CD-Box mit den schönsten Country-Songs aus Montana anzudrehen. Noch während Hal versucht, mit allen Tricks, die zwölfbändige Buchreiche „Der Hausdoktor“ an den Mann zu bringen, wird Michael darauf aufmerksam, dass es seiner Kollegin Louise nicht gutzugehen scheint. Sie ist auf der Suche nach einem Insekt, dass sie stört. Ganz Gentleman beteiligt sich Michael an der Suche – auch, wenn er das angebliche Summen nicht hören kann. Schließlich entscheidet sich Louise, den Betriebsarzt aufzusuchen.
Wenig später beginnen auch die drei SC unter dem Summgeräusch zu leiden. Weder die genaue Untersuchung des Headsets noch des Computers können hier Abhilfe schaffen. Auch die Kontrolle der Klimaanlage durch den herbeigerufenen Hausmeister Carl bleibt ergebnislos. Die drei wenden sich an ihren Chef, Clark Wilson, der sie zum Betriebsarzt schickt. Vom Chefbüro aus kriegen die Charaktere mit, dass zwei hünenhafte Männer in schwarz die Sekretärin, Miss Schaefer, befragen und mitnehmen. Von Tratschtante Sue erfahren sie, dass es wohl um Kaffee ging… Langsam macht sich ein mulmiges Gefühl breit.
In der siebten Etage bemerkt man verdutzt das seltsame Verhalten der Kollegen. Worte wie „Gehirnwäsche“ machen erstmals die Runde. Beim Betriebsarzt verläuft erst alles normal. Louise scheint es besser zu gehen, die drei SC werden untersucht und dann mit MRT-Aufnahmen konfrontiert die ihnen beweisen sollen, dass mit ihnen alles in Ordnung ist. Hal fällt auf, dass Dr. Bernard ihm eine falsche Aufnahme zeigt, was dieser jedoch rasch abwiegelt. Alle SC leiden wohl unter Überarbeitung und Verspannungen, sie sollen eine Pille nehmen und ein paar Tage ausspannen. Das Mißtrauen der SC überwiegt jedoch. Eine der Pillen wird genau untersucht, das Gelee Royale entdeckt. Ohne weitere Zusammenhänge können die SC jedoch keine weiteren Schlüsse ziehen. Also entschließt man sich, wenn schon nicht die Pille, dann wenigstens den Rat des Doktors anzunehmen und ein paar Tage frei zu machen. Da allerdings ist Chef Wilson überhaupt nicht einverstanden (Zitat aus dem Abenteuer: „Solange sie nicht tot sind, können sie auch arbeiten“) und erwartet gerade für heute noch ein paar Abschlüsse!
Die drei fügen sich in ihr Schicksal, sind nun gegenüber dem Kaffee allerdings mißtrauisch. Zunächst will Michael einen vom Straßenverkäufer gegenüber hohlen, wird jedoch von Sicherheitspersonal aufgehalten – er solle noch einmal dringend zu Mr. Wilson ins Büro kommen. Als nächstes versucht Hal sein Glück, doch ihm blüht das gleiche Schicksal. Michael wird indessen eine Beförderung in den 7. Stock in Aussicht gestellt, was dieser wiederum mit einem Kaffee zu feiern gedenkt. Eine weitere (diesmal fast eskalierte) Begegnung mit der Security später landen Hal und Michael in der Arrestzelle der Security.
Hal schreibt daraufhin von seinem Handy Charles an und lotst ihn in den Security-Bereich. Charles schlägt den einzelnen Wachmann mit einem Paket Kopierpapier nieder und befreit seine Kameraden. Dann entdecken sie die Treppe nach oben – seit wann gibt es hier einen achten Stock? Die Charaktere wanken nach oben, das Summen in ihren Köpfen wird lauter und lauter (und verursacht nun STA-Verluste)… in der achten Etage angekommen entdecken sie den Laborbereich. Michael hat dem niedergeschlagenen Sicherheitsmann seine Pistole abgenommen und stürmt nun den Bereich. Die fünf Wissenschaftler wehren sich nicht und Dr. Drews versucht noch, die Lage zu deeskalieren. Ja, er erklärt auch recht viel von dem Experiment, unter dem die siebte Etage steht, und dass es unbedenklich sei – sofern alle Rahmenbedingungen eingehalten werden… Die SC fesseln die Wissenschaftler und öffnen die letzte Tür. Hier treffen sie zunächst auf den Bildschirm mit Mr. Sakura, der alle Hintergründe erklärt, dann auf das riesenhafte Insekt, das Mr. Sakura ist… nur knapp entkommen sie dem Wesen, hechten aus der achten Etage heraus, nehmen das Treppenhaus, werden bald von zwei Seiten von der Security eingekreist und fliehen über die Feuerleiter des zweiten Stocks.
+Ende+
Nachbetrachtung
Das Szenario ist in seiner Entwicklung sehr frei angelegt und fordert vom SL ein gewisses Maß an Flexibilität und Improvisation. Zwar verhielten sich meine SC fast so, wie es vorbildlich gewesen ist, doch gab es durchaus kritische Stellen, an denen die Handlung auch völlig hätte entgleiten können. Darauf muss man gedanklich vorbereitet sein.
Davon abgesehen hatten wir einen sehr spaßigen Abend. Das Setting ist wirklich cool gewählt, die Verkaufsgespräche waren eine tolle Möglichkeit, um „warm zu werden“, die vielen kleinen und großen Klischees machen einfach einen Heidenspaß. Dazu ist das Szenario aber auch entnervend – der ständige Summton, das Gefühl des „Ausgeliefert-Sein“, das wachsende Misstrauen gegenüber Kollegen und Vorgesetzten und das Gefühl, im Dunkeln zu tappen – CTHULHU wie es sein soll 🙂
Pro
+ Kurze Vorbereitung
+ Gute Aufbereitung
+ Tolles Setting, tolle Ideen
Con
– Das Szenario bietet Möglichkeiten, um komplett zu entgleisen (…nicht im Sinne von „Railroading“ verstehen…) und braucht daher Improvisationsfreude und gewisse Zugeständnisse der Spieler, um einwandfrei zu funktionieren [Blockierte Grafik: https://analytics.rsp-blogs.de/piwik.php?idsite=5&rec=1&url=https%3A%2F%2Fseanchuigoesrlyeh.wordpress.com%2F2021%2F01%2F11%2Fspielbericht-summ-bienchen-summ%2F%3Fpk_campaign%3Drsp-blogs%26pk_kwd%3Dspielbericht-summ-bienchen-summ&action_name=Seanchui+goes+Rlyeh%3A++Spielbericht%3A+Summ%2C+Bienchen%2C+summ&urlref=https%3A%2F%2Frsp-blogs.de%2Ffeed%2F]
Quelle: https://seanchuigoesrlyeh.wordpress.com/2021/01/11/spi…m-bienchen-summ