Beiträge von Thelaios

    Ich bin auf folgende Ausführungen S.T. Joshis zu Lovecrafts Rassismus gestoßen. Speziell dazu habe ich im Forum nichts gefunden und hoffe daher, hiermit nicht alte, schon geklärte Kamellen zu wiederholen.

    Die folgende Übersetzung ist von mir. Nachzulesen ist das im Original in dem Essay „Lovecraft’s Essays“ von S.T. Joshi, in „Lovecraft and a World in Transition“, Hippocampus Press, 2014, S. 487. Der Essay „Lovecraft's Essays“ erschien erstmals bereits 1995 als Einleitung zu Miscellaneous Writings, Sauk City, Arkham House.

    „The Crime of the Century“ (1915) [„Das Verbrechen des Jahrhunderts“] wirft jedoch eine Frage auf, die wir bislang ignoriert haben: Lovecrafts Rassismus. Ich bin nicht länger überzeugt, dass wir in dieser Angelegenheit sehr nachsichtig mit Lovecraft sein können. Ja, es ist wahr, dass viele zu seiner Zeit und aus seiner Gesellschaftsschicht so dachten wie er; wahr ist aber auch, dass führende Denker diese Ansichten im Lichte der Beweise ablegten, die seinerzeit durch Biologen, Anthropologen und Psychologen zusammengetragen wurden. Lovecraft hielt am Irrtum der biologischen und kulturellen Unterlegenheit der Schwarzen bis an sein Lebensende fest, obwohl Studien von Franz Boas und W.E.B. Du Bois derlei Behauptungen zur Jahrhundertwende zerstört hatten; er war stets ein Befürworter der Rassentrennung, behauptete, dass die Assimilierung von Fremden nur bei rassisch homogenen Gruppen stattfinde und nur, wenn die Fremden die Gesamtheit ihres Erbes und ihrer Kultur ablegten und jene der vorherrschenden Gruppe übernähmen. Und es ist eine traurige Tatsache, dass seine Ansichten sich gegen Ende seines Lebens nicht annähernd so sehr änderten, wie manche Apologeten uns glauben machen wollen. Das ist die Tragödie von Lovecrafts Rassismus: In dieser einen Hinsicht scheiterte er daran, die Offenheit für neue Beweise an den Tag zu legen, die er in jeder anderen Facette seines Denkens zeigte. Die bloße Tatsache, dass er genötigt war, die Angelegenheit mit seinen jüngeren Korrespondenten so vehement zu debattieren – welche nicht die Erziehung erhalten hatten, die er hatte – hätte ihn dazu bewegen müssen, seine Ansichten einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen; doch nichts dergleichen geschah.

    In seiner Einführung zu "Die Musik des Erich Zann" äußert sich auch Marco Frenschkowski über Lovecrafts Beziehung zur Musik. Ich zitiere mal:

    "... Lovecraft, der selbst als Junge Geigenstunden hatte, konnte auch etwas Klavier spielen und besaß eine gute Gesangsstimme (Tenor). Als 11-jähriger spielte er in einer Band ("Blackstone Military Band") "Zobo", eine Art Mischung aus Mundharmonika und Mirliton. Seine musikalischen Freunde schätzten ihn dabei wegen seines präzisen Rhythmusgefühls. Zumindest einmal (September 1920) hat er auch öffentlich auf einer Tagung ein Lied vorgetragen ..."

    Leider ist nicht angegeben, aus welcher genauen Quelle diese Informationen stammen.

    Ein kleines Schlaglicht möchte ich zu dieser Diskussion beitragen, anknüpfend an die Ausführungen von Axel zu "Supernatural Horror in Literature".

    Ich beziehe mich im folgenden auf die Schriftstellerin C. L. Moore (1911-1987) und ihre Geschichte "Black God's Kiss", auf deutsch abgedruckt im Band "Lovecrafts Dunkle Idole I & II", erschienen im Festa-Verlag. Meine folgenden Zitate stammen von dort (ab S. 554).

    Im Vorwort der obigen Festa-Ausgabe zu dieser zuerst in Weird Tales erschienenen Story - die eine Kriegerin als Protagonistin aufweist - wird ausgeführt, dass Lovecraft die Geschichte ausdrücklich gegen die Kritik eines gewissen William Frederick Anger verteidigte. In einem Brief an Anger vom 28. Jan. 1935 lobt er "Black God'S Kiss" explizit, besonders für ihre Atmosphäre von "Fremdartigkeit und kosmischer Furcht" und schreibt sogar: "Miss Moore gehört gewiss zu den besten Autoren von W.T., neben Smith, Howard ..." In einem weiteren Brief an Anger vom 16. Feb. 1935 lobt Lovecraft Miss Moore erneut für ihre "markante sprachliche Begabung."

    Ich möchte hiermit Lovecraft nicht als Vorkämpfer der Emanzipation stilisieren. Ich denke nicht, dass das die Zielrichtung seiner obigen Äußerungen war. Mir scheint lediglich, dass er eine Story schlicht danach beurteilte, ob sie ihn entsprechend seiner speziellen literarischen Ansichten zu überzeugen vermochte oder nicht; gleichgültig ob der Urheber ein Mann oder eine Frau war.