Wie ich auf Lovecraft stieß

  • Hallo zusammen,

    ob das der richtige Ort für ein paar Worte darüber ist, wie man (ich) auf H.P.L. stieß und welche Geschichte es war - sofern man sich noch daran erinnern kann -, die man als Erstes von ihm gelesen hat, kann ich nicht beurteilen (Einer entsprechenden Verschiebung steht ja nichts im Weg).

    Ich weiß nicht mehr genau, wie alt ich zu diesem Zeitpunkt gewesen bin - vermutlich zwischen 12 und 14. Ich konnte also bereits lesen. Aber das ging so langsam vonstatten, dass mich bei der an und für sich moderaten Seitenanzahl von "Das Grauen von Dunwich" schon beim kleingedruckten Charles Lamb - Zitat das blanke Grauen erfasste: "Dafür brauche ich gewiss mehrere Tage", sagte ich mir. Und so war es auch, nachdem ich mich endlich dazu durchgerungen hatte, diese "Monstergeschichte" in Angriff zu nehmen. Dass ich es nicht bereut hatte, muss wohl nicht erwähnt werden. Der unverhohlenen Nennung von A. Machen's "The great God Pan" und der nicht ganz so direkten von E.F. Benson's "Negotium perambulans in tenebris" ging ich erst Jahre später nach: zwei ausgezeichnete Erzählungen!

    Aber alles der Reihe nach:

    Den hier abgebildeten Suhrkamp-Band, der damals schon so aussah, als wäre er einer Mülltonne entnommen worden, hatte mein Bruder aus einem Schwimmbad angeschleppt: im Gras gefunden. Ich kannte weder Lovecraft noch Artmann, aber das Umschlagsbild zog mich in seinen Bann. "Der leuchtende Trapezoeder" schien mir ein netter Titel zu sein und die Länge der Geschichte hielt sich in Grenzen. Nachdem ich mir zu jedem Satz umfangreiche Vorstellungen machte und deshalb mit dem Lesen nicht weiterkam, spannte ich kurzerhand meine Großmutter zum Vorlesen ein. Was ich da zu hören bekam - sie war auf meinen Wunsch trotz der verstörenden Grafik eingegangen - gefiel mir außerordentlich gut. Die Antwort auf meine Frage nach der Bedeutung des Wortes "Fragmente" fand ich anfangs eher desillusionierend - vielleicht hätte ich mit "Pickman's Modell" oder "Das Grauen von Dunwich" beginnen sollen -; sie ließ mich jedoch in der Folge schnell erkennen, dass Lovecraft's "Geistergeschichten" - Was für ein trivialer Titel! - etwas ganz Besonderes waren.


    Wäre nett, wenn ihr auch etwas zu eurer ersten "Begegnung" mit H.P.L. erzählen könnt.

    Lliam


    PS:

    Weil von H.C. Artmann die Rede war, was hält ihr von der Lovecraft-Persiflage "Die Jagd nach Dr. U"? Mir blieb nur ein schöner Satz in Erinnerung: "Und seine Augen wurden grün und böse wie die Stachelbeeren einer Zaubernacht." Ich könnte nun nachsehen, ob das wirklich so dort steht, aber das ist mir der Aufwand nicht wert.

  • Meine erste Sammlung Lovecraft fand ich in einem Second-Hand-Shop in Berlin-Frohnau. Das war ein zerlesenes Exemplar aus den frühen Siebzigern vom Sk-Verlag, geschrieben in einer hasserfüllten und geistverderbenden kleinen Druckschrift. Nun, das Buch war damals höchstens zehn Jahre alt, denn wir schrieben den frühen 80er und ich war damals höchstens 17 oder 18 Jahre alt. Es war Berge des Wahnsinns - , oder war es Schatten über Innsmouth? Tatsächlich kam ich erst zwei Jahre später, nach Abitur und einem Umzug nach Westdeutschland und darauf eine Rückkehr zum Studium nach Berlin zum Lesen. In meiner ersten eigenen Wohnung in Tegel-Süd (Borsigwerke). Es war eine kitschige, weil viel zu klischeebeladene Herbstnacht, als ich erstmals darinnen las. Alleine in dem mir unbekannten Viertel trieb mich die innere Spannung nach "Die Musik des Eric Zann" auf die stinkende, neblige Straße 8"Regen tireb den Abschaum und Dreck des Tages in die Gossen der Großstadt..."). Und dieser gottverdammte Nebel gab mir den Rest: Denn ich kam an der Rückseite des Borsiggeländes vorbei und diese modrige alte Halle wollte scheinbar im Nebel kein Ende finden, während mir der Blick auf das Dach des Gebäudes durch die Schwaden verhangen war. Kurzum: Ich war um einiges schneller zurück in meiner 23qm Wohnung als gedacht. - Das Erlebnis habe ich übrigens in einer Kurzgeschichte in "Die Alten" veröffentlicht, weil zu prägnant.

    .


    [Blockierte Grafik: https://pictures.abebooks.com/isbn/9783518367209-de.jpg]

    Einmal editiert, zuletzt von Steffen Quaer (19. Dezember 2022 um 17:27)

  • Uh, Hm. Bei mir verschwimmt die Erinnerung, was denn genau zuerst da war, ein wenig. Meinen ersten Kurzgeschichtenband kenne ich natürlich - das war "Cthulhu Geistergeschichten" aus dem Suhrkamp Verlag (also ähnlich wie bei Lliam). Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich zuerst auf das Rollenspiel und davon angefixt an die Kurzgeschichten gekommen bin, oder über die Kurzgeschichten angefixt ans Rollenspiel...

    Ich glaube aber, dass meine erste Begegnung mit Lovecraft über das Rollenspiel erfolgte, hier insbesondere über die WunderWelten, ein Magazin, welches auch öfter cthuloides Material enthielt. Als dann in meinem örtlichen RPG-Laden ein Ausverkauf stattfand (Regalräumung) und ich die damals aktuelle, englische Version 5.5 zum halben Preis bekommen konnte, habe ich zugeschlagen. Von da aus nahm dann das Grauen seinen Lauf - auch, wenn ich zu der Fülle an Tätigkeiten rund um lovecraftsches Grauen (Blog, RPG-Autor, Lovecrafter, Lovecrafter online etc...) dann doch erst viel später kam.

  • Ich habe so um 2000 rum mit meiner Clique Tag und Nacht, anstatt in die Schule zu gehen, Tabletop gespielt wie ein Blöder. Und bin auf die Mythos-Zinnfiguren von RAFM, Ral Partha und wie die Firmen alle hießen gestoßen. (Links: Elder Thing , Great Race of Yith )

    Die waren so seltsam amorph und ganz anders als die Monster der Fantasyspiele. Das war natürlich auch noch lange bevor jedem Brettspiel kiloweise detaillierte Kunststofffiguren beilagen und bevor es dutzende/hunderte Mythos-Spiele mit entsprechenden Spielminiaturen aller erdenklichen Wesen gab.

    Anfangs fand ich die Figuren irgendwie albern, so "geometrisch", man will im Alter von 11 oder 12 natürlich eigentlich lieber brutale Dämonen mit Sensen und Barbaren mit Streitäxten.

    Aber losgelassen hat es mich auch nicht und dann kamen bald die ersten violett-/magentafarbenen Suhrkamp-Büchlein ins Haus.

    Für mich auch immer noch die schönsten Bücher überhaupt. Prachtausgaben, Illustrationen, Vorworte gelehrter Personen, alles Pustekuchen! Es geht für mich nichts über abgegrabbelte alte Suhrkamp-Kladden. Wirklich.

  • Bei mir war es 2008 oder 2009 herum, als die Erstauflage des „Horror Stories“ Bandes vom Suhrkamp Verlag auf den Markt kam.

    Ich habe mir das Buch gekauft, weil ich schon desöfteren neugierig bezüglich Lovecrafts Geschichten war und ich fand es extrem langweilig und trocken 😂

    Dann vergingen noch ein paar Jahre und ich schaute wieder in das Buch rein.

    Anscheinend war ich bei meinem ersten Anlauf noch nicht so weit, denn bei meinem zweiten Versuch war ich begeistert.

    Im Zusammenhang erschloss sich mir dann auch der extrem komplexe spielerische Anteil des Mythos und ab da war es dann ganz um mich geschehen 🦑

  • Als Kind. Ghostbusters-Hörspiel (!) "Die anstrengende Geisterbeschwörung". Daraufhin hat auf meinen Wunsch hin meine Mutter "Cthulhu - Geistergeschichten" und "The Best of H.P. Lovecraft" von Suhrkamp besorgt. Und dann saß ich da als Kind mit einem Fremdwörter-Duden neben mir und hab gelesen. :)

    The real Ghostbusters - 045. Die anstrengende Geisterbeschwörung - video Dailymotion

    Als Erwachsener muss ich sagen, auf Deutsch fehlen die vielen, vielen Anspielungen auf den Cthulhu-Mythos oder Autoren wie August Derleth und Clark Ashton Smith, aber es ist immer noch mit viel Nostalgie behaftet. ;)

    Je größer der Dachschaden, desto schöner der Ausblick in den Himmel!

  • Ich habe den Namen Lovecraft zum ersten Mal durch die Beschäftigung mit den entsprechenden Lyrics von Metallica gelesen.

    Obwohl ich die Songs mochte, hat mich das aber noch nicht zum Lovecraftleser gemacht.

    In einem Anglistikseminar für Examenskandidaten war The Outsider auf der Leseliste und hat mich sehr beeindruckt.

    Ich habe dann erst nach dem Studium so richtig angefangen, Lovecraft zu lesen und vor allem auch zu hören. Die Naxos Audiobooks haben mich auf vielen Autofahrten begleitet und mitgerissen.

    In meiner Rollenspielgruppe gab es dann einen Umbruch, der mit einem Wechsel von DSA zu Cthulhu einherging.

  • Bei mir ist es noch gar nicht so lang her, dass ich zu Lovecraft gefunden habe. Es war so 2016/2017 rum. Den Name Lovecraft und Cthulhu-Mythos hatte ich vorher schon immermal nebenbei irgendwie aufgeschnappt aber bis dato hatte ich nie einen Bezug dazu. Das änderte sich nachdem ich zum ersten mal eine vollständige Geschichte als Hörbuch hörte.

    Meine ersten drei Hörbücher werden ich nie vergessen. Das waren Pickmans Model, Das Ding auf der Schwelle und Die Farbe aus dem All. Ich saß auf Arbeit und hatte sie mir nebenbei wärend meiner Arbeit (als Sofware-Enwtickler geht das ab und an mal) reingemacht, ohne zu wissen was mich erwartet. Ich weiß auch gar nicht mehr, wie ich auf die überhaupt gestoßen war aber nach den ersten Minuten war ich wie in Bann geschlagen. Das ging soweit, dass ich eigentlich nur noch geistesabwesend in den Monitor gestarrt habe und mich null auf meine Arbeit konzentrieren konnte. Ich war voll in den Geschichten versunken. Sowas hatte ich bis dahin noch nie gehört oder gelesen. Und ab da war es um mich geschehen und ich bin seither bessen von Lovecraft, seiner Literatur und der anderer gleichgesinnter Autoren. Mein Bücherreagl füllt sich seither stätig mit neuen Büchern und ich hab Freude daran gefunden, nicht nur diese Geschichten zu lesen sondern mich auch mit diesen und deren Autoren auseinander zu setzten und nebenbei versuche ich mich selbst immermal am schreiben.

    Ich selbst hätte nie gedacht, dass ich mich mal so für Literatur begeistern kann, da ich bis dato nie wirklich jemand war, der dem Lesen groß was abgewinnen konnte. Nun Lese ich sehr gern und sehr oft und das alles nur, weil ich diese drei Geschichten damals noch auf Youtube entdeckt hatte und mich seit dem das ganze Thema nicht mehr los lässt.

    „Wir begreifen das Schreiben als Kommunikationsmittel. So gesehen ist Effizienz das Wichtigste. Doch die Schrift war schon immer viel mehr als nur Sprache. Seid 5000 Jahren ist die Form der Buchstaben, der Schriftzeigen und Hyroglaphen Ausdruck all unserer kulturellen und relogiösen Idenditäten, die nur schwer in Worte zu fassen ist. Das ist ihre verborgene Macht. Denn wenn wir schreiben offenbaren wir unsere Idendität in jeden Wort, ob es nun einen Sinn ergibt oder nicht.“

  • Ich bin über eine Runde Call of Cthulhu zu Lovecraft gekommen vor einigen Jahren. Habe vorher noch nichts von ihm gelesen und habe meinem Charakter eine Hintergrundgeschichte verpasst, weil sie laut SL etwas Mythos-Erfahrung haben sollte und der SL meinte, dass ich quasi die Hunde von Tindalos beschrieben habe in dieser Geschichte. Und ich dachte nur 'Die Hunde von was?'
    Das ABenteuer war toll und stimmungsvoll und danach war mein Interesse geweckt und ich habe angefangen zu lesen.

    "We are all stories in the end. Just make it a good one."
    ― Doctor Who

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